Merkel lädt 20 Regierungschefs nach Berlin Wahlkampf mit Europas Jugendlichen

Berlin · Am heutigen Mittwoch wird sich Angela Merkel, die mächtigste Frau Europas, erneut in Szene setzen: Die Kanzlerin lädt 20 Regierungschefs nach Berlin, um eine Initiative gegen die dramatische Arbeitslosigkeit junger Leute zu beschließen.

In der Euro-Krise gescheiterte Regierungen
Infos

In der Euro-Krise gescheiterte Regierungen

Infos
Foto: dapd, Michael Probst

Neben den 20 EU-Regierungschefs kommen alle 27 EU-Arbeitsminister sowie der Kommissionspräsident und viele andere Repräsentanten der EU nach Berlin ins Kanzleramt, um gemeinsam mit Merkel eine neue Initiative zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit vor allem in Südeuropa zu starten. Im Zentrum soll die Europäische Investitionsbank (EIB) stehen: Sie soll 2014 bis 2020 zusätzlich 50 bis 100 Milliarden Euro an Krediten für kleine und mittlere Unternehmen mobilisieren. Die Kredite werden an die Bedingung geknüpft, junge Menschen einzustellen.

Die Regierungen reagieren damit auf wachsende Spannungen und Proteste. In Griechenland und Spanien hat die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen die 50-Prozent-Marke bereits überschritten. Notwendige Reform- und Sparprogramme in den Krisenländern der Euro-Zone lassen sich zunehmend schwerer durchsetzen. Die Entwicklung könnte die Lösung der Krise in weite Ferne rücken — und sogar die Euro-Zone als Ganzes gefährden.

Unzureichende Umsetzung der Jugendgarantien

Die EU-Arbeitsminister hatten bereits im Februar sogenannte Jugendgarantien vereinbart. Demnach sollten allen Jugendlichen innerhalb von vier Monaten Jobs, Ausbildungsplätze oder Praktika vermittelt werden. Das wurde aber nur unzureichend umgesetzt. Die Staats- und Regierungschefs hatten daher in Brüssel beschlossen, die Garantien bis Jahresende zu gewährleisten. Doch auch dies dürfte kaum mehr als guter Wille sein. Deshalb will Merkel nun nachlegen.

Neben Krediten für Firmen, die von ihren Banken keine Darlehen erhalten, zielt die Berliner Initiative auf strukturelle Verbesserungen: Möglichst alle Länder sollen ein duales Ausbildungssystem implementieren. Zudem sollen nationale Arbeitsagenturen besser kooperieren. Dazu hat Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auch deren Chefs nach Berlin eingeladen. Die Agenturen sollen verstärkt auf das europäische Jobvermittlungssystem "Eures" zurückgreifen. Mehr Südeuropäer sollen so schneller in andere Länder vermittelt werden.

Neben dem EIB-Programm setzen die Regierungen auf 16 Milliarden Euro aus den EU-Strukturfonds, die nicht abgerufen wurden und nun zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt werden sollen. Zudem stellt die EU nur für ihre Jugendgarantien bis 2020 sechs Milliarden Euro bereit.

SPD: "Erst im Wahlkampf marschiert Merkel los"

Die SPD warf Merkel vor, das Problem völlig vernachlässigt zu haben. Die sozialdemokratischen EU-Arbeitsminister seien "stinksauer, da Frau Merkel in den letzten Jahren das Thema Jugendarbeitslosigkeit in Europa ignoriert und wirksame Maßnahmen blockiert hat", sagte Klaus Wiesehügel, der im Kompetenzteam des SPD-Kandidaten Peer Steinbrück zuständig für den Arbeitsmarkt ist.

"Erst jetzt im Wahlkampf marschieren Merkel und von der Leyen los und besetzen vordergründig ein ernstes Thema." Es sei "ein groteskes Missverhältnis, wenn für die Bankensicherung ein 700-Milliarden-Programm aufgelegt wird, für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit aber nur sechs Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden."

Die Chefs der sozialdemokratischen Parteien in Deutschland und Frankreich, Sigmar Gabriel und Harlem Désir, forderten ein Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit von 21 Milliarden Euro bis 2020. Jugendliche seien "Opfer einer Sparpolitik, die von den Konservativen und Liberalen Europas als Allheilmittel verordnet worden ist".

(mar)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort