Flatrate für Fahrer Autobauer experimentieren mit Abo-Modellen

Göteborg/Duisburg · Handy, Musik, Heimkino - Verbraucher können vieles heute mit einer Flatrate nutzen. Abo-Modelle sind weit verbreitet. Jetzt experimentieren auch die Autohersteller damit. Ist das sinnvoll für die Kunden?

 Das Auto im Abo: Das Programm Care by Volvo will den neuen XC40 auch auf diesem Wege an die Kunden bringen.

Das Auto im Abo: Das Programm Care by Volvo will den neuen XC40 auch auf diesem Wege an die Kunden bringen.

Foto: dpa, loe

Des einen Freud, des anderen Leid - während sich manche Menschen ganze Samstage lang bei Autohändlern aufhalten können, ist der Kauf eines Neuwagens für andere ein Graus. Erstens, weil sie vergleichen und handeln müssen. Und zweitens, weil sie dabei Entscheidungen mit einer gewissen Tragweite treffen müssen. Doch damit ist es womöglich bald vorbei.

Denn getrieben von den Technologie- und Online-Konzernen experimentieren die Autohersteller mit neuen Vertriebsmodellen: So, wie man seine Musik im Streamingdienst abonniert, am Smartphone mit einer Flatrate surft und telefoniert und seine Filme on demand anschaut, so wollen sie auch die Autonutzung radikal vereinfachen. Monatliche Fixbeträge für einzelne Modelle oder die ganze Modellpalette sollen Kunden locken und ihnen den Wechsel erleichtern.

"Die Autoindustrie muss sich bewegen und ihre Produkte auch in Zeiten des autonomen Fahrens irgendwie attraktiv halten, um sie an den Kunden bringen", sagt Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Von den bisherigen Angeboten in dieser Richtung ist er aber noch nicht ganz überzeugt.

Porsche bietet Monatsabos in Übersee an

Wie unsicher die Unternehmen noch sind, zeigt nicht zuletzt der kleine Maßstab, mit dem sie starten. So hat zum Beispiel Porsche im letzten Herbst sein Programm Passport vorgestellt. Dabei kann man sich im Paket Launch wahlweise aus Boxster, Cayman, Macan oder Cayenne und im Paket Accelerate aus 911-Varianten, Panamera oder den GTS-Versionen verschiedener Baureihen bedienen. Über eine App lässt sich das Auto jederzeit tauschen.

Das Abo wird monatlich abgeschlossen und umfasst Fahrzeugwechsel, unbegrenzte Kilometer und On-Demand-Zugriff auf bis zu 22 Porsche-Modelle, teilt der Hersteller mit. Doch die Sache hat zwei Haken: Erstens kosten die Pakete 2000 oder 3000 Dollar im Monat. Und zweitens gilt das Angebot zunächst nur in den USA und dort auch nur im Großraum Atlanta.

Ebenfalls jenseits des Atlantiks wollen auch BMW und Mercedes in diesem Jahr mit ersten Tests solcher Abo-Modelle beginnen, haben die Vertriebsverantwortlichen Anfang Januar auf der Motorshow in Detroit angekündigt. Ob und wann diese Dienste auch in Deutschland starten, haben sie dabei offengelassen.

Cadillac startet Pilotprojekt in München

Ausgerechnet die Importeure sind da schon weiter. So hat Cadillac in einem Pilotprojekt für den Großraum München das System Book für Deutschland angekündigt. Für eine noch nicht näher spezifizierte Monatspauschale sollen Kunden Zugriff auf ein knappes Dutzend Modelle vom Geländewagen Escalade bis zum Sportwagen Corvette haben. Die Auswahl trifft man auf dem Smartphone, die Überführung zum Einsatzort übernimmt ein Concierge-Service, erläutert Pressesprecher René Kreis.

Volvo bietet das Rundumsorglos-Paket an

Bei Volvo startet mit dem neuen Geländewagen XC40 eine Flatrate-Lösung namens Care by Volvo, wie Firmenchef Hakan Samuelsson erläutert. Das Programm soll Autonutzung so einfach machen wie den Handykauf. Zu einer fixen Monatsrate seien Kunden nicht nur alle 24 Monate in einem neuen Volvo unterwegs, sondern auch sorgenfrei: Zusätzliche Kosten für Steuern, Versicherungen, Wartung, Reparaturen, Winterbereifung, Räderwechsel und ­-einlagerung fielen nicht an. Je nach regionaler Verfügbarkeit lassen sich Dienstleistungen wie das regelmäßige Betanken oder die Autowäsche integrieren. Für den Firmenchef ist dies "das Mobilitätsmodell für die heutige Zeit".

Dudenhöffer hält solche Angebote eher für Marketing-Aktionen. "Aber im Leasing-Geschäft ist die Idee nicht neu." Die jetzigen Angebote mit einem spontanen Wechsel vom Cabrio zum SUV oder dem Sportwagen klängen zwar gut, seien aber in der Regel keine Schnäppchen. "Da holt man sich die Wunschautos deutlich billiger lieber bei Bedarf vom Vermieter."

Die Vorteile für Kunden sind da - aber teuer

Auch mit dem Leasing darf man solche Angebote nicht verwechseln, sagt Marketing-Experte Franz-Rudolf Esch. Denn außer den monatlichen Zahlungen gibt es keine Gemeinsamkeiten. Der Fokus beim Leasing liegt auf einem Modell, die Flatrate ermöglicht die Wahl aus allen Modellen eines Herstellers und auch den Wechsel beim Erscheinen eines neuen Modells. Das seien klare Vorteile, die man als Kunde allerdings teuer erkaufen müsse. So ist das Einstiegsabo bei Porsche fast dreimal so teuer wie das Leasen eines Boxsters.

Dennoch seien die Hersteller gut beraten, solche Konzepte auszuprobieren, sind die Experten überzeugt. Esch glaubt, dass die Digitalisierung Verbraucher auf den Geschmack für derart einfache Lösungen gebracht hat. Und Dudenhöffer ist sich sicher: Spätestens wenn alle autonom fahren, werde der Besitz des Autos langweilig. "Das gute "Heilig's Blechle", das 23 Stunden vor der Tür steht, um eine Stunde am Tag zu fahren, hat ausgedient, weil zu teuer."

Dann müssten die Hersteller Vertriebsmodelle bieten, die Lust machen aufs Auto und die Kunden bei der Stange halten. "Was wir heute sehen, sind nur Testballons. Aber die Zukunft heißt car on demand und wird richtig spannend."

(felt)
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