Erkenntnisse deutscher Außenpolitiker bei Washington-Reise Vielleicht wurmt es die USA nur, beim Spionieren erwischt worden zu sein

Zur Entscheidung der Bundesregierung, den Repräsentanten der US-Geheimdienste zum Verlassen des Landes aufzufordern, trugen auch die Erkenntnisse bei, die eine Gruppe von deutschen Außenpolitikern kurz zuvor in Washington gewonnen hatte. Unsere Redaktion sprach mit dem Chef-Außenpolitiker der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, kurz nach der Landung in Berlin.

 Philipp Mißfelder kehrte am Donnerstag aus den USA zurück.

Philipp Mißfelder kehrte am Donnerstag aus den USA zurück.

Foto: dpa, jst tmk pzi

Welche Eindrücke bringen Sie von Ihren Gesprächen in den USA über das Spionageprogramm gegen Deutschland mit?

Mißfelder Die Amerikaner sind zerknirscht. Aber es ist nicht klar, aus welchem Grund: Weil sie die Spionage gegen den Partner bedauern oder weil sie bedauern, dabei erwischt worden zu sein. Obwohl die Snowden-Debatte jetzt ein Jahr läuft, sind wir noch weit auseinander in unserem Verständnis davon, wie Alliierte miteinander umgehen sollten.

Glauben Sie, dass die Amerikaner das Signal verstehen, das die Bundesregierung setzt, indem sie den Geheimdienstrepräsentanten auffordert, Deutschland zu verlassen?

Mißfelder Ein solcher Schritt durch eine verbündete Nation ist nicht alltäglich und wird als Signal in Washington mit Sicherheit gehört. Die Empörung in der deutschen Bevölkerung ist sehr groß. Das sollten die Amerikaner nicht unterschätzen.

Fürchten Sie Konsequenzen für die Zusammenarbeit der Dienste und für die Terrorabwehr in Deutschland?

Mißfelder Es ist nicht in unserem Interesse, die Kooperation mit den amerikanischen Geheimdiensten aufzugeben. In der Terrorismusbekämpfung profitieren wir zum Beispiel sehr davon. Insofern werden unsere Dienste auch weiterhin den Kontakt in die USA halten. Das ist wichtig für beide Seiten. Aber den Bundesnachrichtendienst oder das Bundesverteidigungsministerium auszuspionieren, hat genau so wenig mit Terrorabwehr zu tun, wie das Handy der Kanzlerin abzuhören. Das konnte uns in Washington auch niemand erklären.

Sollte der US-Präsident klar machen, dass Deutschland künftig nicht mehr ausspioniert wird, so wie er ja auch versicherte, künftig Merkels Handy nicht mehr abhören zu lassen?

Mißfelder Es konnte uns in Amerika niemand die Frage beantworten, ob es eine politische Erlaubnis für die Spionage gegen den BND und das Bundesverteidigungsministerium gab oder ob sich die Geheimdienste verselbständigt haben. Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses in Washington, Senatorin Feinstein, die bekanntlich selbst abgehört worden war, hat uns versichert, wie sehr nun darauf geachtet werde, die Bürgerrechte von US-Bürgern zu schützen. Ich erwarte, dass das für die Rechte der Bürger in verbündeten Staaten genauso gilt.

Gregor Mayntz führte das Interview.

(-may)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort