Allerdings sind noch 110 offene Fragen zu klären Merkel: Koalitionsvertrag soll nächsten Mittwoch stehen

Berlin · Trotz noch über 100 offener Fragen wollen Union und SPD am 27. November einen Koalitionsvertrag vorlegen. Die amtierende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Mittwoch in Berlin, die Verhandlungen seien in einer entscheidenden Phase.

"Und wir haben die Absicht, sie auch Mitte der nächsten Woche möglichst zu beenden." Dennoch äußerte sie sich zu den Erfolgschancen vorsichtig: "Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass das gelingen kann. Ob wir es schaffen, wird man dann in einigen Tagen sehen."

Ein hochrangiger CDU-Politiker im Kanzleramt teilte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Unionsmitgliedern mit, dass noch 110 Punkte auf einer Liste der offenen Fragen stünden. Die Arbeitsgruppen hätten teils unrealistische Forderungen erhoben, um Spielraum für Kompromisse zu haben, hieß es in Verhandlungskreisen. Es werde angestrebt, dass die neuen Projekte einer großen Koalition statt der bisher geschätzten 50 Milliarden Euro einen einstelligen Milliardenbetrag als Belastung für den Bundesetat ausmachen sollen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kündigte im Fernsehsender n-tv an: "Vieles, was da zusammengeschrieben wurde in den Arbeitsgruppen, wird nicht realistisch bewertet werden können. Da wird es in der nächsten Woche noch erhebliche Streichungen geben." Die Finanzexperten von Union und SPD verständigten sich in der Haushaltspolitik auf eine gemeinsame Linie. Danach bleibt es bei dem Ziel, 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und ab 2015 ohne neue Schulden auszukommen.

Merkel: Menschen muss in vier Jahren besser gehen

Merkel sagte, Maßstab für den Koalitionsvertrag sei, dass es den Menschen in vier Jahren besser gehe als heute. Dies werde ihre Verhandlungen um die wirtschaftspolitischen und sozialen Beschlüsse leiten. Auf die Frage, ob sie im Falle eines Scheiterns von Schwarz-Rot durch ein Nein der SPD-Mitglieder bei der geplanten Befragung wieder mit den Grünen verhandele oder eine Neuwahl für möglich halte, antwortete Merkel, sie beteilige sich nicht an Spekulationen. CSU-Chef Seehofer und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hatten erklärt, ihnen sei vor einer Neuwahl nicht bange.

An diesem Donnerstag tagt die großen Koalitionsverhandlungsrunde zum siebten Mal. Danach soll dieses Beschlussgremium mit 77 Vertretern wieder am Montag und Dienstag zusammenkommen. Vermutlich werden die großen Runden aber zeitweise unterbrochen, damit die Verhandler um die Parteispitzen in kleinen Runden Kompromisse ausloten. Am Mittwochmittag soll der Koalitionsvertrag nach jetziger Planung dann vorgestellt werden.

Zuvor werden an diesem Sonntagnachmittag voraussichtlich Merkel, SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer mit den Generalsekretären und Fraktionsspitzen im Kanzleramt beraten.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt plädierte dafür, die derzeit auf viele Ministerien verteilten Kompetenzen in der Energiepolitik zu bündeln. Das könne bedeuten, Energiethemen entweder in einem eigenen neuen Ressort oder aber in einem bestehenden Ministerium zusammenzuführen, ließ Hasselfeldt über eine Sprecherin erklären. "Welt-Online" hatte zuvor unter Berufung auf Hasselfeldt gemeldet, die CSU erwarte die Schaffung eines Energieministeriums.

Aus Unionskreisen verlautete, die hohe Zahl der offenen Punkte sei nicht so abschreckend wie sie wirke. Es gehe in der Vielzahl nicht um Kaliber wie Mindestlohn, Maut und Mütterrente, sondern um kleinste Details bis zur Untergruppe "Digitale Agenda", die mehrere Vorschläge gemacht habe, die gar nicht in der Verantwortung des Bundes lägen. Mit der SPD sei vereinbart, dass gleich viele Punkte beider Seiten gestrichen werden, damit weder die Basis der SPD noch die von CDU und CSU das Gefühl bekomme, ihre Partei habe schlecht verhandelt.

(dpa)
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