NSU-Prozess in München hat begonnen Zschäpe-Anwälte stellen Befangenheitsantrag

München · Kurz nach Beginn des NSU-Prozesses wurde er auch schon wieder unterbrochen. Beate Zschäpes Verteidiger stellten einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Die Hauptangeklagte Zschäpe war zuvor ohne Handschellen in den Gerichtssaal geführt worden.

Der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München ist am Montag kurz nach Beginn für einige Minuten unterbrochen worden. Grund ist ein Befangenheitsantrag, den die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe am Wochenende gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl gestellt hatten.

Götzl äußerte sich auf Nachfrage des Verteidigers Wolfgang Stahl nicht dazu, wie genau mit dem Antrag verfahren werden solle. Daraufhin beantragten Zschäpes Verteidiger eine kurze Unterbrechung. Nach wenigen Minuten ging die Verhandlung weiter.

In dem Antrag argumentieren die Verteidiger, ihre Mandantin habe Anlass, an der Unparteilichkeit Götzls zu zweifeln. Grund hierfür ist die Anordnung, dass die Verteidiger vor Betreten des Sitzungssaals etwa auf Waffen durchsucht werden sollen, nicht aber die Vertreter der Bundesanwaltschaft sowie Polizeibeamte und Justizbedienstete. Damit würden die Verteidiger unter den Verdacht gestellt, sich an "verbotenen und letztlich kriminellen Handlungen zu beteiligen", heißt es in dem Antrag.

Durchsuchung nach Waffen "diskriminierend"

"Eine derart diskriminierende und desavouierende Haltung gegenüber den Verteidigern der Mandantin muss das Vertrauen in die Unvoreingenommenheit des abgelehnten Vorsitzenden zutiefst erschüttern und rechtfertigt daher dessen Ablehnung."

Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wurde zuvor ohne Handschellen in den Gerichtssaal geführt und unterhielt sich mit ihren Anwälten. Sie trug einen schwarzen Anzug und eine weiße Bluse. Mit verschränkten Armen betrat sie den Saal und machte einen gefassten Eindruck. Sie vermied jedoch den Blick in die Kameras.

Vier weitere Angeklagte

Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin muss sich als Mittäterin an allen Verbrechen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) verantworten, darunter zehn Morde. Rund 80 Angehörige und Opfer sind als Nebenkläger zugelassen, sie werden von rund 60 Anwälten vertreten. Der Prozess gilt als einer der bedeutendsten in der Geschichte der Bundesrepublik. Er begann wegen eines Streits um die Presseplätze mit knapp dreiwöchiger Verzögerung.

Mit fast halbstündiger Verzögerung betrat um 10.24 der OLG-Senat unter Vorsitz von Manfred Götzl den Saal, um 10.26 Uhr schlossen sich die Türen. Kurz vor Beginn des Prozesses waren die Angeklagten in den Gerichtssaal geführt worden. Mit Aktendeckeln und Kapuzen schützten sich zwei von ihnen vor dem Blitzlichtgewitter der Fotografen.

Nicht alle Angehörigen schaffen es in den Gerichtssaal

Vor Beginn des NSU-Prozesses demonstrierten vor dem Münchner Gerichtsgebäude etliche Menschen gegen Rassismus. Am Rande der Demonstration sorgten zwei junge Frauen kurzzeitig für Aufregung, die auf das Gerichtsgebäude zugelaufen waren und eine Flasche auf der Straße zerschmettert hatten. "Sie wollen Aufmerksamkeit bei den Medien erregen", sagte ein Sprecher der Münchner Polizei. Festnahmen gab es demnach nicht. Etwa 500 Polizisten sollten einen störungsfreien Prozessauftakt garantieren.

Zahlreiche Besucher waren bereits am frühen Morgen zum Gericht gekommen, um einen Platz im Saal zu bekommen. Bei den Angehörigen von NSU-Mordopfern, die nicht in den Gerichtssaal gekommen sind, liegen die Nerven blank. "Mir geht es nicht gut", sagte Fatih Demirtas, Ehemann von Semiya Simsek, deren Vater das erste Mordopfer des "Nationalsozialistischen Untergrunds" war. "Ich bin mit den Gedanken die ganze Zeit im Prozess", sagte Demirtas. Er bedauert, dass es für ihn keine Möglichkeit gab, in den Saal zu kommen. Seine schwangere Frau Semiya ist im Gerichtssaal. "Sie will wissen und fragen, warum es gerade ihre Familie traf."

(dpa/csi/jre/afp)
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