Pinkwart, Stamp, Scharrenbach NRW hat bald drei Superminister

Düsseldorf · Der Organisationserlass von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sieht erhebliche Machtverschiebungen bei den Ministerien vor. Die Gewinner sind Andreas Pinkwart (FDP), Joachim Stamp (FDP) und Ina Scharrenbach (CDU).

Das sind die NRW-Minister im Kabinett von Armin Laschet
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Das ist das Kabinett von Armin Laschet

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Foto: dpa/Federico Gambarini

"Finanzministerium", "Justizministerium" und "Innenministerium" - der sprachliche Pragmatismus der rot-grünen Vorgängerregierung ist dem neuen Ministerpräsidenten zu schmucklos. "Wir werden wieder zu den alten Bezeichnungen der Häuser zurückkehren", kündigte Armin Laschet (CDU) schon während der Koalitionsverhandlungen an. Und so ist heute wieder klangvoller vom "Ministerium der Finanzen", "der Justiz" und "des Inneren" die Rede.

Für die meisten NRW-Ministerien ändert sich allerdings mehr als der Name. Die Verschiebungen bei den Zuständigkeiten verändern die Machtbalance innerhalb der Landesregierung erheblich. Einige Ressorts gewinnen so entscheidend an Einfluss, dass bereits von Superministerien gesprochen wird.

Der Organisationserlass, der die Zuständigkeiten der einzelnen Ressorts regeln soll, wird wohl frühestens Ende kommender Woche fertig sein. Manche Details seien noch nicht entschieden. "Es gibt zum Teil noch Widerstände in den Apparaten der betroffenen Ministerien", hieß es am Freitag im Umfeld des Kabinetts. Aber die wichtigsten Veränderungen zeichnen sich ab. Drei Ministerien bekommen deutlich mehr Einfluss als alle anderen: Die Ministerien für Wirtschaft, Familie und Heimat. Die Staatskanzlei wollte sich am Freitag dazu noch nicht äußern.

Superminister Nummer eins mit einer ungeheuren Machtfülle wird Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart (FDP). Er bekommt vom bisherigen Umweltministerium offenbar die gesamte Verantwortung für die Stromnetze und die Erneuerbaren Energien hinzu. Wahrscheinlich wandert auch die Energieagentur NRW und damit der landesweit wichtigste Think Tank zum Thema Energiewende von Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) zu Pinkwart. Damit ist das Thema Energie in seinem Haus konzentriert. Außerdem übernimmt er wohl auch die Forschungsreferate, die zuvor dem Wissenschaftsministerium zugeordnet waren.

Als Digitalminister wird Pinkwart zudem wohl auch allein für den Breitbandausbau zuständig sein. In der bisherigen Landesregierung war der Breitbandausbau auf das Wirtschafts- und das Umweltministerium verteilt, was zu Ineffizienzen geführt hatte. Diskutiert wird derzeit, ob Pinkwart vom Innenministerium auch den gesamten CIO-Bereich ("Chief Information Officer") bekommt. Das würde unter anderem die Bereiche E-Governance, IT-Sicherheit, IT-Architektur, die Steuerung des Landesamts für Statistik (IT NRW) und die Verantwortung für die Kommunikationsinfrastruktur bedeuten. Der CIO-Komplex ist die zentrale Drehscheibe bei der Digitalisierung der Landesverwaltung.

Sein größtes Machtinstrument bekommt Pinkwart aber voraussichtlich von der Staatskanzlei mit der Zuständigkeit für den Landesentwicklungsplan (LEP). Was umständlich klingt, ist in Wahrheit der Schlüssel, um große Landesprojekte durchzusetzen - oder scheitern zu lassen. Wer über den LEP bestimmt, der kontrolliert, welche Flächen im Land für welche Nutzung zur Verfügung stehen.

Stamp - Superminister Nummer zwei

Superminister Nummer zwei wird Familienminister Joachim Stamp, ebenfalls FDP, der zugleich stellvertretender Ministerpräsident ist. Er wird künftig nicht nur für Kinder und Familie verantwortlich sein, sondern bekommt wichtige Zuständigkeiten hinzu. Zum einen das Thema Integration, das zuvor beim Arbeitsministerium lag. Außerdem wird er wohl vom Innenministerium die Gruppe 12 der Abt. I (Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten) übernehmen. Damit ist Stamp auch für Abschiebungen zuständig.

Scharrenbach - Superministerin Nummer drei

Superministerin Nummer drei ist Ina Scharrenbach (CDU). Hinter dem betulich wirkenden Titel "Heimatministerium" verbirgt sich die Zuständigkeit für Bauen und Kommunales. Anders als die beiden FDP-Superminister belastet ihre Machtfülle aber lediglich die Ressorts von Parteifreunden: Die Zuständigkeit für den Bau hat sie aus dem bisherigen Verkehrsministerium (Hendrik Wüst, CDU) bekommen und die Zuständigkeit für Kommunales aus dem Innenministerium (Herbert Reul, auch CDU). Damit dürfte Scharrenbach nach Abzug von Personalkosten über einen der größten Einzeletats im Landeskabinett verfügen. Sie steuert sowohl die Kommunalfinanzierung als auch die Bauförderung.

Ihre Macht liegt in der Kombination dieser Bereiche. Denn Scharrenbach kann damit drei der wichtigsten landespolitischen Aufgaben überhaupt gestalten. Erstens: Sie muss die Wohnungsnot in den Ballungsräumen eindämmen. Zweitens: Sie muss den Landflucht-Teufelskreis durchbrechen. In etlichen Regionen schaukeln eine schwächelnde Wirtschaft, schlechte Infrastruktur und eine rückläufige Bevölkerung sich gegenseitig hoch. Scharrenbach kann dort dämpfend auf die Kommunalsteuern einwirken. Und schließlich muss sie die Kommunalfinanzierung in NRW neu sortieren, weil Schwarz-Gelb den Kommunal-Soli abschaffen will.

Stark geschröpft wird das Innenministerium. Nicht nur, dass der neue CDU-Minister Herbert Reul anders als sein Vorgänger Ralf Jäger weder für Ausländerrecht noch für Kommunales oder E-Government zuständig sein wird. Hinzu kommt, dass sein Einfluss zudem durch die Bosbach-Kommission relativiert ist. Jener neuen Expertenkommission in der Staatskanzlei, die laut Laschet eine neue Sicherheitsarchitektur für NRW entwickeln soll. Nicht wenige im Innenministerium fragen sich, welchen Gestaltungsspielraum ihr neuer Chef eigentlich noch hat. Was Reul bleibt, sind der Verfassungsschutz und die Polizei. Auch das Verkehrsministerium verliert nach dem Wegfall der Bau-Referate deutlich an Bedeutung.

Ob sich diese Aufteilung bewährt, wird sich zum Beispiel zeigen, wenn die Zahl der Flüchtlinge einmal wieder steigen sollte. Dann nämlich müsste die Koordination über drei Ministerien hinweg laufen: Das Kommunalministerium von Scharrenbach, das Familienministerium von Stamp sowie das Innenministerium von Reul. Bislang liefen bei diesem Thema alle Fäden in einem einzigen Ministerium zusammen - dem Innenministerium.

(tor)
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