Interview mit Umweltminister Peter Altmaier Strompreise — keine Ausnahme für Golfplätze

Berlin · Bundesumweltminister Peter Altmaier will die Ökostrom-Umlage einfrieren und die Förderung der Erneuerbaren schrittweise abbauen. Von der FDP wünscht er sich mehr Mut in der Umweltpolitik. Der US-Kurswechsel berge neue Chancen für den Klimaschutz, sagt der CDU-Politiker im RP-Interview.

Peter Altmaier - Bundeswirtschaftsminister und enger Vertrauter der Kanzlerin
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Das ist Peter Altmaier

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Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Die Energiewende braucht mehr Koordination. Brauchen wir nicht endlich ein Bundesenergieministerium in der nächsten Legislaturperiode?

Altmaier Sämtliche Verteilungskonflikte — etwa die zwischen Ökostrom-Lieferanten und Stromverbrauchern oder die zwischen den Bundesländern — würden auch fortbestehen, wenn es ein Energieministerium gäbe. Deshalb ist die Frage des Ressortzuschnitts zwar eine wichtige, aber nicht die entscheidende für den Erfolg der Energiewende.

Wie sieht Ihre Bilanz als Umweltminister nach gut einem Jahr aus?

Altmaier Es ist mir gelungen, mit dem Asse-Gesetz und dem Endlagersuchgesetz den Umgang mit den Hinterlassenschaften der Kernenergienutzung parteiübergreifend in vernünftige Bahnen zu lenken. Heute fällt im Bundesrat eine historische Entscheidung. Nach dreißigjähriger Debatte in Deutschland ist nun der Weg frei für die ergebnisoffene Suche nach einem Atommüllendlager. Wir sind mit unserem ausgeklügelten Verfahren beim Endlagersuch-Gesetz weltweit Vorreiter — genauso wie bei der Energiewende.

Was bleibt sonst noch von Altmaier?

Altmaier Mit der Reform der Photovoltaik-Förderung haben wir den bis dahin kostspieligsten Bereich der erneuerbaren Energien auf den Weg zur Marktreife gebracht. Außerdem haben jetzt alle verstanden, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn sie auch bezahlbar bleibt. Ich war der erste Umweltminister, der die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes angesprochen hat. Wir haben die Energiewende in den letzten zwölf Monaten geerdet und damit die Voraussetzungen für ihren langfristigen Erfolg geschaffen.

2014 droht aber schon ein weiterer Anstieg der EEG-Umlage und damit auch der Strompreise. Wie stark wird der Anstieg der Umlage sein?

Altmaier Seriöse und belastbare Zahlen werden erst Ende August vorliegen. Aber für mich ist jeder weitere Anstieg der EEG-Umlage zu viel, weil wir in den letzten Jahren schon beträchtliche Steigerungen zu verzeichnen hatten. Deshalb möchte ich die EEG-Umlage zum 1. Januar 2014 nicht erhöhen, sondern auf ihrem jetzigen Niveau einfrieren. Das wird aber nur gelingen, wenn man die sich abzeichnenden Steigerungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf andere Weise auffängt und finanziert.

Wenn Sie nach der Wahl noch Umweltminister sind, machen Sie ernst mit dem Einfrieren der Umlage?

Altmaier Ja. Ich halte diese Forderung mehr denn je für richtig, gerade weil wir uns alle einig sind, dass es eine umfassende EEG-Reform geben muss. Wir müssen weitere Preissteigerungen ausschließen, bis die Reform beschlossen ist. Das geht aber nur durch eine gesetzliche Regelung, der auch der Bundesrat zustimmen muss. Deshalb sind vor allem die rot-grün-regierten Bundesländer in der Pflicht, ihre ablehnende Haltung aufzugeben.

Was muss eine umfassende EEG-Reform enthalten?

