US-Spionage Ermittelt der Staatsanwalt bald wegen Merkels Handy?

Berlin · Den deutsch-amerikanischen Beziehungen droht in der NSA-Affäre möglicherweise in Kürze eine zusätzliche Belastung: Generalbundesanwalt Harald Range hält einem Medienbericht zufolge wegen des ausgespähten Mobiltelefons der Kanzlerin die Aufnahme eines förmlichen Ermittlungsverfahrens für möglich.

 Angela Merkel und ihr Handy beschäftigen derzeit den Generalbundesanwalt.

Angela Merkel und ihr Handy beschäftigen derzeit den Generalbundesanwalt.

Foto: dpa, Rainer Jensen

Ein Ermittlungsverfahren wegen des von der NSA ausspionierten Handys von Kanzlerin Angela Merkel könnte die deutsch-amerikanischen Beziehungen zusätzlich belasten. In einem Gespräch mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier habe Justizminister Heiko Maas (beide SPD) darauf hingewiesen, dass dem Verhältnis zu Washington bei einem solchen Vorgehen der Justiz möglicherweise eine neue Belastungsprobe bevorstehe, schreibt der "Spiegel". "Es könnte da etwas auf uns zukommen", wird Maas zitiert.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts wollte sich am Sonntag auf Anfrage nicht zum Inhalt von Gesprächen zwischen beiden Ministern äußern. Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen halten Ermittlungen wegen des ausgespähten Handys für geboten.

Die Generalbundesanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob wegen der NSA-Spionage und des abgehörten Handys ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. "Es gibt noch keine abschließende Entscheidung", sagte ein Sprecher am Sonntag in Karlsruhe. Der "Spiegel" berichtet, Generalbundesanwalt Harald Range halte wegen des ausgespähten Mobiltelefons die Aufnahme eines förmlichen Ermittlungsverfahrens für möglich.

Range übermittelte dem Justizministerium laut "Spiegel", dass er nach monatelanger Prüfung der Vorgänge einen Anfangsverdacht für begründbar halte. Der Justizminister, der dem Generalbundesanwalt gegenüber weisungsbefugt ist, würde sich gegen Ermittlungen nicht sperren. Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte dies der dpa am Sonntag in Berlin indirekt: "Der Generalbundesanwalt entscheidet vollkommen unabhängig."

Der Sprecher der Generalbundesanwaltschaft sagte, die Behörde beschäftige sich mit zwei Vorwürfen. Einer betreffe das massenhafte Ausspähen der Bürger in Deutschland, der andere den konkreten Vorwurf, dass ein Handy Merkels abgehört worden sein soll. Es sei dabei noch offen, ob sich ein Anfangsverdacht ergebe.

Nach Informationen der dpa ist die Prüfung des Vorgangs noch nicht abgeschlossen. Nach wie vor seien Teile des vom Generalbundesanwalt an die Regierung übermittelten Fragenkatalogs nicht beantwortet.

Regierung, Koalitionsparteien und Opposition reagierten zurückhaltend auf Obamas NSA-Reformpläne. Zwar gebe es positive Signale, die Rede des Präsidenten von Freitagabend bringe aber keine Kursänderung, lautete die verbreitete Einschätzung. Obama hatte zwar Korrekturen an den Aktivitäten der National Security Agency (NSA) angekündigt, die Arbeit der Geheimdienste aber grundsätzlich verteidigt.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der "Welt am Sonntag", von den Ankündigungen gehe möglicherweise ein Impuls dafür aus, die Gespräche über ein transatlantisches Anti-Spionage-Abkommen mit neuem Leben zu füllen. Es werde weiter verhandelt, "denn wir brauchen eine klare Grundlage und Regeln für die Geheimdiensttätigkeit".

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok äußerte sich enttäuscht: "Es gibt Zusagen, aber keine rechtlichen Verpflichtungen, die überprüfbar sind", sagte er der dpa. "In der Sache ist das kein wesentlicher Fortschritt zu dem, was bisherige Praxis war." Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte im Deutschlandfunk: "Ein Abkommen, das wirklich keine substanziellen Fortschritte bringt in Richtung mehr Schutz von Grund- und Bürgerrechten, sollte man erst gar nicht unterschreiben."

(dpa)
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