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Nach der Entlassung von Norbert Röttgen Der Kanzlerin droht eine Schlammschlacht

Berlin · Nach der spektakulären Entlassung von Umweltminister Norbert Röttgen droht Bundeskanzlerin Angela Merkel ein öffentlich ausgetragener Streit um die Umstände des Rauswurfs. Der nach der historischen Wahlniederlage als Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen in der vergangenen Woche entlassene Umweltminister wolle seine Entmachtung nicht widerspruchslos hinnehmen.

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Foto: dpa, Bernd Thissen

Das berichtete die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf das Umfeld Röttgens. Er plane eine öffentliche Erklärung und wolle an seinem Posten als Vize der CDU festhalten. In der Union hielt die Debatte um Röttgen und den Zustand der Regierungskoalition an.

Röttgen plant nach Darstellung der "Bild am Sonntag", öffentlich die Darstellung der Umstände seiner Entlassung durch Merkel zu korrigieren. Im Zentrum der Debatte steht die Kritik an Röttgens Weigerung, sich im NRW-Wahlkampf auf einen Verbleib am Rhein auch bei einer Niederlage festzulegen. Dies kritisierte unter anderem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer erneut als wahlentscheidenden Fehler.

Röttgen bringt Energiewirtschaft ins Spiel

Merkel habe ihn zwar zu einer Erklärung bewegen wollen, in NRW zu bleiben, erinnere sich Röttgen der "Bild am Sonntag" zufolge. Zugleich habe sie ihm aber versichert, sie könne ihn doch jederzeit mit dem Argument nach Berlin zurückholen, er sei als Umweltminister für das Gelingen der Energiewende unverzichtbar. Röttgen wolle sowohl CDU-Vize bleiben als auch im kommenden Jahr wieder für den Bundestag kandidieren.

Merkel hatte in ihrer kurzen Erklärung zur Entlassung ihres langjährigen Vertrauten nur erklärt, sie wolle im Umweltministerium angesichts der zentralen Bedeutung der Energiewende einen Neuanfang.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger deutete an, dass Röttgen auch habe gehen müssen, weil er in der Energiewirtschaft keinen Rückhalt gefunden habe. "Zu der Entscheidung mag auch das Gespräch mit den Spitzen der deutschen Energiewirtschaft am 2. Mai im Kanzleramt beigetragen haben", sagte er der "Welt am Sonntag".

"Da hat sich gezeigt, wie schwer sich Norbert Röttgen tut, als Gesprächspartner der Wirtschaft akzeptiert zu werden." Dies sei aber eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Auch das Scheitern Röttgens, eine Senkung der Solarförderung im Bundesrat durchzusetzen, könne eine entscheidende Rolle gespielt haben, sagte Oettinger.

Beistand für Merkel aus Kabinett

Unterstützung für den Rauswurf erhielt Merkel von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, einer weiteren Vizevorsitzenden der CDU. Wenn die Kanzlerin kein Vertrauen mehr habe, dass ihr zuständiger Minister ein so wichtiges Projekt wie die Energiewende managen könne, müsse sie handeln, sagte von der Leyen dem "Spiegel". Die Ministerin, der selbst Ambitionen auf höhere Ämter nachgesagt wurden, plädierte dafür, den Wahlkampf voll auf Merkel zuzuschneiden und 2013 ohne Koalitionsaussage zugunsten der FDP in die Wahl zu gehen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte die Entlassung des Umweltministers mit den Worten, der für die Energiewende zuständige Ressortchef müsse angesichts deren Bedeutung "ganz stark" sein. Röttgens Position sei durch die Wahlschlappe aber erschüttert. Deshalb sei Merkels Entscheidung nachvollziehbar.
Röttgen, der sich bislang öffentlich nicht selbst zu seiner Entlassung geäußert hat, soll am Dienstag in Anwesenheit Merkels seine Entlassungsurkunde von Bundespräsident Joachim Gauck erhalten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte Neuwahlen als Konsequenz aus der Entlassung Röttgens. "Es wäre für Deutschland gut, wenn diese Selbstblockade der Bundesregierung endlich durch Neuwahlen beendet würde", sagte er der "Welt am Sonntag". Merkel versuche, durch eine Demütigung ihres alten Weggefährten Röttgen Stärke zu beweisen. Inhaltlich versuche sie erst gar nicht, Führung zu beweisen. "Das ist ein Armutszeugnis."

Seehofer, der Röttgen massiv angegangen war, kündigte im Vorfeld des geplanten Spitzentreffens der Koalitionsparteien an, künftig noch deutlicher aufzutreten. "Ich habe das feste Ziel, 2013 gemeinsam mit der FDP in München und Berlin erfolgreich zu sein. Wenn ich glaube, es tritt etwas ein, das dieses Ziel ernsthaft infrage stellt, dann wird man künftig einen noch energischeren Horst Seehofer erleben, als bisher", sagte er dem "Focus".

(REU)
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