Talent beim FC Bayern Renato Sanches wartet auf den Durchbruch

München · Renato Sanches war im Sommer der teuerste Transfer der Bundesliga. Der mittlerweile 19-Jährige wechselte für 35 Millionen Euro aus Lissabon zum FC Bayern, konnte die hohen Erwartungen bislang aber nicht einmal ansatzweise erfüllen. Wann startet das Mega-Talent durch?

FC Bayern München: Das ist Renato Sanches
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Das ist Renato Sanches

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Foto: afp, CS

Renato Sanches spielt seit eineinhalb Jahren professionell Fußball und hat einen kometenhaften Aufstieg hinter sich. In der vergangenen Saison ging sein Stern im Weltfußball auf, der Neuling erkämpfte sich auf Anhieb beim portugiesischen Spitzenklub Benfica Lissabon einen Stammplatz und spielte auch in der Champions League so stark, dass der FC Bayern, der sich im Viertelfinale über 180 Minuten selbst ein Bild von Sanches machen konnte, schon vor der EM 35 Millionen Euro in den Jungstar investierte. Eine stattliche Summe, schließlich war der gestandene Weltmeister Mats Hummels im Sommer genauso teuer.

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Nicht nur wegen seiner Rastalocken und des dunklen Teints wurde er auf Anhieb mit dem ehemaligen niederländischen Star Edgar Davids verglichen. Trotz seines jungen Alters wirkte er schon wie ein nahezu kompletter Spieler. Seine Technik und vor allem seine Physis machen ihn zu einem vielseitig einsetzbaren Mittelfeldspieler. In Lissabon kurbelte er das Spiel seiner Mannschaft an, verteilte die Bälle und setzte die gegnerische Mannschaft mit seiner Aggressivität und Laufbereitschaft unter Druck. Manchmal agierte Sanches dabei zu aggressiv, zu überhastet. Zudem traf er nicht immer die richtige Entscheidung, was seiner Jugend geschuldet war.

Bei der EM in Frankreich spielte der Mittelfeldspieler dann ebenfalls groß auf, war maßgeblich am Titelgewinn der Portugiesen beteiligt. Den Bayern schien ein ganz dicker Fisch ins Netz gegangen zu sein. Ein halbes Jahr später steht Sanches in München verstärkt in der Kritik. Das böse Wort Fehleinkauf macht schon leise die Runde, dabei ist es mehr als verständlich, dass die Karriere etwas ins Stocken gerät.

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Sanches findet sich plötzlich in einem fremden Land wieder, spricht die Landessprache nicht und ist deshalb fast automatisch isoliert. Sportlich fehlen ihm merklich Selbstvertrauen und Spielpraxis. Der "Bild" schüttete er im Dezember sein Herz aus: "Ich brauche noch, um mich an die Kälte zu gewöhnen. Lissabon und München sind sehr unterschiedlich. Hier ist es viel kälter als in Portugal, aber ich mag die Stadt sehr." Sportlich sieht sich Sanches auf dem richtigen Weg: "Der Unterschied zur portugiesischen Liga ist vor allem taktisch und physisch. Ich werde aber immer selbstbewusster. Mit jedem Tag gewöhne ich mich mehr an das Team und den Verein."

Doch beim Auftakt in das Fußball-Jahr 2017 beim SC Freiburg saß Sanches 90 Minuten auf der Ersatzbank. Mal wieder. Erst neun Mal durfte der Portugiese in 17 Bundesligaspielen überhaupt für die Bayern ran, ganze 336 Minuten stand er dabei auf dem Platz, kein einziges Spiel absolvierte er über die vollen 90 Minuten. Und wenn er dann doch einmal im Bayern-Trikot spielt, ist Sanches kaum noch wiederzuerkennen. Nur wenig erinnerte in seinen ersten Auftritten für die Münchner an den jungen Spieler, der zum Jahresende mit dem "Golden Boy Award", die international wichtigste Auszeichnung für Nachwuchsspieler, geehrt wurde. Sanches wirkt bei seinen bisherigen Auftritten für den deutschen Rekordmeister gehemmt, spielt viele unnötige Fehlpässe und geht verkrampft in die Zweikämpfe. Gerade einmal 41 Prozent seiner direkten Duelle entschied er für sich.

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Foto: dpa, Andreas Gebert

Große Konkurrenz und taktische Überforderung

Beobachter des Bayern-Trainingslagers in Doha (Katar) stellten zudem fest, dass der junge Portugiese taktisch überfordert wirkte. Dieses Defizit soll Trainer Carlo Ancelotti ausmerzen. Der Italiener zeigte sich im Sommer begeistert über Sanches, nannte ihn während der EM ein "Phänomen". Doch die Konkurrenz im zentralen Mittelfeld der Bayern ist derzeit noch eine Nummer zu groß für ihn. An Xabi Alonso, Arturo Vidal, Joshua Kimmich und Thiago Alcantara kommt er noch nicht vorbei. Selbst die Verletzungen von Thiago und Vidal spülen den Youngster nicht automatisch in die Startelf.

Sanches' Talent ist unbestritten, doch er muss es langsam auch in München beweisen. Sein Vertrag läuft zwar über fünf Spielzeiten, doch Zeit ist im schnelllebigen Fußballgeschäft ein rares Gut. Auch wenn die Bayern Großes mit ihm vorhaben. So sollen in Sanches' Vertrag Sonderzahlungen für die Auszeichnung zum Weltfußballer vereinbart worden sein. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.

(can)
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