Altmaier Wir müssen endlich sicherstellen, dass es bei neuen Anlagen der erneuerbaren Energien zu einer Kostendegression kommt. Die Energiewende muss kostengünstiger werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss zudem stärker auf den tatsächlichen Bedarf und den Netzausbau ausgerichtet werden. Und wir müssen drittens deren Ausbau stärker mit der Frage der Kapazität von Ersatz- und Reservekraftwerken, abstimmen.

Bis wann brauchen wir die Reform spätestens?

Altmaier Innerhalb der ersten Wochen nach Amtsantritt muss die neue Regierung zügig Vorschläge für eine umfassende EEG-Reform vorlegen. Der Reformprozess selbst wird dann sicher mehrere Monate dauern.

Die Strompreise steigen auch so rasch, weil die Verbraucher für die Rabatte bezahlen, die viele Unternehmen erhalten. Wie stark wollen Sie diese Ausnahmeregelungen zurücknehmen?

Altmaier Für energieintensive Unternehmen, die in Konkurrenz mit dem Ausland stehen, müssen weiterhin von der EEG-Umlage weitgehend ausgenommen sein. In allen anderen Bereichen müssen wir bereit sein, Ausnahmeregelungen zurückzufahren. Ich hatte vorgeschlagen, den Umfang dieser Ausnahmeregelungen um 700 Millionen Euro zu kürzen. Leider waren die rot-grün-regierten Länder dazu nicht bereit.

Bei den Netzentgelten profitieren auch Golfplätze immer noch von Ausnahmeregelungen. Was sagen Sie dazu?

Altmaier Ursprünglich ist ja tolldreist von den Grünen behauptet worden, die Golfplätze seien von der EEG-Umlage befreit, aber das waren sie zu keinem Zeitpunkt. Ich bin der Auffassung, dass Golfplätze eine schöne Sache sind, sehe aber überhaupt keine Notwendigkeit, sie von irgendwelchen Umlagen zu befreien, auch nicht bei den Netzentgelten. Das muss geändert werden.

Wie wollen Sie den Mechanismus durchbrechen, dass die EEG-Umlage für die Verbraucher steigt, nur weil der Börsenstrompreis sinkt?

Altmaier Wir können ihn nur durchbrechen, wenn wir erreichen, dass in Deutschland nicht mehr Strom produziert als gebraucht wird. Anlagen der erneuerbaren Energien kann man aber nicht einfach abschalten, deshalb müssen die konventionellen Kraftwerke stärker als Regelkraftwerke eingesetzt werden, die dann hochgefahren werden, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Ich bin aber dagegen, in eine Vollsubventionierung der konventionellen Kraftwerke einzusteigen, das wäre bei der Schaffung so genannter Kapazitätsmärkte der Fall. Ich spreche daher eher von einer strategischen Reserve. Wir brauchen Kraftwerke, die aus Gründen der Versorgungssicherheit zur Verfügung stehen. Diese Reform muss parallel zur EEG-Reform erfolgen.

Was wollen Sie als Umweltminister für den Klimaschutz tun?

Altmaier Ich möchte, dass das Fliegen umweltfreundlicher wird. Es ist eine wichtige Errungenschaft, dass sich auch Menschen mit schmaleren Einkommen Urlaubsflüge nach Mallorca und anderswohin leisten können. Wir müssen aber dafür sorgen, dass im internationalen Luftverkehr weniger Treibhausgase emittiert werden. Dazu finden gerade entscheidende Verhandlungen auf internationaler Ebene statt. Die Haltung der Amerikaner beim Klimaschutz hat sich positiv verändert. Wir sollten das nutzen. Wir brauchen ein weltweites Klimaschutz-Abkommen und eine Regelung für den Luftverkehr.

Sie würden gerne weitermachen als Umweltminister in der nächsten Periode?

Altmaier Entscheidend ist, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Wir wollen mit der FDP weiterregieren. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die FDP sich dann auch etwas mutiger in manchen umweltpolitischen Fragen positioniert. Ich bin überzeugt, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland dadurch gestärkt wird.

Birgit Marschall stellte die Fragen

(mar)
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