Wesel Schräge Vögel mit exzellentem Können

Wesel · Daniel Schmahl, Matthias Zeller und Marius Leicht gelingt im Dom mit "Vision und Tradition - Luther, Bach und mehr" ein einmalig klangstimmiges, natürlich süßstofffreies, am Ende stark bejubeltes Konzert.

 Matthias Zeller (Violine), Marius Leicht (Hammond-Orgel) und Trompeter Daniel Schmahl (v.l.) glänzten im Dom.

Matthias Zeller (Violine), Marius Leicht (Hammond-Orgel) und Trompeter Daniel Schmahl (v.l.) glänzten im Dom.

Foto: Markus Joosten

Sonntagabend im Willibrordi-Dom: Die große Marcussen-Orgel rauscht auf. Sie klingt neu, nach Suchen, nach Fahnden in die Zeit hinein. Wogen rollen heran, verebben, kleine Wellen trudeln seitwärts, singen ihr eigenes Lied. Aus der Mitte des Klanggeschehens drängen neue dunkle Wogen vorwärts, werden allmählich heller, strömen zum Wirbel zusammen. Das Plenum der Orgel, noch mit einem leicht dissonanten Erdenton belastet, spricht von Erlösung. Ganz klar sagt es das nun goldfarbene Lichtspiel über der Orgel.

So erzählte es gerade die große Orgelimprovisation "Christ lag in Todesbanden", angeregt von Bachs Komposition. Kein Plagiat, sondern ein seit Jahrhunderten geübter Brauch, mit Nennung des Urhebers, dessen Melodien als Maß und Impuls eigener Weiterentwicklung zugrunde zu legen. So das schlüssige Konzept von drei intelligenten, hochmusikalischen, sympathisch schrägen Vögeln, die unter dem Titel "Vision und Tradition - Luther, Bach und mehr" ihr einmalig klangstimmiges, natürlich süßstofffreies, am Ende bejubeltes Konzert gaben. An der Hammond-Orgel, die nach dem großen Auftakt zum Einsatz kam, Marius Leicht aus Plauen, an der sechssaitigen E-Violine Matthias Zeller aus Berlin, an Trompete und Flügelhorn Daniel Schmahl, Berlin. Dieser moderierte auch.

Aber leider ziemlich leise trotz Mikro, denn die recht zahlreichen Hörer hätten doch gern gewusst, auf welches traditionelle Werk sich die Visionen bezogen. Die Entstehungsgeschichte auf der Karibik-Insel St. Thomas hörte sich gut an. Das nächste Mal bitte auch ein zu lesendes Programm.

Das vorüberschwebende Klanggewebe wurde allerdings intuitiv begriffen als immer nötige reformatorische Rede und als geist- und farbenreiche Musik der Welt, beglückend in ihrer irdisch möglichen Wahrhaftigkeit. Bachs große Klang-Architektur war als zeitloses Maß immer herauszuhören. Die E-Violone setzte die linearen Zeichen, Die Blasinstrumente konnten sonore Üppigkeit erzeugen, die Hammond-Orgel fasste alles zusammen, mal bestätigend, mal schillernd, aber immer mit weisem Witz. Einmalig!

Veit Bach, Bäcker und Musiker aus der Bach-Sippe, ausgewandert nach Ungarn, brachte die dortige Volksmusik in sein Schaffen ein. Da wurde die E-Violine zur legendären Zigeunergeige oder zur Laute der Wanderer. Die Trompete rief das Leben aus, die Tasten wurden jazzig. Das saß alles. In einen Satz aus dem Präludium g-Moll für Violine solo von Bach, "plätscherte sacht die Karibik hinein", so Schmahl. Es war vernehmbar. Schmahl sprach von Magiern an Hammond-Orgel und E-Violone. Wir hörten freilich exzellente Könner. Danke.

(hb-)
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