Unternehmen droht Fachkräftemangel Immer weniger Jugendliche wollen eine Ausbildung machen

Kreis Viersen · Immer weniger Jugendliche entscheiden sich nach dem Schulabschluss für eine Ausbildung. Den Betrieben droht dadurch ein Fachkräftemangel. Experten fordern mehr Engagement für Ausbildungsberufe. Von beiden Seiten.

So geht die perfekte Bewerbung
Infos

So geht die perfekte Bewerbung

Infos
Foto: dpa, Sophie Mono

Auf dem Ausbildungsmarkt gibt es Licht und Schatten, so beschreibt Dr. Frank Lorenz, Geschäftsführer des Bereichs Aus- und Weiterbildung der IHK Mittlerer-Niederrhein, die Entwicklung für die Region. Denn einerseits habe man im Jahr 2014 insgesamt 4429 neue Ausbildungsverträge abschließen können - darin enthalten die Zahlen für den Kreis Viersen, Krefeld, Mönchengladbach und den Rhein Kreis-Neuss. Im Vergleich: 2005 waren es noch 3800 Ausbildungsstellen. Andererseits liege man mit dieser Zahl aber 5,7 Prozent unter dem Vorjahreswert. Vor allem im Kreis Viersen und in Krefeld hätte man deutlich verloren: Wurden im Kreis im Jahr 2013 noch 849 Ausbildungsverträge abgeschlossen, waren es 2014 nur noch 779. Auch bei der Kreishandwerkerschaft ist die Zahl der Auszubildenden um 1,3 Prozent zurückgegangen. "Im Kreis Viersen und Krefeld allerdings konnten wir zehn Verträge mehr abschließen. Verluste gab es allerdings im Rhein Kreis-Neuss", sagt Klaus Koralewski, stellvertretender Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein.

So sieht das neue Bewerbervideo von "LinkedIn" aus
5 Bilder

So sieht das neue Bewerbervideo von "LinkedIn" aus

5 Bilder

Mehr Ausbildungssuchende und weniger Stellen, so lautet dagegen die Bilanz der Agentur für Arbeit im Bezirk Krefeld, in dem auch der Kreis Viersen erfasst wird. "Ein Jahr nach dem doppelten Abiturjahrgang haben 4632 Jugendliche eine Ausbildungsstelle gesucht, dem gegenüber standen 2607 Angebote", sagt Ingo Zielonkowsky, Leiter der Agentur für Arbeit in Krefeld. Das macht rein rechnerisch 100 Bewerber auf 60 Ausbildungsstellen.

Die Ursache für die überwiegend rückläufigen Zahlen der Auszubildenden in der Region sieht Lorenz in einer Art Akademisierungswahn. "Der Mensch scheint mit dem Abitur und einem Bachelor-Abschluss zu beginnen", sagt Lorenz. Immer mehr Jugendliche mit Haupt- und Realschulabschluss würden sich trotz guter Chancen auf dem Arbeitsmarkt gegen eine Ausbildung und für ein Studium entscheiden. "Unternehmen müssen mehr für die duale Ausbildung werben", sagt Lorenz. Denn dies sei in vielen Fällen die bessere Alternative.

Zehn Todsünden bei der Online-Bewerbung
Infos

Zehn Todsünden bei der Online-Bewerbung

Infos
Foto: tmn

In einer Sache sind sich die Experten einig: Die Ausbildungsbereitschaft muss dringend gesteigert werden - und das auf zwei Seiten: Die Betriebe fordern sie auf, mehr "Klinken zu putzen". Denn bedingt durch den demografischen Wandel würden immer weniger Jugendliche zur Verfügung stehen. Wer jetzt verpasse, seinen eigenen Nachwuchs heranzuziehen, dem drohe schon in drei bis fünf Jahren ein Fachkräftemangel, sagt Zielonkowsky.

Und auch den Jugendlichen müsse man mehr Mut machen. "Die Betriebe gucken nicht ausschließlich auf Schulnoten. Wer Engagement und Motivation beweist, pünktlich ist und sich über den Betrieb informiert hat, kann punkten", sagt Zielonkowsky. Die Betriebe würden zunehmend auf den Mensch hinter dem Zeugnis achten, pflichtet ihm Lorenz bei. Wie gut die Chancen stehen, nach abgeschlossener Ausbildung eine Stelle zu bekommen, zeige eine OECD-Studie: Deutschland hat mit 7,9 Prozent die niedrigste Jugendarbeitslosigkeitsquote.

Übrigens: Wer jetzt noch keinen Ausbildungsplatz hat, kann sich bei der Arbeitsagentur für das Nachvermittlungsverfahren melden. 151 Stellen sind sofort verfügbar.

(ape)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort