Kreis Viersen Weiter Gerangel um "Demokratie leben"

Kreis Viersen · Landrat Peter Ottmann will mit dem Antrag auf das Bundesprogramm ganz von vorn beginnen. Die CDU fordert von ihm eine rechtssichere Begründung, die FDP will gar nichts. SPD und Grüne verstehen die Welt nicht mehr.

 Die Schmierereien mit Hakenkreuz vor fünf Jahren an der Alten Kirche in Lobberich sind kein Einzelfall im Kreis Viersen. Immer wieder tauchen rechte Pamphlete in der Öffentlichkeit auf, über Islamismus weiß man rein gar nichts.

Die Schmierereien mit Hakenkreuz vor fünf Jahren an der Alten Kirche in Lobberich sind kein Einzelfall im Kreis Viersen. Immer wieder tauchen rechte Pamphlete in der Öffentlichkeit auf, über Islamismus weiß man rein gar nichts.

Foto: Busch

Fremdenfeindliche Übergriffe sind in Deutschland im vergangenen Jahr gegenüber dem Jahr 2012 um 20 Prozent gestiegen. Das berichtete Bundesinnenminister Thomas de Maizière bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für 2013 im Juni dieses Jahres.

Der Minister warnte da einmal mehr vor Anschlägen durch Rückkehrer aus dem syrischen Bürgerkrieg - dies sei keine abstrakte, sondern eine konkrete Gefahr. Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, ergänzte, der syrische Bürgerkrieg mobilisiere die salafistische Szene.

Vor diesem Hintergrund hat der Bund das Programm "Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit" ins Leben gerufen. Der Kreis Viersen möchte daran teilnehmen. Aber die Bürgermeister lehnen dies ab.

Sie argumentieren, das Projekt sei auf Dauer zu teuer, weil ihre Kommunen über die Kreisumlage mitzahlen müssten. Außerdem sähen sie keinen Anlass für das Programm im Kreis Viersen. Im Kreisausschuss weitete sich der Konflikt noch aus. Befürworter des Projekts werfen Landrat Peter Ottmann vor, er schiebe mit rein formalistischen Begründungen das Thema auf die lange Bank.

Der Landrat beruft sich darauf, dass der Bund die ersten 50 Anträge bewilligt habe. Der Kreis müsse nun formal neu in ein Bewerbungsverfahren einsteigen, also eine Interessensbekundung einreichen und dann im zweiten Schritt seinen Antrag neu stellen. Dies stieß im Kreisausschuss auf reichlich Verwunderung, die Jacky Kampe (CDU) so äußerte: "Herr Landrat, jetzt haben Sie mich verwirrt."

Anderer Meinung als Ottmann ist die SPD. Ihr Fraktionsvorsitzender Hans Smolenaers wies darauf hin, dass der Kreis bereits in engem Kontakt zur Regiestelle des Ministeriums stehe und von dort Hilfe zugesichert wurde, damit der Antrag des Kreises Viersen für die zweite Marge des Förderprogramms den Zuschlag erhalte. "Der Kreis hat eine gute Aussicht darauf, aufgenommen zu werden", bekräftigte Smolenaers.

Den Bürgermeistern sei ihre Meinung unbenommen, aber es entscheide der Kreistag über Kreisangelegenheiten. Seiner Auffassung nach spielten die Bürgermeister das Thema in unangemessener Weise und leichtfertig herunter. Angesichts der Wirklichkeit im Kreis Viersen dränge sich der Verdacht auf, der eine oder andere Bürgermeister schlafe womöglich auswärts der eigenen Gemeinde.

Verunsichert wirkte CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Aach. Seine Fraktion unterstütze das Bundesprogramm, es sei durch Kontakte aus dem Kreis in Berlin sehr gut vorbereitet worden. Er verlangte schließlich vom Landrat eine schriftlich formulierte und fundierte Stellungnahme vor der Sitzung des Kreistags am kommenden Donnerstag. "Nur so können wir uns in der Fraktion auf die Entscheidung vorbereiten", fügte Aach hinzu.

Die FDP will das Programm nicht in den Kreis holen. "Vieles ist wünschenswert, aber nicht finanzierbar", beschied die Fraktionsvorsitzende Irene Wistuba. Tief verärgert über diese Haltung äußerte sich Jürgen Heinen. Der Sprecher der Grünen wies auf "wiederholte rassistische Angriffe unter anderem in Kempen" hin, die dokumentiert seien. Vor der Kreisgrenze machten Extremisten jeder Richtung jedenfalls keinen Halt.

(RP)
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