Verfassungsschutzchef Maaßen "Kein Beweis für NSA-Spionage in Deutschland"

Berlin · Während heute in mehr als 30 deutschen Städten Proteste gegen die massenhafte Datenausspähung durch Geheimdienste geplant sind, sieht der Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen in der Spähaffäre des US-Geheimdienstes NSA die Vorwürfe gegen deutsche Dienste trotz der fortdauernden Berliner Debatte als erledigt an.

 Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen (links) hält die Vorwürfe gegen deutsche Behörden für falsch.

Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen (links) hält die Vorwürfe gegen deutsche Behörden für falsch.

Foto: dpa, Kay Nietfeld

"Was die angeblichen Verfehlungen der deutschen Nachrichtendienste angeht, bleibt festzustellen: Nichts ist übrig geblieben", sagte Maaßen der "Welt". Sieben Wochen nach den ersten Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden sagte Maaßen: "Das Einzige, was wir noch nicht wissen: Was ist Prism genau? Was machen die Amerikaner damit in den USA?" Seine eigene Behörde habe jedenfalls überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, "dass die Amerikaner Daten in Deutschland abgreifen".

Dazu besteht aus Maaßens Sicht auch keine Notwendigkeit. "Die meisten Server stehen ohnehin in den USA, darüber laufen Finanz- und Kreditkartendaten sowie die Kommunikation in sozialen Netzwerken", sagte der Verfassungsschützer der "Welt". Auch die meisten Datenkabel verliefen über amerikanisches Territorium. Er begrüßte, dass die NSA jetzt eine erste Stellungnahme zu Prism an die Bundesregierung übermittelt hat. Er sei "erstaunt, in welch offener Weise die NSA bereit war, uns über die amerikanischen Prism-Programme aufzuklären". Der US-Dienst habe dadurch zur allgemeinen Klarstellung beigetragen. Maaßen wehrte sich auch gegen den Vorwurf, dass der Verfassungsschutz angeblich die "Schnüffelsoftware" XKeyscore des US-Dienstes NSA einsetze. "Das IT-Tool ist keine Spähsoftware, sondern ein Analyseprogramm", sagte er in dem Interview. Dieser Vorwurf sei jetzt vom Tisch.

Mit dem wahren Ausmaß der NSA-Spähaktivitäten und der Frage, was die Bundesregierung darüber wusste, beschäftigt sich derzeit auch das Parlamentarische Kontrollgremium. Am Donnerstag hatte dort Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) ausgesagt. Während die Regierung die Vorwürfe gegen deutsche Geheimdienste für ausgeräumt hält, sieht die Opposition noch erheblichen Klärungsbedarf.

Proteste in Großstädten

In mehr als 30 deutschen Städten sind heute Proteste gegen die massenhafte Datenausspähung durch Geheimdienste geplant. Ein Bündnis verschiedener Organisationen - allen voran die Piratenpartei - hat zu den Demonstrationen aufgerufen - auch in Nordrhein-Westfalen. Hier soll es in Aachen, Bielefeld, Bochum, Köln und Münster Kundgebungen mit mehreren Hundert Teilnehmern geben.

Die Organisatoren der Proteste wenden sich gegen eine ausufernde Überwachung und Verletzung der Privatsphäre. Sie fordern umfassende Aufklärung über die NSA-Praxis, neue internationale Vereinbarungen für mehr Datenschutz und mehr Unterstützung für Informanten (Whistleblower) wie Snowden.

(AFP/dpa)
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