Peking China-Crash trifft deutsche Autobauer

Peking · Der Börsencrash hat viele Privatanleger in China getroffen. Nun fehlt ihnen das Geld für teure Anschaffungen wie einen BMW oder VW. Die deutschen Autobauer rechnen mit Einbußen, die Aktienkurse gingen bereits auf Talfahrt.

Der Kursrutsch am chinesischen Aktienmarkt ist für die Autobauer ein herber Rückschlag auf dem weltgrößten Pkw-Markt. Schon länger macht die Abkühlung der Nachfrage ihnen Sorgen, doch der jüngste Crash verschärft die Lage: Da in China sehr viel mehr Privatanleger an der Börse spekulieren als etwa in Deutschland, haben viele Verbraucher gerade viel Geld verloren. Das fehlt nun, um es in größere Anschaffungen wie einen teuren Wagen von Audi, BMW oder Mercedes-Benz zu stecken.

Autoexperte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler erwartet eine Berg- und Talfahrt auf dem chinesischen Automarkt: "Ich rechne mit bis zu zwölf Monaten, in denen der Pkw-Markt zwischen einem leichten Plus und minus fünf Prozent hin- und herpendeln wird."

Binnen drei Wochen verlor der Shanghaier Aktienmarkt rund ein Drittel seines Wertes. Anders als in Europa oder den USA werden in China rund 85 Prozent der Transaktionen am Aktienmarkt von Privatpersonen getätigt. "Das heißt, der Börsencrash trifft tatsächlich die Masse der Konsumenten", erläutert Pieper. "Der Chinese wird nun täglich seine Vermögenssituation überprüfen und möglicherweise feststellen, dass er 20 oder 30 Prozent verloren hat." Das dämpfe die Konsumbereitschaft.

Seit einiger Zeit hängen dunkle Wolken über dem Autoparadies China: Nach Jahren mit sagenhaften zweistelligen Wachstumsraten kühlte der Markt deutlich ab, die Kunden forderten Rabatte, und die Autobauer machen sich seither mit einem Preiskampf das Leben schwer. Dazu schreckte der Kampf der Regierung gegen Korruption Kunden wie Konzerne auf. Mit einem dicken neuen Auto will da keiner Argwohn auf sich ziehen.

Die Verunsicherung der Kundschaft hat massive Folgen für die Autobauer: Sie können sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Nachfrage nach glitzernden Karossen in den großen Städten an Chinas Ostküste weiter nur eine Richtung kennt - nach oben. Noch hält der deutsche Branchenverband VDA an seiner Prognose fest, wonach der Pkw-Absatz in diesem Jahr um sechs Prozent auf knapp 19,5 Millionen Neuwagen klettern soll. Die Ziele könnten sich jedoch schon bald als Makulatur erweisen.

"Die Autobauer werden sicher an der ein oder anderen Stelle innehalten und Investitionen überprüfen", glaubt Peter Fuß von der Unternehmensberatung EY (früher Ernst&Young). Die Pläne seien jedoch in der Regel langfristig angelegt und könnten nicht schnell gestoppt werden. "Das trifft viele Hersteller kalt, die sich auf weiteres Wachstum eingestellt haben", sagt der Autoexperte.

Vor allem Volkswagen setzt stark auf China. Europas größter Autobauer hat in der Volksrepublik in den vergangenen Jahren zahlreiche Fabriken hochgezogen und schlägt mehr als ein Drittel seiner Fahrzeuge dort los. Einen großen Teil des Gewinns fahren die Wolfsburger in China ein. Experten warnen schon seit längerem, der Wolfsburger Autobauer sei zu abhängig vom chinesischen Markt geworden. Das könnte sich nun rächen, wenn das Wachstum nachlässt.

Auch bei den Oberklasse-Herstellern werden die Stimmen verhaltener. Das Wachstum in China verlangsame sich, sagte Jörg Burzer, Einkaufschef von Daimler in China. Auch BMW geht davon aus, dass die Marktabschwächung in China das Premiumsegment stärker treffen wird als den Gesamtmarkt. Bei der VW-Tochter Audi, Platzhirsch unter den Oberklasseautobauern in China, war der Absatz im Mai zum ersten Mal seit Februar 2013 zurückgegangen. Damit werden die Zeiten für die Autobauer in der Volksrepublik unsicherer: Ihre Aktienkurse gingen bereits auf Talfahrt.

(rtr)
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