Mülheim Die letzten Züge im Kaiser's-Schach

Mülheim · Seit Wochen streiten sich vor allem Tengelmann-Eigner Karl-Erivan Haub und Rewe-Chef Alain Caparros. Der Dritte im Bunde ist Edeka-Chef Markus Mosa. Jetzt wird unter der Vermittlung von Altkanzler Gerhard Schröder verhandelt.

Karl-Erivan Haub hat Oberwasser. Erst zog die Discountkette Norma ihre Beschwerde gegen die Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka zurück, dann der Einkaufsverbund Markant. Fehlt nur noch Rewe. Wobei "nur" einfacher klingt, als es ist. Denn Rewe-Chef Alain Caparros hat sich im Kampf um die Supermärkte bislang als härtester Widersacher des Tengelmann-Eigentümers erwiesen. Die beiden streiten seit Wochen, überhäufen sich mit Vorwürfen. Jetzt haben sie sich immerhin auf Altkanzler Gerhard Schröder als Schlichter geeinigt. Ob die Beteiligung des früheren Regierungschefs und eine Einladung von Caparros an die Kaiser's-Betriebsräte ein Zeichen dafür sind, dass der Rewe-Chef einlenkt?

Über die Fehde der beiden ist übrigens - zumindest öffentlich - in Vergessenheit geraten, dass Edeka-Chef Markus Mosa eine ebenso wichtige Rolle spielt. Und dann ist da noch der Bundeswirtschaftsminister. Die Hauptfiguren im Spiel, das in Schröder einen Schiedsrichter bekommen hat:

Karl-Erivan Haub Er ist der Sohn von Erivan Haub und führt Tengelmann in fünfter Generation, wirkt aber nicht mehr wie der Familienunternehmer, als der sein Vater galt - trotz Ausbildung im eigenen Haus und 25 Jahren Konzernerfahrung. Haub junior (56) hat unter anderem für McKinsey gearbeitet, Tengelmann umgebaut und sieht sich als einer der führenden Wagniskapitalgeber für digitale Start-ups. Klassischer Lebensmittelhandel passt seit Jahren nicht mehr in die Strategie. Folge: Der Eigentümer hat es versäumt, rechtzeitig in Deutschlands einst größte Supermarktkette Kaiser's zu investieren. Folge: Sie schreibt tiefrote Zahlen. Daher will Haub verkaufen. Lange Zeit schien der Deal mit Edeka fast unmöglich, doch auf den letzten Metern machte der Marathonläufer Haub Boden gut. Ein Asket, dessen Familie mit einem geschätzten Vermögen von mehr als drei Milliarden Euro zu den reichsten deutschen Clans gehört.

Alain Caparros Das Gegenteil von Haub. Genussmensch, impulsiv, extrovertiert. Der Rewe-Chef (60) wurde in Algerien geboren, floh als Sechsjähriger mit seinen Eltern nach Lothringen, gilt als Selfmade-Millionär. Ein Mann, der bei allem Stress, der dem Job eines Konzernmanagers innewohnt, das Ende seiner beruflichen Karriere im Blick und die Work-Life-Balance nicht aus den Augen verloren hat.

Im Kaiser's-Poker wirkt Caparros, der zur feinen Ironie neigt, gegenwärtig extrem angespannt. Er wollte den Deal zwischen Edeka und Tengelmann auf keinen Fall, denn das würde den Rückstand des Branchenzweiten Rewe auf Marktführer Edeka weiter vergrößern. Wie viel Geld ihm die Konkurrenten bieten würden, damit er nachgibt, bleibt offen.

Markus Mosa In der öffentlichen Wahrnehmung ist Mosa der große Unbekannte, obwohl ohne Edeka in dem Übernahmekampf nichts geht. Haub ist auf ihn angewiesen, wenn er Kaiser's als Ganzes verkaufen will (eine Komplettübernahme durch Rewe hat Tengelmann kategorisch abgelehnt), Rewe braucht für eine Lösung Edeka genauso wie umgekehrt die Hamburger die Kölner. Mosa ist nicht halb so schillernd wie die beiden anderen (Urteil eines Branchenkenners: "Mehr Nüchternheit geht nicht") - was manchen wundert, weil der gebürtige Brühler, der im Dezember 50 wird, gleichzeitig der Mann ist, der so manch ungewöhnlichen Edeka-Werbespot abgenickt hat. Den schrägen Humor sieht man ihm nicht an.

Sigmar Gabriel Der Bundeswirtschaftsminister (57) wollte mit seiner Erlaubnis den Edeka-Tengelmann-Deal möglich machen. Geht der Deal durch, wird Gabriel als jener gelten, der an der Rettung von mehr als 15.000 Arbeitsplätzen beteiligt ist. Wenn nicht, als der Politiker, dessen Ministererlaubnis krachend gescheitert ist. Das könnte Stimmen im Wahlkampf kosten. Allein deshalb wäre er schon glücklich, wenn auch Rewe die Beschwerde zurückzöge.

(RP)
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