Britischer Bischof wirbt für Scharia England entsetzt: "Das wäre eine Katastrophe"

London (RPO). Gut ist er nicht angekommen, der Vorschlag vom Oberhaupt der anglikanischen Kirche, Erzbischof Rowan Williams. Er hatte sich für die Einführung der Scharia in Großbritannien ausgesprochen und erntet nun scharfe Kritik. Sowohl Premierminister Gordon Brown, als auch christliche und weltliche Organisationen lehnen den Vorschlag ab. Der frühere Innenminister David Blunkett erklärte, ein solcher Schritt wäre eine Katastrophe für den Zusammenhalt der Gesellschaft.

 Auf Bischof Williams Vorschlag hin hagelt es Kritik von allen Seiten.

Auf Bischof Williams Vorschlag hin hagelt es Kritik von allen Seiten.

Foto: AFP FILES, AFP

Der Erzbischof von Canterbury hatte am Donnerstag erklärt, die begrenzte Anwendung des islamischen Rechts könne die Gesellschaft stärken. Nach Williams' Vorstellungen soll es britischen Muslimen erlaubt sein, Ehe- oder Geldstreitigkeiten unter der Scharia, dem islamischen Recht, zu klären und nicht in normalen Gerichtssälen.

"Bestimmte Regelungen der Scharia sind bereits in unserer Gesellschaft und unserem Rechtssystem anerkannt", sagte Williams. Es werde damit kein fremdes oder rivalisierendes System eingeführt. Ein derartiger Schritt scheine unausweichlich zu sein. Williams verwies darauf, dass orthodoxe Juden in Großbritannien ihre Streitigkeiten bereits mit Hilfe des traditionellen jüdischen Rechtes lösen könnten.

Ein Sprecher von Premierminister Gordon Brown wies den Vorschlag umgehend zurück. In Großbritannien solle britisches Recht gelten, das auf britischen Werten basiere. Britische Muslime begrüßten dagegen die Äußerungen des Erzbischofs. Der Direktor der Ramadhan-Stiftung, Mohammed Shafiq, erklärte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur PA, die Anwendung der Scharia könne die Spannungen in der britischen Gesellschaft verringern. Er betonte, es gehe dabei nicht um das Strafrecht, sondern lediglich um das Zivilrecht. In Teilen Kanadas werde die Scharia bereits angewendet.

Ein Sprecher der Nationalen Säkularen Gesellschaft, Alistair McBay, erklärte, alle Bürger seien vor dem Gesetz gleich. Der Erzbischof habe mit seinen Äußerungen diesen Grundsatz verletzt. "Auf der einen Seite sagen religiöse Gruppen, sie wollen sich integrieren, aber tatsächlich wollen sie sich isolieren", sagte McBay.

Der Direktor der Organisation Christliche Stimme, Stephen Green, erklärte, Großbritannien sei ein christliches Land mit christlichen Gesetzen. Wenn Muslime unter der Scharia lebten wollten, stehe es ihnen frei, in ein Land auszuwandern, in dem die Scharia angewendet werden.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, sagte, es sei ein falscher Ansatz, von einem doppelten Recht auszugehen und sich davon Integration zu erhoffen. Man müsse zwar die Frage stellen, inwieweit kulturelle Besonderheiten innerhalb des Rechtssystems einen legitimen Ort haben könnten, sagte Huber der Deutschen Welle. "Aber man muss gerade darauf aus sein, dass es in einem Land ein Recht gibt."

In Großbritannien leben etwa 1,6 Millionen Muslime. Die meisten von ihnen stammen aus der früheren Kolonie Pakistan.

(ap)
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