Flüchtlinge Die Geschichte von Sumte geht um die Welt

Sumte · Bilder aus dem niedersächsischen Sumte gehen in diesen Tagen um die Welt. Reporter aus aller Welt berichten über das 100-Seelen-Dorf, das derzeit mehr als 500 Flüchtlinge beherbergt. Die Menschen vor Ort sind skeptisch, aber auch hilfsbereit.

Sumte: Flüchtlinge bei der Ankunft
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Flüchtlinge kommen in Sumte an

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Dichter Nebel verzögerte zu Wochenbeginn die Ankunft, aber dann kamen die ersten von geplanten 500 Flüchtlingen im norddeutschen Dorf Sumte an. Rund 50 von ihnen saßen im ersten Bus, der an diesem dunklen Herbstabend auf das Gelände der Notunterkunft rollt. Die erschöpften Zuwanderer, darunter auch viele Familien, mit Plastiktüten und Rucksäcken, wurden mit heißer Suppe empfangen.

"Wir sind froh, dass der Stress für die Flüchtlinge vorbei ist", sagte Annegret Droba, Sprecherin des Arbeiter-Samariter-Bundes, der die Notunterkunft betreibt. Auf die Neuankömmlinge warteten Matratzen und Feldbetten in den Gebäuden eines jahrelang leerstehenden Bürokomplexes. Der Wohlahrtsverband baute das riesige Gelände in nur zwei Wochen um. Auch 14 Flüchtlinge aus einer Unterkunft bei Göttingen packten mit an. Theoretisch ist hier Platz für 1000 Menschen.

Sumte ist in diesen Tagen ein Magnet für Reporter aus aller Welt. Die "New York Times", das russische Fernsehen und britische Zeitungen berichteten darüber. Auch Reporter von "Al Jazeera" und Journalisten aus Japan sind vor Ort. Sie wollen das Bild zeigen, das laut "Daily-Mail" symbolisch für Deutschland steht, das mit den nicht abreißenden Flüchtlingsströmen zu kämpfen hat. Sie zeigen das Bild der Deutschen, die zwar zunehmend skeptisch sind, dass diese Aufgabe zu bewältigen ist — aber dennoch anpacken und helfen. Der britische Boulevard zeigt jedoch auch groß das Bild von einer Gruppe Rechtsextremen. Sie halten ein Schild hoch: "Asylterror stoppen".

In der Tat gab und gibt es Skepsis in Sumte. "Als ich die Zahl gelesen habe, habe ich gedacht: Das kann doch nicht wahr sein. Wir können überhaupt nicht abschätzen, was da auf uns zukommt", sagte Ortsvorsteher Christian Fabel vor einigen Tagen dem Sender n-tv. Doch jetzt ist die Aufregung weitgehend dem Pragmatismus gewichen, scheint es. "Für uns heißt es jetzt konstruktiv mit den Herausforderungen umzugehen", sagt Fabel.

Weil es in Sumte keine Einkaufsmöglichkeiten gibt, ist ein kleiner Laden auf dem Gelände des Bürodorfs eingerichtet worden. Alkohol gibt es hier nicht. Shuttle-Busse sollen die Unterkunft mit den Orten der Umgebung verbinden. Probleme gibt es auch noch mit dem Internet. Verbindungen sind derzeit sehr langsam oder gar nicht möglich — für Flüchtlinge aber wichtig, um nicht ganz von der Welt abgeschnitten zu sein. Fabel hofft, dass es hier rasch eine Lösung gibt.

Und auch in Sachen Polizei mussten die Verantwortlichen handeln. Die vier Polizisten in der abgelegenen Gemeinde Amt Neuhaus am Ufer der Elbe reichten nicht aus, um notfalls einzuschreiten. Nun ist ein Sicherheitsdienst rund um die Uhr vor Ort. Die Straßenbeleuchtung im Ort soll künftig auch nachts brennen. Auch dies soll die Einwohner beruhigen, denen bei dem Gedanken an die fremden Menschen in Dorf manchmal etwas mulmig wird.

Die Reporter ziehen langsam wieder ab. Es bleiben die Bilder aus Sumte, die in diesen Tagen um die Welt gehen. Die Bilder von Deutschen, die trotz vieler Bedenken anpacken — und pragmatisch helfen. Was bleibt ihnen auch letztlich übrig?

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(csk/csi/dpa/rtr)
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