Zwei Jahre nach Fukushima Das Leid der Japaner nimmt kein Ende

Tokio/Düsseldorf · Vor zwei Jahren verwüstete ein durch ein Seebeben der Stärke 9,0 ausgelöster Tsunami ganze Landstriche im Osten Japans und verursachte in der Präfektur Fukushima den schwersten Atom-Unfall seit dem GAU von Tschernobyl im Jahr 1986. Wie hat die Katastrophe Japan verändert?

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Wie hoch ist die Zahl der Opfer?

Mehr als 15 800 Menschen ertranken sofort in der gigantischen Flutwelle, wurden von Schlammlawinen mitgerissen oder unter ihren Häusern begraben. Weitere 3700 Personen werden bis heute vermisst. Der Unfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi forderte dagegen kein einziges direktes Todesopfer. Beide Katastrophen zusammen — die Verwüstung ganzer Landstriche und die Verstrahlung rund um die undicht gewordenen Atommeiler — machten rund 100 000 Japaner erst einmal obdachlos. Die meisten sind inzwischen in ihre Heimatorte zurückgekehrt oder aber in andere Regionen Japans gezogen. Aber auch zwei Jahre nach der Katastrophe leben immer noch Tausende in Behelfsunterkünften, Zehntausende warten auf eine Entschädigung.

Wie groß sind die Sachschäden?

Mehr als 260 Küstenstädte wurden größtenteils zerstört, die Wirtschaft schwer geschädigt. Insgesamt beziffert die japanische Regierung die zivilen Schäden der Katastrophe auf rund 160 Milliarden Euro.

Wie ist die Lage in dem beschädigten Atomkraftwerk?

Die unmittelbare Gefahr weiterer Explosionen und Strahlenlecks scheint gebannt. Rund 20 000 Arbeiter halfen bislang, die Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Allerdings werden nach wie vor gewaltige Mengen Wasser benötigt, um die Reaktoren zu kühlen. 360 000 Kubikmeter radioaktiv belastetes Wasser haben sich inzwischen angesammelt, und die Auffangbecken sind fast voll. Nach Angaben des Fukushima-Betreibers Tepco kann es noch bis zu 40 Jahre dauern, bis das Kraftwerk vollständig gesichert ist.

Wie groß sind die Umweltschäden?

Die unmittelbare Umgebung des Kraftwerks wird wohl für Jahrzehnte unbewohnbar bleiben. Rund um die zerstörten Reaktoren gilt im Radius von 20 Kilometern eine Sperrzone. Die japanische Atomenergiebehörde gab aber jetzt bekannt, dass sich die Strahlenbelastung in den Gebieten innerhalb eines Radius von 80 Kilometern um die Atomruine fast halbiert habe. In die Stadt Fukushima sind viele Einwohner, die nach dem GAU geflüchtet waren, inzwischen zurückgekehrt. Die Dekontaminierung gestaltet sich aber schwierig, vor allem wegen der großen Mengen an Schutt für die es keine geeigneten Deponien gibt. Über mögliche gesundheitliche Folgen streiten sich die Experten. Während Atomkritiker bis zu 80 000 zusätzliche Krebsfälle prophezeien, diagnostiziert die Weltgesundheitsorganisation nur ein leicht gestiegenes Krebsrisiko im Umfeld des Reaktors.

Steigt Japan aus der Atomkraft aus?

Von den 50 Reaktoren in Japan sind derzeit nur zwei in Betrieb. Nach der Katastrophe waren sämtliche Meiler heruntergefahren worden. Doch der seit Dezember amtierende Premier Shinzo Abe will den von seinem Vorgänger bis 2040 geplanten Atomausstieg kippen. Sobald ihre Sicherheit bestätigt sei, sollen ab dem Sommer alle AKW wieder angefahren werden. Und Abe schließt nicht einmal aus, dass der Anteil der Kernkraft an der Energieversorgung Japans sogar erhöht werden könnte. Die Anti-Atom-Proteste sind erheblich schwächer geworden, auch wenn zwei Drittel der Japaner in Umfragen angeben, dass sie lieber auf Kernenergie verzichten würden.

(RP/csi)
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