Krise im Élysée-Palast Staatskrise in Frankreich: Was nun, François Hollande?

Paris · Schlechtestes Image, miese Wirtschaftszahlen und ein Rachepamphlet der Ex plagen Frankreichs Staatschef François Hollande. Öffentlich wird darüber diskutiert, wie lange er die Flut schlechter Nachrichten noch aussitzen kann.

Die Frauen des Francois Hollande
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Frankreichs Medien finden kaum noch Worte, um die Lage im Élysée-Palast des François Hollande zu beschreiben. Ob "Debakel", "Schiffbruch" oder "Hölle" - alles erscheint bereits abgenutzt und so bereits nicht mehr treffend. Denn der sozialistische Staatspräsident hat Wochen hinter sich, die schlimmer kaum hätten sein können. Nahezu kein Tag verging zuletzt ohne einen Schlag in das Kontor des 60-jährigen Staatschefs. Die kürzlich veranlasste Runderneuerung der Regierung von Premierminister Manuel Valls konnte angesichts enttäuschender Wirtschaftsdaten keinen neuen Schwung bringen.

Die Liste der unangenehmen Ereignisse ist lang. Vor der Halbzeit von Hollandes fünfjährigem Mandat erreichten seine Umfragewerte jüngst neue Tiefstwerte - schon seit längerem sind es die schlechtesten von allen Präsidenten nach 1958 (V. Republik). Die ehemalige Partnerin Valérie Trierweiler übt mit dem Buch "Merci pour ce moment" ("Danke für diese Zeit") Rache an dem angeblich untreuen Hollande und bezichtigt ihn, Arme als "die Zahnlosen" zu verunglimpfen. Dann muss ein Staatssekretär der neuen Regierung von Valls nach nur neun Tagen gehen, weil er wohl seine Steuern nicht richtig bezahlt hat.

Als wenn das nicht Unbill genug wäre, muss die Regierung zudem noch schlechte Finanz- und Wirtschaftsdaten verkünden. Frankreich wird erneut seine Defizit-Versprechen brechen, die ohnehin kärglichen Wachstumsprognosen waren zu positiv und die hohe Arbeitslosigkeit bleibt.

Die linksliberale Tageszeitung "Libération" beklagt ein Scheitern und spricht von einer Sackgasse: "Es zeichnet sich keine Aufhellung an dem ziemlich düsteren Horizont eines Präsidenten ab, der den Franzosen nach den ersten zwei Jahren seines Mandats bessere Tage versprochen hatte." Und der konservative "Figaro" wertet die Wirtschaftszahlen als eine neue Demütigung für Hollande.

Wie soll es jetzt weitergehen? Das Parlament aufzulösen und Neuwahlen einzuleiten, das fordert von Hollande im wesentlichen nur Marine Le Pen, Chefin der rechtsextremen Front National (FN). Sie hat Oberwasser, ist von Umfragen deutlich gestärkt. Die Sozialisten und die konservative Opposition ihrerseits können angesichts von Turbulenzen in den eigenen Reihen einen Urnengang zum jetzigen Zeitpunkt nicht wollen. Abtreten will Hollande nicht, das hat er schon vom Nato-Gipfel in Wales aus der Nation daheim erklärt. Zwingen kann ihn ohnehin niemand. Der Präsident wäre auch der einzige, der die Nationalversammlung auflösen könnte.

Fraglich ist in dem jetzigen Schlamassel dagegen schon, ob Hollande noch die Chance sieht, sein hohes Amt im Jahr 2017 verteidigen zu können. Mehr als 60 Prozent der Franzosen meinen jetzt schon, er solle abtreten.

Die zu Kürzungen und zum Sparen gezwungene neue Regierung unter Hollande steht nächste Woche vor ihrer ersten Feuerprobe. Am Dienstag stellt sich Premierminister Valls einem Vertrauensvotum im Parlament. Die Sozialisten sind gespalten - die als "Frondeure" bekannten parteiinternen Valls-Kritiker wollen sich enthalten. Zwei Tage später gibt Hollande eine seit längerem geplante Pressekonferenz. Dabei wird er erklären müssen, wie er die Wirtschaft des krisengeplagten Landes und sein Image aufzumöbeln gedenkt.

An diesem Freitag konnte der strauchelnde Präsident die Pariser "Hölle" ("L'Express") für einen Irak-Besuch kurzzeitig verlassen. Er wollte eine internationale Konferenz zur Situation in dem umkämpften Land vorbereiten, die für Montag in der französischen Hauptstadt geplant ist.

(dpa)
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