Analyse Klonverbot hilft Verbrauchern nicht

Berlin/Straßburg · Das EU-Parlament hat gestern für ein Klonverbot von Nutztieren gestimmt. Doch in Europa wird kaum für die landwirtschaftliche Nutzung geklont. Das Verbot könnte die TTIP-Verhandlungen weiter erschweren.

Analyse: Klonverbot hilft Verbrauchern nicht
Foto: AP, AP

Dolly - das ist der Name, den die meisten Menschen mit dem Begriff Klonen verbinden. 1996 schafften es britische Forscher, aus einer Euterzelle das identische Abbild einen Schafes zu züchten. Seither ist die Methode wissenschaftlich etabliert - teilweise auch in der Landwirtschaft. Gestern hat das Europaparlament in Straßburg beschlossen, sich für ein Klonverbot von Tieren einzusetzen.

Was hat das Parlament genau entschieden?

Die Abgeordneten haben mit großer Mehrheit dafür gestimmt, Produkte von geklonten Tieren und deren Nachkommen europaweit zu verbieten. Sie wollen den Import solcher Erzeugnisse aus Ländern wie China, Argentinien, Kanada oder den USA verbieten, in denen das Klonen zu landwirtschaftlichen Zwecken gängige Praxis ist. Importeure sollen solche Erzeugnisse nicht in die EU einführen dürfen, ebenso wenig wie Sperma oder Eizellen von Klontieren für Zuchtzwecke.

Wann wird das Gesetz in Kraft treten?

Das Verbot ist noch nicht beschlossene Sache und könnte frühestens 2017 in Kraft treten, da die EU-Regierungen bei dem Thema gleichberechtigt mitentscheiden und sich noch inhaltlich äußern müssen. Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) befürwortet, dass sich das EU-Parlament gegen Klonfleisch ausgesprochen hat. "Ich will kein Klon-Fleisch auf deutschen Tellern. Wir setzen uns seit Jahren auf europäischer Ebene für ein Verbot des Klonens von Tieren und des Imports von geklonten Tieren und deren Fleisch ein", so der Minister.

Was will die EU-Kommission?

Das Parlament verschärft mit dem Beschluss die Gesetzesvorlage der EU-Kommission von Ende 2013. Die Brüsseler Behörde wollte zwar das Klonen von Schweinen, Schafen, Rindern und Ziegen für die Landwirtschaft verbieten, das Klonen von Sportpferden oder zur Herstellung von Arznei jedoch nicht. Außerdem hätten Fleisch, Käse oder Milch von nachfolgenden Generationen geklonter Tieren ungekennzeichnet vermarktet werden dürfen, wie der Grünen-Abgeordnete Martin Häusling kritisierte. Das Gesetz wäre auf fünf Jahre befristet gewesen.

Hat das Verbot Auswirkungen auf das Freihandelsabkommen mit den USA? Wie in vielen anderen Bereichen der Lebensmittelproduktion, sind mit diesem neuen Gesetz die Vorschriften für Fleisch von geklonten Tieren und deren Nachwuchs schärfer als in den USA. Solche Produkte müssten mindestens gekennzeichnet werden, wenn sie nicht ganz vom Import ausgeschlossen werden. Das bedeutet, einen weiteren Diskussionspunkt bei den TTIP-Verhandlungen.

Warum ist das Klonen von Tieren für die Landwirtschaft interessant?

Klonen ist im Einzelfall eine Möglichkeit, Erbgut von besonders wertvollen Zuchttieren zu erhalten oder zu vermehren, wenn diese zum Beispiel durch Unfall oder Krankheit sterben oder wenn die Nachfrage nach Samen oder Embryonen dieser Tiere sehr hoch ist, erklärt Eckhard Wolf, Professor für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ansonsten ist die Methode des Klonens zu aufwendig und teuer, um die natürliche Fortpflanzung zu ersetzen.

Ist Fleisch von geklonten Tieren gesundheitsschädlich?

Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Verbraucher einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt sind. Eine Studie der amerikanischen Lebensmittelaufsichtsbehörde FDA hat gezeigt, dass das Fleisch solcher Tiere nicht in Qualität und Beschaffenheit von dem Fleisch anderer Tiere unterschieden werden kann.

Können Verbraucher in Deutschland schon geklontes Fleisch kaufen?

Fleisch von geklonten Tieren zu verkaufen, ist das laut einer EU-Verordnung zulassungspflichtig. Allerdings gilt das nicht für Fleisch von Nachkommen geklonter Tiere. Über den internationalen Handel mit Samen und Embryonen kann es passieren, dass Genmaterial aus den USA für unsere Nutztierzucht benutzt wird, sagt Eckhard Wolf. Dort ist das Klonen auch für landwirtschaftliche Zwecke, anders als in Deutschland und Europa gang und gebe. Am Fleisch der Nachkommen kann man nicht erkennen, ob das Original oder sein Klon der Vater war, sagt Wolf. Deswegen sei das Gesetz nahezu wirkungslos.

Leiden geklonte Tiere noch mehr?

Ja, das kann passieren, wenn etwas schief geht beim Reprogrammieren der Zelle. Es ist belegt, dass auf diese Weise veränderte Zellen anfälliger für Veränderungen und Missbildungen sind. Deswegen sprechen Tierschützer von Quälerei. Nach einer Studie der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit haben etwa 90 Prozent der geklonten Rinder und Schweine Missbildungen oder sterben frühzeitig.

Warum ist das Klonen von Tieren ethisch bedenklich?

Wenn man das Klonen von Tieren für die Lebensmittelproduktion erlauben würde, würde man auch unter Nachhaltigkeitsaspekten ein falsches Signal senden, meint Peter Dabrock, Erlanger Theologe und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrates. "Das Mitgeschöpf Tier wird noch mehr industriell als Sache vernutzt, als das ohnehin der Fall ist." Auch evangelische Kirchenvertreter mahnen, die ethische Haltung dürfe nicht von dem, was machbar ist, bestimmt werden, und fordern Respekt vor Tieren als Wesen.

(RP)
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