SPD-Konvent in Berlin Steinmeier erläutert den Kanzlertraum

Berlin (RPO). Heute erklärt SPD-Vize Frank-Walter Steinmeier vor knapp 2500 Anhängern im Berliner Tempodrom seinen Anspruch auf die Kanzlerschaft. Eine tragende Rolle in seiner mit Spannung erwarteten Rede wird das am Samstag beschlossene Wahlprogramm der SPD spielen. Der Kanzlerkandidat muss gegen das Stimmungstief in den Umfragen und Zweifler in den eigenen Reihen ansprechen.

Die Wahlversprechen 2009
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Auf der Veranstaltung im Berliner Tempodrom will Steinmeier seinen Anspruch auf das Amt des Bundeskanzlers vorstellen. Der Parteikonvent hat bereits begonnen. Die SPD-Spitze stellt ihr Programm für die Bundestagswahl am 27. September vor. Steinmeier und Parteichef Franz Müntefering wollen den Entwurf vor den 2500 Gästen erläutern. "Wir wollen die Wahlen gewinnen", sagte Müntefering zu Beginn.

Jubel brandete auf, als begleitet von den übrigen SPD-Granden das Berliner Tempodrom betritt. Mehr als 2500 Menschen sind gekommen, um - lange vor dem offiziellen Wahlkampfauftakt - den Kandidaten und den am Vortag von den Parteigremien beschlossenen Entwurf für das Bundestags-Wahlprogramm zu feiern. Steinmeier selbst gibt sich kämpferisch: "Wir haben das bessere Programm und die bessere Person", begründet er den Regierungsanspruch der SPD und seinen eigenen Anspruch auf das Kanzleramt.

Das Regierungsprogramm seiner Partei mit dem Titel "Sozial und demokratisch. Anpacken für Deutschland" war von Vorstand und Parteirat am Samstag verabschiedet worden und muss noch am 14. Juni von einem SPD-Parteitag in Berlin beschlossen werden. Kernpunkte des 57 Seiten starken Manifests sind die Pläne für eine höhere Reichensteuer, einen Lohnsteuer-Bonus von 300 Euro sowie eine neue Börsenumsatzsteuer. Eine Wiedereinführung der Vermögensteuer wird in dem Papier nicht ausdrücklich verlangt.

"Anpacken für Deutschland"

Dem Programmentwurf zufolge will die SPD nach der Bundestagswahl am 27. September den Eingangssteuersatz deutlich von aktuell 14 auf 10 Prozent senken. Davon sollen rund 25 Millionen Menschen profitieren. Der Spitzensteuersatz soll von 45 auf 47 Prozent angehoben werden. Er soll bereits ab einem Einkommen von 125.000 Euro für Alleinstehende und 250.000 Euro für Verheiratete greifen. Steinmeier verteidigte dieses Vorhaben mit den Worten, diejenigen, die mehr verdienten, müsse man an den Lasten der Krise "solidarisch beteiligen".

Im Wahlprogramm mit dem Titel "Sozial und demokratisch. Anpacken für Deutschland" wird betont, dass die SPD eine Neuauflage der Großen Koalition nicht anstrebt. Sollte es für ein rot-grünes Bündnis nicht reichen, wollen sie die FDP als dritten Regierungspartner gewinnen. Ein Bündnis mit den Linken wird für die kommende Legislaturperiode kategorisch ausgeschlossen, ebenso eine Minderheitsregierung unter Duldung der Linken.

Die Anhänger im Tempodrom zu begeistern, wird Steinmeier und Müntefering nicht schwerfallen. Problematischer wird es sich darstellen, Zweifler in der eigenen Partei und anschließend auch noch eine Mehrheit der Deutschen zu überzeugen.

Scharfe Kritik am Wahlprogramm

Frank-Walter Steinmeier steht mit dem Rücken zur Wand. Fünf Monate vor der Bundestagwahl sind die Zustimmungswerte des SPD-Kanzlerkandidaten auf ein Rekordtief von 22 Prozent gepurzelt. Das war der schlechteste Wert seit Steinmeiers Kür zum Kanzlerkandidaten im September 2008. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewann hingegen einen Punkt hinzu und stellte mit 51 Prozent ihren Jahresbestwert aus dem Januar ein. Ein Wunder muss her.

Zudem tun sich erste Risse in der nach dem Sturz Kurt Becks weitgehend geschlossenen SPD auf. Bremens ehemaliger Bürgermeister Henning Scherf sieht Steinmeier vor einem äußerst schwierigen Wahlkampf. Steinmeier sei "keine Galionsfigur", sondern ein Administrator. "Frank-Walter Steinmeier hat es schwer, weil er in erster Linie ein loyaler Typ ist, der möchte gern loyaler Außenminister und Vizekanzler sein", sagte Scherf dem "Weser-Kurier" (Montagausgabe). In den nächsten Monaten müsse Steinmeier aber die Kanzlerin und den Koalitionspartner angreifen.

Scharfe Kritik erntete zudem das sozialdemokratische Wahlprogramm. Dabei soll es nach Steinmeiers Wünschen doch gerade möglichst viele Koalitionsoptionen offenhalten. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte der "Bild am Sonntag": "Die Steuerpläne der Sozialdemokraten verfehlen das wichtige Ziel, die Leistungsträger in unseren Betrieben zu entlasten." CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, mit dem Programm sei "der Linksruck der SPD" beschlossene Sache.

Hundt forderte die SPD auf, sie sollte vielmehr ihren Plan vom letzten Jahr weiterverfolgen, die Sozialversicherungsbeiträge nachhaltig zu senken. Pofalla sagte im Internetfernsehen der CDU: "Mit dieser SPD kann man in der nächsten Legislaturperiode wirklich nicht mehr zusammenarbeiten." Er kritisierte, dass die SPD sowohl Steuern erhöhen als auch neue Steuern einführen wolle. "Die breite Mitte der Gesellschaft, die Menschen, die arbeiten, sollen überhaupt nicht entlastet werden."

(AP)
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