Militäreinsatz der Vereinten Nationen Deutsche Enhaltung zu Libyen stößt auf Kritik

Berlin (RPO). Die Bundesregierung erntet breite Kritik dafür, dass sie im UN-Sicherheitsrat nicht dem internationalen Militäreinsatz in Libyen zugestimmt hat. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warf Außenminister Guido Westerwelle am Wochenende vor, Deutschland isoliert und Europa gespalten zu haben.

Was einzelne Staaten zum Militäreinsatz gegen Libyen beitragen
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Foto: AFP

Auch aus der Union kamen kritische Stimmen. Dagegen verteidigten Kanzlerin Angela Merkel und Westerwelle die deutsche Position. Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach von einer berechtigten Frage, ob Deutschland im UN-Sicherheitsrat nicht wie seine Bündnispartner USA, Großbritannien und Frankreich hätte zustimmen sollen. Zwischen einem Ja zu einer Flugverbotszone und einer Beteiligung deutscher Soldaten bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang, betonte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz. "Man kann Bündnissolidarität zeigen, ohne bei jedem Einsatz an vorderster Front mitzumachen", sagte der CDU-Politiker im selben Sender.

Polenz warnte vor nationalen Alleingängen in der Außenpolitik und ermahnte die Regierung zu einer engen Zusammenarbeit mit den Allianz-Mitgliedern USA, Großbritannien und Frankreich sowie seinen übrigen EU-Partnern. "Ich erkenne im Moment nicht, dass andere Länder der Union unsere Haltung teilen."

Bürger unterstützen Einsatz

Deutschland hatte sich in der Nacht auf Freitag gemeinsam mit Russland, China, Indien und Brasilien enthalten, als der UN-Sicherheitsrat ein militärisches Eingreifen beschloss. Seit Samstag bombardieren westliche Truppen Ziele in Libyen, um Zivilisten vor Machthaber Muammar Gaddafi zu schützen.

Die Mehrheit der Deutschen unterstützt den Einsatz: Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag von "Bild am Sonntag" finden 62 Prozent den Schritt richtig, 31 Prozent sind dagegen. Gleichzeitig befürworten 65 Prozent, dass die Bundeswehr nicht an den Angriffen beteiligt ist. Emnid befragte am Freitag insgesamt 501 Personen.

Westerwelle wies die Kritik zurück: "Deutschland steht mit dieser Haltung nicht alleine in Europa", betonte er am Sonntag. Es gebe eine Reihe von Partnerländern auch in der Europäischen Union, die die deutsche Position teilten und die Bedenken gegen eine Beteiligung am Militäreinsatz in Libyen verstünden. Als Beispiel nannte er Polen.

Die Regierung habe ihre Enthaltung gründlich erwogen und eine grundsätzliche - Zusammenfassukel nahm trotz der Enthaltun - Korr-Berer Allianz-Länder am Samstag in Paris teil und erklärte dort, ihre Regierung habe die Entscheidung "sehr gut durchdacht". Eine Spaltung der internationalen Staatengemeinschaft werde nicht gelingen. "Wir stehen geeint an der Seite des libyschen Volkes."

Gabriel wirft Regierung Schwäche vor

Auch der stellvertretende Unions-Fraktionschef Andreas Schockenhoff verteidigte die Entscheidung: Eine Zustimmung zur Resolution ohne eine eigene militärische Beteiligung wäre nicht nachvollziehbar gewesen, erklärte der CDU-Außenpolitiker. Er forderte ein Öl-Embargo gegen Libyen, um die Glaubwürdigkeit des Westens in der arabischen Welt zu erhöhen.

SPD-Chef Gabriel warf der schwarz-gelben Regierung Schwäche vor: Wenn sie gegen den Militäreinsatz zur Durchsetzung der Flugverbotszone sei, hätte sie im UN-Sicherheitsrat mit Nein stimmen müssen, sagte Gabriel dem "Tagesspiegel am Sonntag". So sehe es aber aus, als hätte Deutschland keine innere Haltung zu dem Vorgehen von Gaddafi. "Schlimmer noch: als würde Deutschland vor der Macht dieses Öl-Mafioso kuschen", sagte Gabriel.

Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Tom Koenigs, erklärte, der Schutz der Menschenrechte in Libyen müsse Deutschland ein ernstes Anliegen sein. An dieser Stelle Solidarität zu verweigern, "sei Deutschlands nicht würdig", beklagte der Grünen-Politiker im Hessischen Rundfunk.

Libysche Opposition fühlt sich im Stich gelassen

Da die Regierung ohnehin erklärt habe, dass sie viele Teile der UN-Resolution mittrage, wäre es eleganter gewesen, wenn Deutschland zugestimmt hätte, sagte auch der Völkerrechtler und Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, im Deutschlandradio Kultur. Der deutsche Botschafter hätte klar machen können, dass die deutsche Zustimmung im Prinzip gelte, die Beteiligung an einem Einsatz mit eigenen Soldaten aber nicht ins Auge gefasst werde.

Die libysche Opposition fühlt sich im Kampf gegen Gaddafi von Deutschland im Stich gelassen. "Wir werden uns später daran erinnern, wer uns aus der internationalen Gemeinschaft beigestanden hat und wer nicht", sagte Abdel Hafiz Ghoga, Sprecher der libyschen Opposition in Bengasi, der "Welt am Sonntag". Man wolle im Falle eines Sieges über Gaddafi künftig alle bestehenden Verträge respektieren. Die Länder, die der Opposition jetzt helfen, würden aber künftig "einen besonderen Platz in unserer Politik" einnehmen, sagte der Sprecher.

(RTR/das)
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