Sahara-Sand düngt den Atlantik

Rostock (art) Im Mai 2008 haben deutsche Medien über den Sahara-Staub berichtet, der sogar bis Nordrhein-Westfalen getragen wurde und die Sicht verdunkelt hat. Jedes Jahr werden gut 13 Millionen Lkw-Ladungen Staubkörner aus den Wüsten der Erde aufgewirbelt, um dann mit dem Wind davonzufliegen. Was für die meisten als ein fantastisches Naturschauspiel gilt, ist für Juliane Brust Alltag. Die Geologin erforscht seit 2008 den Staub der Sahara.

"Dabei interessierte mich vor allem, wie sich der Staub in Richtung Atlantik verteilt", sagt Brust, die am Leibnitz-Insitut für Ostseeforschung in Warnemünde arbeitet. In einem Projekt, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert, wertet Brust dazu Daten einer Messstation im Meer aus. Die heißt "Kiel 276" und liegt zwischen den Kanarischen Inseln und den Azoren. "Bislang war ich dreimal an der Station", erzählt sie. Zwei bis drei Wochen sind die Forscher dann unterwegs – allerdings fliegen sie erst zu einer der Inselgruppen und fahren von dort aus mit dem Schiff aufs offene Meer.

Die Kopfboje ist gelb und rund. Deswegen nennt die Crew sie "Käse". Darunter sind an einer 5200 Meter langen Kette sogenannte Sinkstoff-Fallen installiert, eine in 1000 und eine in 2000 Metern Tiefe. Tatsächlich sammeln sich hier Partikel an, die ursprünglich aus der Sahara stammen. "Von der Atmosphäre, etwa ein bis zwei Kilometer über dem Meeresspiegel, bis in die Tiefe der Messstation brauchen die Teilchen anderthalb Monate", sagt die Forscherin. "Das ist unerwartet schnell."

Die Proben sehen dann erst einmal recht unscheinbar aus: grau-brauner Schlamm, mit Seewasser gemischt. "Um herauszufinden, woher die Teilchen in der Probe stammen", erklärt sie, "machen wir eine Analyse mit dem Rasterelektronenmikroskop." Anhand der speziellen Zusammensetzung dieser Proben aus den Sinkstoff-Fallen kann Brust Rückschlüsse auf die Herkunft der Teilchen ziehen. "Es variiert von Jahr zu Jahr, aus welchem Teil der Sahara die Partikel stammen", sagt sie. Am meisten Staub wird übrigens im Winter aufgewirbelt. Diese Sandwolken sind sogar auf Satellitenbildern zu erkennen. "Manchmal gibt es diese Staubereignisse auch im Sommer", so Brust.

Bei der Analyse zeigt sich: Die Proben stecken voll wichtiger Nährstoffe. Sie beinhalten am meisten Tonminerale und Quarze, aber auch Eisenoxide und Feldspäte – das sind Silitiumverbindungen wie die Quarze, die allerdings noch andere Stoffe wie Calzium, Natrium oder Kalium dabeihaben. "Das Interessante ist, dass der Staub aus der Sahara Dünger für den Atlantik ist", sagt die 31-Jährige.

Denn Plankton, das unterste Glied in der Nahrungskette im Meer, benötigt zum Wachstum einerseits Phosphor, aber auch Stickstoff. Den wiederum bilden kleinste Bakterien aus Eisen – das aus der Sahara kommt. "Der Staub ist damit also wichtig für das gesamte Klima auf der Erde", erklärt Brust. Jetzt stellt sich für die Forscherin die Frage: Wie geht es weiter? Werden sich die Wüsten durch den Klimawandel weiter ausbreiten? Gibt es dann mehr Nahrung für Plankton? "Es gibt verschiedene Szenarien, wie sich das Ökosystem bei einer Klimaänderung verhalten wird", sagt sie. "Der Staub kann zum Beispiel auch einen kühlenden Effekt auf die Erde haben, weil er den Treibhauseffekt verringert. Dann könnte es ja auch passieren, dass die Wüsten eines Tages grün sind."

Wenn es mehr Wüsten, mehr Nährstoffe und mehr Plankton gibt, dann könnte es auch dazu führen, dass die Meere mehr Kohlendioxid speichern können – was wiederum die Erderwärmung bremsen kann. Nur einen Schluss lässt die Wissenschaftlerin partout nicht zu: Dass mehr Wüsten zu mehr Walen im Ozean führen.

(RP)
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