Kapitän des FC Bayern hört auf Philipp Lahm — Fragen und Antworten zum Rücktritt

Düsseldorf · Philipp Lahm hat sein Karriereende nach der laufenden Saison angekündigt. Der Kapitän der deutschen Weltmeister-Mannschaft wird im Anschluss an seine Laufbahn auch nicht als Sportdirektor beim FC Bayern München bleiben. Was bedeutet das für Lahm und den Rekordmeister?

FC Bayern München: Pressestimmen zum Karriereende von Philipp Lahm
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Pressestimmen zu Lahms Karriereende

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Foto: dpa, ade fdt nic

Was wird aus Lahm?

Philipp Lahm wird ab Juli Deutschlands berühmtester Frührentner. Der Rücktritt des 33-Jährigen von der Fußballbühne wirkt wohl durchdacht, ist definitiv keine Bauchentscheidung. Lahm wird die Freizeit dazu nutzen, sich auf seine zweite Karriere vorzubereiten. Diese soll dennoch beim FC Bayern liegen, Lahm könnte 2019 Karl-Heinz Rummenigge als Vorstandsvorsitzenden beerben. Präsident Uli Hoeneß hält ihm die Türe offen, sagt: "Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages beim FC Bayern arbeitet." Rummenigge äußerte sich wortgleich, fügte jedoch hinzu, dass der Klub über Lahms Vorgehen überrascht sei.

Warum will Lahm nicht Sportdirektor werden?

Die Bayern haben Lahm lediglich den Posten des Sportdirektors à la Christian Nerlinger im Jahre 2009 angeboten. Das war Lahm zu wenig, er wollte einen Sitz im Vorstand haben. Hoeneß sagt dazu: "Bei uns im Aufsichtsrat sitzen Dax-Vorstände. Für die kommt nicht infrage, dass jemand ohne Berufserfahrung im Vorstand anfängt. Auch Christian Nerlinger war Sportdirektor und nicht Vorstand. Bei Matthias Sammer war das anders. Er war vorher beim DFB", sagte Hoeneß der "WAZ". Lahms Seite sah das wohl anders — und deshalb gibt es wohl auch Verstimmungen. Dazu passt ins Bild, dass Hoeneß im ARD-Interview am Dienstagabend sagte, dass noch keine Entscheidung in der Personalie Lahm gefallen sei. Man habe sich besprochen. Minuten später informierte Lahm dann die Öffentlichkeit in der Mixed Zone über seinen Schritt. Lahm selbst soll einen Vorstandsposten wie ihn Matthias Sammer innehatte favorisiert haben. Hoeneß kontert nun, dass er und die Bayern nicht überrumpelt wurden, sondern schon seit Freitag Bescheid wussten. Das Vorgehen Lahms war jedenfalls nicht mit den Bayern abgesprochen.

Waum erfüllt Lahm seinen Vertrag bis 2018 als Spieler nicht?

Lahm sagt: "Ich sehe meinen Führungsstil auch in der Art, dass ich jeden Tag das Beste gebe, dass ich im Training alles gebe, in jedem Spiel. Ich glaube, dass ich fähig bin, das noch diese Saison abzuliefern, aber nicht darüber hinaus." Ob Lahm auch aufgehört hätte, wenn Pep Guardiola noch das Sagen bei den Bayern hätte? Zumindest darf das stark bezweifelt werden. Guardiola hatte Lahm ins zentrale Mittelfeld beordert, um ihm das laufintensive Spiel des Außenverteidigers zu ersparen. Carlo Ancelotti sieht das anders, setzte Lahm in der laufenden Spielzeit fast ausschließlich als Rechtsverteidiger ein. Lahms sportlicher Ehrgeiz ist zwar noch vorhanden, doch nach dem WM-Titel 2014 und dem Gewinn der Champions League 2013 hat er seine Karriere längst gekrönt, zudem scheint ihm momentan der Glaube an weitere Triumphe in der Champions League zu fehlen.

