Berlin genehmigt Verlängerung Das deutsche Wundermittel Kurzarbeit

Berlin · Die Möglichkeit für Betriebe, ihre Mitarbeiter – unterstützt mit Geldern der Bundesagentur für Arbeit – weniger arbeiten zu lassen, gilt international als eine Art Geheimrezept der Deutschen. Es hatte bereits während der Finanzkrise geholfen. Auch jetzt gehen einige Betriebe wieder zu der Maßnahme über. Eine Analyse.

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Die Möglichkeit für Betriebe, ihre Mitarbeiter — unterstützt mit Geldern der Bundesagentur für Arbeit — weniger arbeiten zu lassen, gilt international als eine Art Geheimrezept der Deutschen. Es hatte bereits während der Finanzkrise geholfen. Auch jetzt gehen einige Betriebe wieder zu der Maßnahme über. Eine Analyse.

Die Konjunktureintrübung kommt mit eindeutigen Vorboten: Seit Monaten melden immer mehr Unternehmen Kurzarbeit an. Die Zahl der Beschäftigten, die dies betrifft, steigt kontinuierlich. Im Oktober zeigten Betriebe für rund 44.000 Beschäftigte an, dass sie demnächst in Kurzarbeit gehen werden. Höher war die Zahl zuletzt im Dezember 2010.

Die Kurzarbeit gilt international als eine Art Wundermittel der Deutschen, dank dessen sie relativ unbeschadet die wirtschaftlichen Folgen der weltweiten Finanzkrise mildern konnten. In konjunkturell schwierigen Zeiten können Firmen für bis zu sechs Monate auf Kurzarbeit umstellen. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt den Beschäftigten 60 Prozent des entgangenen Lohns.

In den Monaten der schweren Krise 2009 hatte die damalige große Koalition das Kurzarbeitergeld auf bis zu 24 Monate ausgeweitet. Für die Betriebe hatte dies den Vorteil, dass sie trotz der extrem schlechten Auftragslage kaum Mitarbeiter entlassen mussten. In dem Moment, da die Konjunktur wieder anzog, waren die Fachkräfte sofort einsatzbereit, um die neuen Aufträge zu erfüllen. Die Industrie konnte von einem auf den anderen Monat wieder auf "volle Fahrt voraus" schalten.

Weniger Belastung für die Sozialkassen

Ohne diese Möglichkeit wäre es wahrscheinlich auch in Deutschland, insbesondere in den westdeutschen Bundesländern mit ihren großen Industriebetrieben, zu Massenentlassungen gekommen. Die Volkswirtschaft hat von der Kurzarbeit doppelt profitiert: Im Aufschwung konnte schnell und effizient weiterproduziert werden, zugleich wurde eine übermäßige Belastung der Sozialkassen verhindert. Die Kurzarbeit ist zwar bei der Arbeitsagentur zu Buche geschlagen. Doch dank der anhaltend hohen Beschäftigtenzahlen stehen Rentenversicherung und Krankenkassen derzeit so gut da, wie es seit den 90er Jahren nicht mehr der Fall war.

Als ein Seismograf für konjunkturelle Eintrübung gilt eben die Zahl der Beschäftigten, für die Betriebe Kurzarbeit bei der Bundesagentur anmelden. Derzeit sind die Anzeigen für Kurzarbeit noch weit von den harten Krisenjahren entfernt. 2009 mussten die Unternehmen in den Spitzenmonaten für mehr als 200.000 Beschäftigte pro Monat Kurzarbeit anzeigen.

Arbeitgeber und Gewerkschaften fordern wegen der zurückgegangenen Auftragslage nun wieder, die Kurzarbeit über die üblichen sechs Monate hinaus zu verlängern. Und die Regierung tut ihnen den Gefallen: Künftig sind zwölf statt sechs Monate Kurzarbeitergeld möglich.

Berlin hat am Mittwoch Vorkehrungen für eine rasche Ausweitung des Kurzarbeitergeldes im Falle einer konjunkturellen Eintrübung getroffen. Der Bundesminister für Wirtschaft, Philipp Rösler (FDP), und seine Kollegin aus dem Arbeitsressort, Ursula von der Leyen (CDU), verständigten sich auf eine vorsorgliche Verlängerung des Kurzarbeitergeldes auf zwölf Monate, wie Sprecher beider Ministerien der dapd bestätigten.

Davon profitierten vor allem die Großen: Denn wenn schon eine Niederlassung sechs Monate Kurzarbeit absolviert hatte, konnten die anderen Niederlassungen des Unternehmens, die anschließend in Kurzarbeit gingen, sofort von den Sozialbeiträgen befreit werden.

3000 Kurzarbeiter bei ThyssenKrupp

Das Bochumer Opel-Werk steht wegen der zuletzt dramatisch eingebrochenen Nachfrage nach Neuwagen vor dem Aus. ThyssenKrupp lässt aktuell 3000 Stahlarbeiter vor allem in Duisburg kurzarbeiten. Nach aktueller Rechtslage endet die Förderung der ThyssenKrupp-Kurzarbeiter im kommenden Januar. Es gilt als unwahrscheinlich, dass ThyssenKrupp die 3000 Stahlarbeiter über den Januar hinaus aus eigener Kraft in Arbeit halten kann, weil der Konzern in einer schweren Krise steckt und die weltweite Stahlproduktion zudem unter massiven Überkapazitäten leidet.

(qua/kes/tor)
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