Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko Öl könnte sogar Europa erreichen

Venice (RPO). Computersimulationen zufolge könnten Meeresströmungen das im Golf von Mexiko ausgetretene Öl an die US-Ostküste und sogar über den Atlantik und bis nach Europa treiben. Barack Obama ist zu einem weiteren Besuch an die betroffene Küste gereist. Unterdessen vermeldet BP einen kleinen Erfolg.

 So könnte sich das Öl den Berechnungen zufolge im Atlantik ausbreiten.

So könnte sich das Öl den Berechnungen zufolge im Atlantik ausbreiten.

Foto: NCAR

Das Nationale Zentrum für Atmosphärenforschung der USA und das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel teilten mit, das Öl könne über die Strömungen um Florida herum nach Norden bis Cape Hatteras in North Carolina gelangen. Anfang Juli könne das Öl die US-Ostküste erreicht haben. Einschränkend hieß es, dies seien nur Computermodelle und keine konkreten Vorhersagen.

Die Karibik ist die Wiege des Golfstroms, der Warmwasserheizung Europas. Von dort ergießen sich pro Sekunde etwa 32 Milliarden Liter Wasser durch die Floridastraße in den Atlantik. "Insofern lag nahe, einmal nachzuschauen, ob und wie schnell ein Stoff, aus dem Golf von Mexiko in den Atlantik transportiert wird", so Forscher Martin Visbeck von der Universität Kiel.

Die Ergebnisse zeigen einen raschen Transport der verschmutzten Wassermasse in den Atlantik, die sich dort mit hoher Geschwindigkeit weiter verteilt. "Die Geschwindigkeit der Strömung liegt bei bis zu 150 Kilometern am Tag", so Professor Claus Böning vom IFM-GEOMAR.

Trotzdem bräuchten die Europäer gegenwärtig keine Angst vor einer Ölpest an ihren Stränden zu haben. Durch die starke Verwirbelung des Golfstroms dürfte sich das Öl anschließend weiträumig im Nordatlantik verteilen und die Konzentrationen damit stark absinken. Außerdem wurde in den Modellstudien kein biologischer Abbau berücksichtigt, der auf Dauer die Ölbelastung deutlich abschwächt.

Für die Küsten an der amerikanischen Südostküste sieht es allerdings nicht so rosig aus. Hier könnten die Badefreuden in diesem Sommer durch Ölverschmutzungen beeinträchtigt werden.

Obama wütend

US-Präsident Barack Obama ist am Freitag zum zweiten Mal binnen acht Tagen an die Küste des Golfs von Mexiko gereist, um sich dort über die Ölpest zu informieren. Nach seiner Landung in New Orleans wollte er sich auf einem Hangar des Flugplatzes mit Küstenwache-Admiral Thad Allen treffen, der den Kampf gegen die Ölpest überwacht. Auch Treffen mit Vertretern des Staates Louisiana und Bewohnern von Küstenstädten waren geplant.

Es ist bereits sein dritter Besuch in der Region seit Beginn der Ölkatastrophe. Obama sagte dafür eine geplante Auslandsreise ab. Meinungsumfragen zeigen eine zunehmende Unzufriedenheit der Bevölkerung damit, wie der Präsident mit der Krise umgeht.

Vor seiner Abreise hatte Obama in einem CNN-Interview erklärte, er sei wütend über die Situation im Golf von Mexiko. Das britische Unternehmen habe bei dem Unfall nicht schnell genug reagiert. BP habe

Wichtigen Schritt vorangekommen

Nach einer Serie von Rückschlägen ist BP beim Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko einen wichtigen Schritt vorangekommen. Dem britischen Konzern gelang es, eine Absaugglocke über dem leckgeschlagenen Bohrloch zu platzieren und damit am Freitag einen Teil des Öls aufzufangen.

Die US-Küstenwache sprach von einer positiven Entwicklung, aber auch von einer nur notdürftigen Reparatur. Täglich würden auf diese 1000 Barrel Öl abgesaugt - ein Bruchteil der bis zu 19.000 Barrel, die nach Regierungsschätzungen seit über sechs Wochen täglich ins Meer strömen.

90 Prozent des Öls absaugen

Der Fortschritt von BP im Golf von Mexiko weckte bei der aufgebrachten Öffentlichkeit Hoffnungen, dass der Konzern die Ölpest endlich unter Kontrolle bringen könne. Ein BP-Manager nannte als Ziel, mindestens 90 Prozent des auslaufenden Öls abzusaugen.

Um die Ergebnisse zu verbessern, müsse die nächsten Tage noch hart gearbeitet werden. "Es sollte klappen", sagte der BP-Vertreter Doug Suttles dem Fernsehsender CNN. In einer heiklen Operation hatte BP zunächst ein beschädigtes Steigrohr in 1500 Metern Tiefe gekappt und dann die Glocke installiert.

Die Menge des abgesaugten Öls werde wohl noch gesteigert werden können, erklärte die Küstenwache. Laut BP kann ein vollständig abgedichteter Öl-Absaugtrichter bis Ende des Monats eingebaut werden. Der Konzern setzt aber mittelfristig vor allem auf Entlastungsbohrungen, die den Ausstrom ganz stoppen sollen. Dies wird nach Schätzungen von BP aber nicht vor Mitte August möglich sein.

Existenz unzähliger Tiere bedroht

Die Bohrplattform "Deepwater Horizon" war am 20. April nach einer Explosion gesunken. Das seitdem ausströmende Öl bedroht die Existenz unzähliger Tiere und Pflanzen an den Küsten von Louisiana, Mississippi und Alabama. Ausläufer des Ölteppichs erreichten offenbar auch den Nordwesten Floridas. An einem bei Urlaubern und Schwimmern beliebten Strand wurden Teerklumpen gesichtet, wie Augenzeugen und Behörden berichteten.

Fernsehbilder von immer mehr ölverschmierten Vögeln schürten unterdessen den Zorn der US-Bevölkerung und setzten Präsident Obama immer stärker unter Handlungsdruck. Um zum dritten Mal seit Beginn der Katastrophe die Region zu besuchen, sagte Obama eine Reise nach Australien und Indonesien ab. Er sei sehr wütend über die Situation am Golf, erklärte Obama auf CNN. Jemand habe die Konsequenzen seines Handelns nicht bedacht.

BP hat genügend Geld

BP-Chef Tony Hayward erklärte, der Konzern habe ausreichend Geld für die Aufräumarbeiten im Golf. Neben Barmitteln von fünf Milliarden Dollar könne BP auch auf Kreditlinien zurückgreifen. Bisher hat BP schon über eine Milliarde Dollar für die Folgen der Ölpest ausgegeben. Das Unternehmen versuchte, zweifelnde Investoren auf einer Telefonkonferenz zu beruhigen. Doch eine Entscheidung über die nächste Quartalsdividende wurde vertagt.

Ob Geld an die Aktionäre ausgeschüttet werde, entscheide das Direktorium unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände. Zwei US-Senatoren hatten den Konzern aufgefordert, auf die Zahlung solange zu verzichten, bis die gesamten Kosten der Ölpest bekannt seien.

BP schüttet im Jahr rund 10,5 Milliarden Dollar an seine Aktionäre aus. Die meisten Analysten gehen davon aus, dass BP die Rechnung für die Aufräumarbeiten bezahlen kann, ohne auf die Ausschüttung einer Dividende zu verzichten.

(RTR/APN/nbe)
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