Wer wird jetzt Sportdirektor oder Sportvorstand?

Lahm, der mit einem Interview in der "Süddeutschen Zeitung" 2009 den Verein aufrüttelte und auch dafür verantwortlich ist, dass die Bayern seit dieser Zeit einen spielerischen Wiedererkennungswert besitzen, wird es nicht. Die Kandidatenliste ist überschaubar. Max Eberl von Borussia Mönchengladbach wird als Nachfolger gehandelt. Es spricht einiges für Eberl, der von 1979 bis 1994 bei den Bayern spielte. Neben dem Stallgeruch verfügt er über ein gutes Verhältnis zu den Bayern und hat in Gladbach bewiesen, dass er in der ersten Reihe eines Bundesligisten erfolgreich arbeiten kann. Doch reicht es Eberl, in Gladbach unumstrittener Boss in sportlichen Fragen, bei den Bayern lediglich einer unter vielen zu sein? Ist seine Arbeit in Mönchengladbach schon abgeschlossen? Gegenüber unserer Redaktion wollte sich Eberl nicht zu den neuen Entwicklungen äußern.

Klaus Allofs verfügt über noch größere sportliche Erfolge, wirkt jedoch auch beschädigt nach seinem Abgang in Wolfsburg. Er verfügt jedenfalls über ein großes Netzwerk und würde sich auch in der Riege der bayerischen Alphatiere behaupten. Ein weiterer Kandidat ist Stefan Reuter. Der ehemalige Bayernspieler arbeitet seit 2012 als Geschäftsführer Sport beim FC Augsburg, hat seinen Vertrag jedoch unlängst bis 2020 verlängert. Hansi Flick, von 1985 bis 1990 als Spieler bei den Bayern, kündigte gerade seinen Vertrag beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit dem Hinweis, dass er sich mehr Zeit für die Familie nehmen wolle. Ein Angebot des FC Bayern würde er aber wohl kaum ausschlagen. Mit DFB-Vorgänger Sammer haben die Bayern gute Erfahrungen gemacht. Allerdings ist Flick ein ganz anderer Typ als Sammer. Oliver Kahn könnte ebenfalls in der Verlosung sein. Die Bayern-Ikone ist derzeit als Experte beim ZDF angestellt, hatte aber schon immer mit einem Wechsel ins Fußball-Management geliebäugelt. Kahn ist seriöser geworden, wäre vermittelbar, müsste sich aber per Definition auch mit dem Posten des kleinen Sportdirektors zufrieden geben.

Wer wird neuer Kapitän?

Die geringste Sorge der Bayern derzeit. Wie schon in der Nationalmannschaft kommen einige Spieler als Nachfolger für Kapitän Lahm in Frage. Logischer Nachfolger wäre — wie schon beim DFB nach dem Rücktritt von Bastian Schweinsteiger — Manuel Neuer. Aber auch Jerome Boateng, Mats Hummels, Thgomas Müller oder Arjen Robben wären geeignete Kandidaten. Es spricht aber vieles für Neuer.

Wer ersetzt Lahm beim FC Bayern auf dem Platz?

Eine interne Lösung heißt Joshua Kimmich, der zuletzt auch schon in der Nationalelf als Lahms Erbe rechts in der Viererkette aufgeboten wurde. Sollten die Bayern langfristig mit Kimmich in der Mittelfeldzentrale planen, müsste ein Zugang transferiert werden. Oder der Noch-Hoffenheimer Sebastian Rudy, der im Sommer ablösefrei seinen Dienst an der Säbener Straße antritt, wird dauerhaft auf die Rechtsverteidigerposition versetzt. Spieler, die ins Anforderungsprofil des Rekordmeisters passen, gibt es nur wenige. Die Spanier Hector Bellerin (FC Arsenal), Dani Carvajal (Real Madrid) wären interessant, dürften jedoch aufgrund ihrer Vertragslaufzeiten bis 2023 und 2020 nicht unter 50 Millionen Euro Ablöse zu haben sein.

(can)
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