Sportlicher Absturz des Nationaltorwarts Die Zukunft von Tim Wiese: Pferde züchten statt Bundesliga?

Frankfurt/Main · Einst lockte angeblich Real Madrid, jetzt hängt die Karriere von Tim Wiese irgendwo in der Kraichgauer Provinz am seidenen Faden.

 Tim Wieses Zukunft ist ungeklärt.

Tim Wieses Zukunft ist ungeklärt.

Foto: dpa, Uwe Anspach

Als Frührentner in spe könnte sich Tim Wiese eigentlich schon jetzt seinem Wunschtraum widmen. "Zurückgezogen leben und Pferde züchten", schrieb der ehemalige Nationaltorwart mal auf die Frage nach seinen Vorstellungen zum Lebensabend. Ob der immer noch erst 32-Jährige nach seinem endgültigen Aus beim Fußball-Bundesligisten 1899 Hoffenheim die Schuhe aber an den Nagel hängt, ist (noch) völlig offen.

"Darüber mache ich mir in den nächsten Wochen erst mal keine Gedanken", sagte der sonst so extrovertierte Keeper der "Bild". Zusammen mit seiner Familie will er "den Blick nach vorne richten und meine Zukunft in aller Ruhe überdenken". Wieses Berater Roger Wittmann sprach bei "Sport1" gar von Erlösung. "Das ist alles noch sehr frisch, und Tim muss das alles mal wieder beginnen zu fühlen. Das ist nicht leicht für den Jungen", sagte er: "Tim ist jetzt natürlich erlöst von allem."

Finanziell ausgesorgt

Aus finanziellen Gründen muss Wiese nicht unbedingt in ein (Bundesliga-)Tor zurückkehren. Die Auflösung seines eigentlich noch bis 2016 laufenden Vertrages, das Ende eines 569 Tage andauernden Missverständnisses, wurde angeblich mit sechs Millionen Euro versüßt. Ein solches Ende seiner lange erfolgreichen Karriere dürfte aber gerade Wiese nicht so stehen lassen wollen.

Als etablierte Nummer drei im Tor der Nationalmannschaft war der gebürtige Bergisch Gladbacher im Sommer 2012 in den beschaulichen Kraichgau gekommen, um das Millionen-Projekt TSG 1899 in den Europapokal zu befördern. Angeblich lockten zur gleichen Zeit deutlich glanzvollere Klubs aus Spanien und Italien, Wiese selbst sprach von Real Madrid. Seine Entscheidung für den Provinzklub machte ihn sympathisch. Im Tor von Werder Bremen war er zuvor jahrelang von den gegnerischen Fans für sein oft provozierendes Gehabe verspottet worden.

Aber es funktionierte nicht. Nach der katastrophalen Saison 2012/13, in der Wiese erst Hoffnungsträger, dann Kapitän und letztendlich einer der Hauptschuldigen für den Absturz war, landete er zusammen mit anderen "Altlasten" in der "Trainingsgruppe 2". Der Routinier, der 269 Bundesliga- und 55 Europacupspiele absolvierte und für Deutschland mal mit der Nummer 1 aufgelaufen war, passte nicht mehr ins Konzept.

Zenit überschritten?

Nur mitleidig lächelnd wurden Wieses Bekundungen, der Mannschaft wieder helfen zu wollen und jederzeit ins Tor zurückkehren zu können, zur Kenntnis genommen. Bei seinem Ex-Verein in Bremen, wo durchaus ein guter Torhüter hätte gebraucht werden können, hieß es im September: "Er hat seinen Zenit schon etwas überschritten". Für einen Torhüter ein Schlag ins Gesicht.

Seine positivste Charaktereigenschaft, er selbst sagt "Ehrgeiz", wird Wiese in den kommenden Wochen unter Beweis stellen müssen. Wegen seiner kleinen Tochter, die im Kraichgau in die Schule geht, bleibt der Keeper zunächt in Rauenberg wohnen. Pferdekoppeln gibt es dort zur Genüge.

(sid)
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