Niederkassel Japans Traditionen im Kleinformat

Niederkassel · Das Eko-Haus gibt in einer Ausstellung einen Überblick über das wichtigste Fest im japanischen Kalender. Zu Neujahr feiert das ganze Land den Beginn einer neuen Zeit. Filigran gearbeitete Briefmarken geben einen Überblick.

 Renate Fontius und Michal Kuhl demonstrieren eine Neujahrstradition, bei der Japaner einen Reiskuchen mit einem Holzhammer zerschlagen.

Renate Fontius und Michal Kuhl demonstrieren eine Neujahrstradition, bei der Japaner einen Reiskuchen mit einem Holzhammer zerschlagen.

Foto: andreas bretz

Ein bisschen sehen sie aus wie Macarons - klein, bunt und süß. "Ich kann mich gut daran erinnern, wie sehr wir als Kinder Mochi geliebt haben", sagt Eko-Haus-Direktor Takao Aoyama. Wie das gedämpfte Getreide zur Herstellung dieser kleinen Reiskuchen, die traditionell zu Neujahr serviert werden, im Vorfeld geknetet und gestampft wird, ist im Eko-Haus anschaulich dargestellt. Für den Direktor ist es eine besondere Freude, in der Ausstellung "Briefmarken erzählen: Traditionen zum Jahreswechsel" verschiedene Darstellungen des Neujahrsfests seiner Heimat zeigen zu können. "Wir möchten einen Einblick in das wesentliche Brauchtum zu Neujahr in Japan geben, wie es landesweit typisch ist. Daneben gibt es aber viele lokale Brauchtümer, die sich über das ganze Jahr verteilt zeigen. Aus Platzgründen bleiben sie hier unberücksichtigt", erklärt Kurator Michael Kuhl.

Trotzdem ist die Vielfalt der Objekte und Darstellungen beeindruckend. Vor allem die alljährlich zum Sanganichi, dem über drei Tage andauernden japanischen Neujahrsfest herausgegebenen Briefmarken verlangen nach genauem Hinsehen. In feinsten Details wird dort von Künstlern, Grafikern und Malern ein breites Spektrum aus dem Leben in Japan - teils vergrößert - dargestellt. Renate Fontius aus Essen ist im Besitz einer Sammlung, die den Zeitraum von 1959 bis 1975 umfasst. Die Mit-Kuratorin erklärt: "Diese Schätze sind zu schade, um sie in einem Depot verschwinden zu lassen. Sie sind von hoher Qualität." Die thematischen Briefmarken zieren die Neujahrsgrußkarten, die dank eines 1899 gegründeten speziellen Versanddienstes pünktlich zum beziehungsweise am 1. Januar ausgeliefert werden. 2009 sollen es über drei Milliarden Karten gewesen sein. "Besonders beliebt als Kartenmotiv sind die Tierkreiszeichen des jeweiligen Jahres", ergänzt Michael Kuhl. 2017 ist es der Hahn als "Wächter der Zeit". Aber auch Ansichten der Kadomatsu (Neujahrsdekoration) aus Kiefer, Bambus oder Pflaumenblüte oder des Berges Fuji-san zieren diese Karten. Außerdem präsentiert die Ausstellung eine Fülle weiterer Bräuche. "Schließlich ist das Neujahrsfest das wichtigste Jahresfest in Japan", sagt Michael Kuhl. Sein Dank geht auch an die Kalligrafie-Künstlerin Rie Wada, die mit ihren Schülerinnen und Schülern speziell für diese Ausstellung Neujahrs-Kalligraphien angefertigt hat. Denn die erste Kalligraphie mit Kanji (Schriftzeichen) oder Haikus (ganzen Gedichte) und Bezug auf das kommende Jahr zählt neben Geschenken (O-seibo), dem ersten Schreinbesuch (Hatsumode), den traditionellen Speisen mit acht bis neun verschiedenen, in kleinen Lackschalen servierten Gerichten, Toso, einer speziell zubereiteten Art von Sake oder dem "ersten Kessel" (Hatsugama, erste Tee-Zusammenkunft) ebenfalls zum Neujahrsbrauch. Auch für die Kaiserfamilie ist das ein wichtiges Datum. Am 2. Januar richten der Kaiser und seine Familie von der verglasten Palastveranda in Tokio einen Neujahrsgruß an die Bürger. Zu diesem Zeitpunkt liegen die umfangreichen Vorbereitungen in den Familien schon eine Weile zurück.

Wichtiger Bestandteil vor dem Anbringen der Dekoration ist das Säubern und Aufräumen von Haus und Hof. Erst dann dürfen die Strohgebinde am Hauseingang befestigt werden. Kiefernholz sollte bei den Gestecken nicht fehlen. Es dient den Kami (Göttern) als Aufenthaltsort. Bambus steht für Standhaftigkeit und Tugend und die Pflaumenblüte repräsentiert Reinlichkeit und Neubeginn. Zum Fest selbst kleiden sich die Frauen und Mädchen in den Haregi, einem bunten Seidenkimono.

Die Männer dagegen tragen meistens westliche Kleidung wie einen Anzug. "Aber auch ganz leger zum ersten Schreinbesuch zu gehen, ist erlaubt", weiß Michael Kuhl. Große Bedeutung wird dem "ersten Traum" (Hatsuyume) in der Nacht vom ersten auf den zweiten Januar zugemessen. Dieser Traum gilt als Wegweiser durch das neue Jahr. Für viele dieser Traditionen gibt es in der chronologisch aufgebauten Ausstellung im Eko-Haus anschauliche Beispiele und Hinweise. Und das Tierkreiszeichen 2017 können die Besucher in Form eines kleinen Hahns aus Keramik mit Zubehör für zehn Euro mitnehmen.

(RP)
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