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Gastbeitrag Jörn Schroh "Wann wird unser Establishment wach?"

Wesel · Der ehemalige CDU-Bürgermeister über religiös begründete Anschläge, Politik und Radikalisierung unserer Gesellschaft.

Gastbeitrag Jörn Schroh: "Wann wird unser Establishment wach?"
Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Nach den Anschlägen in Brüssel und Paris bin ich zum Teil sehr verwundert über die Reaktionen der Medien. Gründe, Versäumnisse und Schuldige werden gesucht. Kritisiert werden die Polizei und die unzureichende Integrationsarbeit von Politik und Verwaltung. Die wirklichen Ursachen kommen viel zu kurz.

Unsere sogenannte offene und tolerante Gesellschaft wird erst später als mögliche Ursache genannt. Datenschutz, insbesondere das Speichern und der Austausch von Daten dürften nicht auf der Strecke bleiben, wird immer wieder vehement gefordert. Ja, so werden Terroristen und mafiöse Strukturen ungewollt mehr geschützt als Bürgerinnen und Bürger. Ich habe jedenfalls nichts dagegen, wenn meine Daten der Polizei mit Handygesprächen vorliegen. Mir ist der Schutz durch unsere Polizei wichtiger. Wer allerdings dem Staat nur noch misstraut, wird immer gegen einen vernünftigen Datenaustausch sein. Der Plattform Facebook werden doch Daten frei Haus geliefert, dass sich jeder Datenschützer nur noch die Augen reiben müsste. Nein, immer ist der Staat mit seinen Sicherheitsorganen im Visier der Datenschützer. Wer möchte da noch Polizist sein?

Der Hauptgrund, dass es so weit gekommen ist, ist die Religion, hier der Islam. Vorausschicken muss ich, dass ich mit einer Muslimin, geboren in der Türkei, verheiratet bin.

Für viele sogenannte Gläubige sind Christen Ungläubige. Und das gilt leider oft auch für moderatere Vertreter des muslimischen Glaubens. Vergessen werde ich nicht, wie ein Hoca (türkischer Pastor) eines gemäßigten Kulturvereins auf meine Frau reagiert hat. Ich war als Bürgermeister der Stadt Wesel bei der Einweihung einer Moschee anwesend. Übrigens war ich dort sicherlich in den Kreisen sehr angesehen. Sein Kommentar: Sie und ihr Vater würden nicht ins Paradies kommen, da sie mit einem Ungläubigen verheiratet sei. Das könne sie aber ändern, wenn sie mich zum "rechten" Glauben führe. So ist der Weg nicht weit, die Gesellschaft, in der man alle Freiheiten genießt, zu missachten. Der Weg zur Radikalisierung über Vertreter dieser sehr heterogen strukturierten Glaubensgemeinschaften ist dann nicht zu verhindern. Jeder kann sich ohne großen Aufwand im Internet, zum Beispiel auf Youtube, informieren.

Unsere Medien hinterlassen aber viel zu oft den Eindruck, dass mangelnde Integrationsarbeit der Grund für diese fehlgeleiteten Menschen sei. Nein, der Grund ist ein radikalisierender Glaube, besser gesagt, eine radikalisierende Religion. Schon Kinder lernen, auch in Deutschland, gebetsmühlenartig in Moscheeschulen, wer den "rechten" Glauben besitzt.

Übrigens, das hatten wir in Europa alles schon einmal. Der 30-jährige Krieg hat mit ähnlichen Motiven zu Massenmorden und Verelendung geführt. Hier waren es Glaubenskämpfe zwischen Protestanten und Katholiken. Heute gibt es in muslimischen Ländern eine ähnliche Verelendung, wobei auch Massenmorde an der Tagesordnung sind. Und die restliche Welt kann dabei nur hilflos zusehen, denn wo Fanatiker das öffentliche Leben beherrschen, bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke. Es ist unbegreiflich, wie sich Sunniten und Schiiten in einer angeblich aufgeklärten Gesellschaft vom Hass leiten lassen. Jedes Eingreifen von außen kann daran kaum etwas ändern. Diese Kriege in muslimischen Ländern, wie in Syrien oder Jemen, werden so lange anhalten, bis die Kraft zum Weiterkämpfen erlahmt. Das kann lange dauern, wenn potente Länder wie Saudi-Arabien, Iran oder Türkei die Fäden knüpfen.

Eigentlich weiß jeder, dass nicht alle flüchtenden Menschen, die friedlich zusammen leben wollen, hier aufgenommen werden können. Da wird auch eine Vereinbarung mit der Türkei nichts ändern. Überhaupt ist mir schleierhaft, wie mit einer Regierung, repräsentiert durch Tayyip Erdogan, verhandelt werden kann. Erdogan, dessen Regierung die Demokratie mit Füßen tritt und selbst eine Ursache des Problems ist. Wer hat denn eine Zeit lang den IS heimlich unterstützt, um dem verhassten Assad, dem Schiiten, die Macht zu entreißen, um vielleicht ein sunnitisches Großreich entstehen zu lassen? Ich befürchte, dass der Kampf in Europa mit den vielen Flüchtlingen, vielleicht mit anderen Mitteln, fortgesetzt wird. Ja, diese Willkommenskultur Deutschlands, eingeleitet durch Angela Merkel, war ein sehr großer Fehler. Und ich war immer Fan unserer Bundeskanzlerin!

Was mich besonders bedrückt, ist, dass die braune Gesinnung immer mehr Anhänger durch diese Politik gewinnt. Wer Judenverfolgung verharmlost und dem verbrecherischen Regime der Nationalsozialisten nachtrauert, muss schon ziemlich bescheuert sein. Nicht die Chaoten der AfD, sondern die Politik unserer etablierten Parteien spaltet Deutschland. Wann wird unser politisches Establishment wach? Es gibt nicht nur Gutmenschen, sondern ganz normale Bürgerinnen und Bürger, die sich Sorgen um unser Land machen.

(RP)
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