Lokalsport Deutscher Bahnvierer peilt EM-Medaille an

Grevenbroich · Bahnrad-Europameisterschaft ist für den Grevenbroicher Nils Schomber eine wichtige Zwischenstation auf dem Weg nach Rio.

Wie viele Medaillen die deutschen Bahnradsportler von den heute im schweizerischen Grenchen beginnenden Europameisterschaften mitbringen, ist ungewiss. Sicher dürfte jedoch sein, dass die 20 Fahrerinnen und Fahrer und ihre Trainer bei ihrer Rückkehr eine gewisse Portion Neid im Gepäck haben werden.

Neid auf ihre Schweizer Disziplinkollegen. Denn während das Sportforum in Büttgen als Notunterkunft für Flüchtlinge bereitsteht und dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR) damit als einzige Trainingsstätte die bei den Athleten wenig beliebte Radrennbahn in Frankfurt an der Oder bleibt, verfügen die Eidgenossen im Kanton Solothurn über eine hochmoderne Wettkampf- und Trainingsstätte. 17 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet 15,5 Millionen Euro) hat der 2013 eröffnete Sportkomplex gekostet, der auf 8000 Quadratmetern eine auch für Messen, Tagungen und Konzerte genutzte Multifunktionshalle nebst 250 Meter langer Radrennbahn beinhaltet. Finanziert wurde der Bau, zu dem auch Restaurant, Hotel und Tagungsräume gehören, durch Public Private Partnership (pps), das heißt, eine Mischfinanzierung aus Sponsoren und öffentlicher Hand.

Zustände, von denen die deutschen Bahnradsportler nur träumen können. Träumen dürfen sie 295 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro auch von Medaillen - 13 waren es im Vorjahr bei der EM auf der zu Frankreich gehörenden Karibik-Insel Guadeloupe. Die erste soll bereits heute Abend fällig sein, wenn die Mannschaftsverfolgung der Männer auf dem Programm steht. "Wir wollen aus der EM mit einer Medaille rausgehen", sagt Bundestrainer Sven Meyer, der den deutschen Bahnvierer nach Jahren der Flaute wieder in die Weltspitze geführt hat. Vize-Europameister, WM-Vierter, Rang vier im Olympia-Raking als zweitbestes europäisches Quartett hinter Olympiasieger Großbritannien, für das in Grenchen sogar Sir Bradley Wiggins, der Tour de France-Sieger von 2012, in die Pedale tritt - die Bilanz kann sich sehen lassen. Und die Form scheint zu stimmen, wie die Herbstüberprüfung Anfang des Monats in Frankfurt/Oder zeigte. Da verbesserte Domenic Weinstein (Villingen) den 16 Jahre alten Deutschen Rekord von Olympiasieger Robert Bartko in der 4000-Meter-Einerverfolgung von 4:18,188 auf 4:17,417 Minuten.

Platz zwei in diesem Rennen belegte Nils Schomber - der 21 Jahre alte Grevenbroicher katapultierte sich mit seiner Zeit von 4:19,4 Minuten in den erlauchten Kreis von insgesamt nur fünf deutschen Radsportlern, die jemals schneller als 4:20 Minuten waren (außer Weinstein und Bartko noch Daniel Becke und Jens Lehmann).

Doch einen Stammplatz im Vierer hat er damit nicht. Sieben, zählt man Routinier Leif Lampater hinzu, sogar acht Fahrer dürfen sich Hoffnungen auf eine Olympiafahrkarte machen. In Grenchen vertraut der Bundestrainer neben Weinstein und Schomber auf Henning Bommel und Kersten Thiele, die alle für das rad-net Rose Team fahren (dessen Teamchef Meyer in Personalunion ist) sowie Leon Rohde (LKT Brandenburg). "Unser Niveau ist schon sehr, sehr hoch", sagt Meyer, "ein deutscher Rekord in Grenchen mit der Mannschaft wäre schön." Den hat sein Quartett inzwischen auf 3:57,166 Minuten herunter geschraubt - in den Finalläufen heute zwischen 19 und 22.30 Uhr soll es nach Möglichkeit noch eine Sekunde schneller werden.

(NGZ)
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