Beeindruckendes Ringen zweier Spitzenteams BVB gegen die Bayern "prädestiniert für eine Explosion"

Nachher ist vorher: Das 0:0 war für Bayern München mehr wert als für Borussia Dortmund, für die Bundesliga war es vor allem Gold wert.

Borussia Dortmund - FC Bayern München: die Bilder des Spiels
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Dortmund - Bayern

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Thomas Tuchel und Pep Guardiola schlenderten Arm in Arm an den BVB-Trophäen der Vergangenheit vorbei, im Aufzug abwärts folgte die ganz persönliche Nachbesprechung. Tuchel hüpfte und stellte wichtige Szenen nach, Guardiola schlug sich mit der Hand an die Stirn und lachte an der Schulter eines Leibwächters. Die beiden Trainer, die sich so sehr schätzen, verabschiedeten sich im Wissen: Nachher ist vorher - das 0:0 im Topspiel bei Borussia Dortmund hilft nur Bayern München.

"Sie haben viel probiert, aber eben nicht gegen Osterhasen gespielt, sondern gegen den FC Bayern", sagte Thomas Müller nach dem intensiven Spiel der Spiele schelmisch. Der Weltmeister hielt sich in der Bewertung des Fünf-Punkte-Vorsprungs aber zurück: "Es nichts entschieden."

In der Chefetage dagegen wird emsig gerechnet. Borussia Dortmund werde von den neun ausstehenden Ligaspielen "sieben bis acht gewinnen", vermutete Sportvorstand Matthias Sammer. "Wir wissen also, was wir zu tun haben." Der BVB glaubt auch gar nicht mehr so richtig an eine Aufholjagd: "Fünf Punkte sind nicht unmöglich. Aber es wird schwer", sagte Ilkay Gündogan.

FC Bayern München: Pep Guardiola nimmt sich Joshua Kimmich zur Brust
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Guardiola nimmt sich Kimmich zur Brust

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Foto: dpa, hpl wst sam ase

Das Spiel ließ 81.359 Zuschauer in der Dortmunder Arena begeistert, phasenweise staunend, aber auch irritiert zurück. Das Tor, das ein beeindruckendes Ringen zweier Spitzenmannschaften zu einem epischen Fußballfest hätte erheben können, fiel nicht. "Es war prädestiniert für eine Explosion. Aber der Kracher ist nicht hochgegangen", sagte Sammer treffend. Es war wie ein Schwergewichtsfight ohne Knockout oder Sieger.

Vor allem verwunderte, dass der BVB selbst in der Schlussphase das letzte Risiko mied. Obwohl es nichts zu verlieren gab, besonders angesichts von 17 Punkten Vorsprung auf den vierten Tabellenplatz, gab es keinen Versuch mit der Brechstange.

Douglas Costa vom FC Bayern München scheitert an Borussia Dortmunds Roman Bürki
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Bayerns Costa scheitert frei vor Dortmunds Bürki

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Dazu passte Thomas Tuchels Ansicht des Spiels. Allerhand Lob wurde mit Sammer und Pep Guardiola ausgetauscht, das schnöde Ergebnis beschrieb Tuchel mindestens fünfmal mit einem Begriff: "Egal. Es ist mir egal. Jetzt sind es fünf Punkte. Egal! Es ist ja völlig egal, ob es zwei, fünf oder acht Punkte sind", betonte er. Und für jene, die es noch nicht verstanden hatten: "Es ist egal."

Der BVB-Trainer wollte lieber die Leistung seiner Mannschaft gewürdigt sehen. "Wir haben abgeliefert ohne Ende, die Grenzen verschoben. Es war ein Genuss, dieses unglaublich gute Spiel zu coachen. Ich hätte es mit keiner anderen Mannschaft spielen wollen als mit meiner." Noch zwei von sechs (!) englischen Wochen in Serie folgen, am Donnerstag (21.05 Uhr/Sky) geht es in der Europa League gegen Tottenham Hotspur weiter. "Wir müssen Hunger, Leidenschaft und Tempo halten", fordert Tuchel.

Das erwarten auch die Bayern-Funktionäre von ihrer Mannschaft, in einer Saison, in der alles möglich ist. Das Triple aber sei "selten wie eine Blaue Mauritius", sagte Karl-Heinz Rummenigge mit philatelistischer Expertise.

Die Spannung muss gehalten werden - auch in der Meisterschaft. Vielleicht ist das für den Münchner Saisonverlauf in allen Wettbewerben gar nicht übel. Mit drei Tagen "Verspätung" wurde Sammer jedenfalls überaus deutlich, was das 1:2 gegen den FSV Mainz 05 angeht: "Wenn wir in den Mainz-Modus fallen, wird es sehr eng. Ich weiß nicht, was die Mannschaft geritten hat. Das war eine Vollkatastrophe."

Diesmal gab es kein Gegentor, was auch an der exzellenten Leistung des Aushilfs-Innenverteidigers Joshua Kimmich lag. Sekunden nach dem Abpfiff erhielt der 21-Jährige von seinem Trainer noch eine intensive Taktik-Lektion. "Ich liebe diesen Jungen! Er hat alles, er kann alles", schwärmte Guardiola, "Wahnsinn, Wahnsinn."

Von Tuchel trennte sich der Spanier nach der Aufzugfahrt mit einem Fauststoß vor die Brust. Die Königsetappe hat der FC Bayern schadlos überstanden - aber vielleicht sieht man sich ja im DFB-Pokal-Finale wieder.

(sid)
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