TV-Talk mit Maybrit Illner Europa kann sehr einsam sein

Düsseldorf · Zwischen Putin auf der einen und Trump auf der anderen Seite könnte es für Europa bald ungemütlich werden. Kurz vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz stand bei Maybrit Illner deshalb die Frage nach der künftigen Rolle Europas im Zentrum der Diskussion.

Das ist die TV-Journalistin Maybrit Illner beruflich und privat.
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Das ist Maybrit Illner

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Foto: Illner Maybrit Screenshot ZDF

Darum ging's

Der außenpolitische Kurs des neuen US-Präsidenten gibt auch knapp vier Wochen nach seinem Amtsantritt Rätsel auf. Russlands Präsident Wladimir Putin auf der anderen Seite ist zwar eine bekannte, nicht aber unbedingt eine einfach zu bestimmende Größe auf dem internationalen Parkett. Vor diesem Hintergrund fragte Maybrit Illner ihre internationalen Gäste: "Zwischen Trump und Putin — muss Europa aufrüsten?"

Darum ging's wirklich

Wenn ein Russe, ein Amerikaner, ein Brite und zwei Deutsche über die Zukunft Europas in der Welt diskutieren, kann tatsächlich etwas Spannendes dabei herauskommen. Eine wichtige Erkenntnis des Abends: Unter Aufrüstung kann man ganz unterschiedliche Dinge verstehen.

Die Gäste

  • Ursula von der Leyen (CDU), Bundesverteidigungsministerin
  • Oleg Krasnitzky, Stellvertreter des russischen Botschafters in Deutschland
  • Frederick Kempe, Journalist und Präsident der US-Denkfabrik "Atlantic Council"
  • Robin Niblett, Direktor der Londoner Denkfabrik "Chatham House"
  • Wolfgang Blau, Digitalchef beim Verlagshaus Condé Nast International

Frontverlauf

Das erste Thema, das Maybrit Illner mit ihren Gästen diskutierte, betraf die Zukunft der russisch-amerikanischen Beziehungen. Dabei wollte sich keiner in der Runde weit aus dem Fenster lehnen. Zu widersprüchlich waren die Signale, die in der vergangenen Woche aus dem Weißen Haus nach außen gedrungen waren. Der amerikanische Publizist Frederick Kempe prophezeite, die nächsten sechs Monate würden spannend werden. Eine schnelle Annäherung mit Russland, wie Trump sie im Wahlkampf angekündigt hatte, hielt er aber nicht für realistisch. Es sei illusionär anzunehmen, "dass ein Präsident mit ein paar Anrufen die Beziehungen ändern wird", so Kempe.

Diese Hoffnung scheint auch Russland begraben zu haben. Der stellvertretende Botschafter Russlands in Deutschland, Oleg Krasnitzky, nannte den Rückzug von Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn "einen Schlag gegen die von Trump angekündigte Politik, dass er mit Russland einen Ausgleich der Interessen sucht". Man müsse nun abwarten, was aus den übrigen Signalen werde. Aber: "Nach der Periode der Kälte zwischen Putin und Obama ist es ganz normal zu erwarten, dass sich dieser Zustand verbessern wird."

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen betonte: "Vernünftige Beziehungen zu Russland sind in unser aller Interesse." Diese Beziehungen müssten aber auf Prinzipien beruhen. Ob diese Prinzipien künftig von US-Präsident Donald Trump geteilt werden, blieb fraglich. Die Hoffnungen der Bundesregierung liegen offenbar auf dem neuen amerikanischen Verteidigungsminister James Mattis, den von der Leyen als "ausgesprochen zuverlässig, geradlinig und erfahren" beschrieb.

Der Brite Robin Niblett wiederum appellierte dafür, Trump jetzt mehr zu interpretieren und ihm nicht nur einfach zu folgen. Auch der Journalist und Digitalchef Wolfgang Blau argumentierte ähnlich und forderte die Medien auf, sich der neuen Situation anzupassen. Er warnte davor "sich hinreißen zu lassen und Partei zu ergreifen". Andererseits dürften sich Journalisten auch nicht auf reines Faktenchecken beschränken, so Blau.

Im Hinblick auf Europas Stellung in der Welt diagnostizierte er ein "Kommunikationsproblem" in der Weltöffentlichkeit. Bis auf wenige britische Medien seien europäischen Informationsquellen global kaum von Bedeutung. Das führe dazu, dass Menschen in Asien oder Amerika von Europa ein falsches Bild bekämen, sagte Blau. Sein Vorschlag: "Journalistisch müssen wir uns aufrüsten." Deutschsprachigen Medien empfahl er, "mehr englischsprachige Inhalte zu verbreiten um die Weltöffentlichkeit zu erreichen". Den britischen Boulevardblättern und russischen Social Bots müsse man etwas entgegensetzen.

Auch Ursula von der Leyen machte das Internet als wichtiges Schlachtfeld für Europa aus. Mit Blick auf die Einflussnahme Russlands sprach sie von "computergesteuerter Meinungsmache". Gesellschaften könnten auf diese Weise beeinflusst, Institutionen diskreditiert und Unruhe gestiftet werden, sagte von der Leyen.

Trotz dieser Herausforderungen für Europa, eingekeilt zwischen einem US-Präsidenten Donald Trump und einem russischen Präsidenten Wladimir Putin, zeigte sich von der Leyen optimistisch. Diese Herausforderungen von außen seien "eine Chance für die Europäische Union, sich selbst neu zu erfinden", sagte die Verteidigungsministerin. Die Stärke Europas in der Welt liege eben darin, nicht nur militärisch zu denken sondern den zivilen Aufbau als wichtiges Element mitzudenken. Mit dieser eigenen Herangehensweise müsse Europa künftig mehr Verantwortung übernehmen.

Das wahrste Wort des Abends

"Die russischen Dienste benutzen verschiedene Methoden." (Oleg Krasnitzky auf die Frage, ob Russland gezielt Desinformation im Internet betreibe)

Fazit

Aufrüsten, das wurde in Maybrit Illners Runde klar, heißt nicht unbedingt, Panzer und Kanonen zu kaufen. Der Informationskrieg, der im Internet längst entbrannt ist, wird mit anderen Waffen gekämpft. Für ein Europa, das sich mit Donald Trump und Wladimir Putin konfrontiert sieht, wird es höchste Zeit, sich gegen diesen Krieg zu wappnen.

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