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Thema Fleisch Der Weg des Schweins vom Stall ins Regal

Düsseldorf · In diesen Tagen haben Discounter wieder die Fleischpreise gesenkt, doch den Konsum steigert das nicht. Eine Analyse zeigt: Der Fleischverbrauch stagniert, fünf Unternehmen dominieren das Geschäft. Biofleisch spielt keine große Rolle.

Die Zeiten, in denen sich die Menschen nur einmal wöchentlich den Sonntagsbraten leisten konnten, sind lange vorbei. Heute essen viele fast täglich Fleisch: morgens als Wurst, mittags oder abends als Hauptspeise. Doch immer mehr Deutsche reduzieren ihren Fleischkonsum. In Deutschland nahm der Fleischverbrauch 2012 um zwei Kilo pro Kopf ab. Gleichzeitig avanciert die Bundesrepublik zu Europas größtem Schlachthaus. Mit über 58 Millionen geschlachteten Schweinen jährlich liegt Deutschland an der Spitze der europäischen Fleischproduzenten. Bei Rindern belegen wir mit 3,2 Millionen Tieren Platz zwei.

Wie viele Tiere werden geschlachtet? Hierzulande sind es jährlich 735 Millionen Tiere. Das geht aus dem Fleischatlas vom Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund), der Heinrich-Böll-Stiftung und der französischen Zeitung "Le Monde diplomatique" hervor. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2013 knapp 8,1 Millionen Tonnen Fleisch erzeugt (plus 0,4 Prozent).

Wer sind die deutschen Schlachter? Etwa 350 Schlachthöfe gibt es bundesweit, die drei größten Unternehmen Tönnies, Vion und Westfleisch verarbeiten über 55 Prozent der Schweine. Bei den Rindern teilen sich die fünf größten Unternehmen etwa die Hälfte des Marktes, Vion hat die Nase mit fast 25 Prozent vorn. Bei Geflügel ist die PHW- Gruppe, bekannt durch ihre Marke Wiesenhof, der Marktführer.

Woher kommt das Schlachtvieh? Die Tiere kommen nicht nur aus dem eigenen Land: Längst haben die Nachbarländer die Vorteile des Standortes Deutschland entdeckt. Hier sind die Löhne in den Schlachtbetrieben günstig: Viele Mitarbeiter kommen als Leiharbeiter aus Polen, Rumänien und Bulgarien. Sie haben Werkverträge. Bei Tönnies in Rheda ist weniger als die Hälfte der Belegschaft fest angestellt. 2010 war von einer Million Beschäftigter in der Landwirtschaft mehr als ein Drittel Leiharbeiter. Das spiegelt sich in der Schlachtindustrie wider. Geschäftsführer Clemens Tönnies verteidigt die Werkverträge: "An dem System zu zweifeln, würde der Branche das Genick brechen." Es gäbe nicht genügend Arbeitskräfte im eigenen Land.

Gibt es Probleme mit Lohn-Dumping? Im europäischen Ausland ist die Rede vom deutschen Lohn-Dumping. 2013 haben einige Staaten Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt. Sie werfen deutschen Schlachtern vor, die Konkurrenz mit deutlich günstigeren Konditionen zu unterbieten. Besonders Dänemark und Frankreich wettern gegen die deutsche Schlachtindustrie. Vor kurzem verlangte die dänische EU-Parlamentarierin Christel Schaldemose eine Untersuchung. Denn im eigenen Land stehen derzeit 500 Arbeitsplätze in zwei Schlachtstätten von Danish Crown auf der Kippe.

Was verdienen die Leiharbeiter? Das wissen nicht einmal die Unternehmer: "Wir bezahlen nicht pro Stunde, sondern pro Gewerk, etwa für das Zerlegen einer bestimmten Anzahl von Schweinen innerhalb einer bestimmten Zeit", erklärt Tönnies. Ihr Gehalt beziehen Leiharbeiter von Subunternehmern. Deutsche Gewerkschaften gehen davon aus, dass viele Ungelernte weniger als fünf Euro die Stunde bekommen. Und die Subunternehmen sitzen meist im Ausland, wo Gewerkschaften keinen Zugriff haben.

Für wen produzieren die deutschen Schlachthöfe? Das Fleisch geht in die ganze Welt. Nach Asien gehen die "Chen"-Teile: Köpfchen, Schwänzchen, Schnäuzchen. Spare-Ribs gehen in die USA. Russland ist der größte Abnehmer von Schweinefleisch. Laut Verband der Fleischwirtschaft gehen 31 Prozent des Exports dorthin. Derzeit steht ein Lebensmittelskandal dem Export im Weg. Russland hat die Einfuhren aus der EU deutlich reduziert, nachdem in Litauen die Afrikanische Schweinepest (ASP) ausgebrochen war. ASP gilt für Menschen als ungefährlich, ist aber für Schweinebestände eine Bedrohung.

Steigt der Konsum von Biofleisch? Lebensmittelskandale lassen die Verbraucher vermeintlich zum Biofleisch greifen. Doch laut Fleischatlas ist in den meisten Ländern weniger als zwei Prozent des Fleisches aus biologischer Produktion. Denn Biofleisch ist oft doppelt so teuer wie Konventionelles. Zudem sind die Verbraucher skeptisch. Laut Bund sind die Strukturen der Fleischindustrie zu undurchsichtig. Die Konsumenten stehen den Kontrollmechanismen skeptisch gegenüber.

(RP)
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