Xanten Maryam - die Mutter des Messias

Xanten · Unbefleckte Empfängnis: Im Koran und in der Bibel nimmt die Jesu Mutter eine ganz besondere Stellung ein.

Die katholische Kirche feierte in dieser Woche ein besonderes Fest: unbefleckte Empfängnis Mariens. In Österreich ist der Tag neun Monate vor Geburt der Gottesmutter gar ein Feiertag. Er erinnert daran, dass Maria ohne Erbsünde von ihrer Mutter Anna empfangen wurde. Das ist ein Glaubensgrundsatz (Dogma) der Katholischen Kirche. Und damit eine rein katholische Angelegenheit?

"Auf keinen Fall" widerspricht der frühere Hochschullehrer Dr. Josef Hochstaffel, der in Paderborn katholische Religion lehrte und jetzt in Xanten wohnt. Auch von den Muslimen werde Maria sehr geschätzt, weiß Hochstaffl, der von 1960 bis 1963 als Kaplan in Xanten tätig war und jetzt in seine geliebte Domstadt zurückgekehrt ist. Hier ist er unter anderem als Sprecher der Arbeitsgruppe Religionen im Arbeitskreis Asyl tätig, der sich bei ihrem aktuellen Begegnungs- und Gesprächsabende eben mit dem Thema "Maria, die Mutter Jesu, im Evangelium - Maryam im Koran" beschäftigt hat.

Gut fünf dutzend "Einheimische und Zugewanderte, Christen und Muslime" hatten auf Einladung des Arbeitskreises an adventlich gedeckten Tischen im Haus Michael Platz genommen, sprachen miteinander, aßen und tranken, hörten Musik, sangen sogar miteinander und lauschten den Darstellungen der Mutter Jesu in der Bibel und im Koran. "In beiden Texten wird berichtet, wie Gottes Bote zu Maria kommt, um ihr die wunderbare Geburt ihres Sohnes anzukündigen", erklärte Hochstaffl. "Beide erzählen davon, wie sehr Maria sich erschrickt und sich dann doch dem Willen Gottes ergibt." Still wurde es, als Lisa Köpp und der vor acht Monaten aus Damaskus geflohene Omar Shaban diese Geschichte vortrugen - nacheinander aus dem Koran und aus dem Evangelium, in Deutsch und in Arabisch. Das Ergebnis: Beide Religionen bezeichnen Jesus als Christus, als Messias. Für gläubige Christen ist er Gottes Sohn. Muslime glauben streng an die Einzigkeit Gottes. Darum ist Jesus für sie nur ein Gesandter Gottes, ein Prophet wie Muhammad, so Hochstaffl, der im Gespräch mit unserer Zeitung noch weiter ausholt: In der sunnitischen Überlieferung aus dem siebten Jahrhundert wird jedes Kind bei seiner Geburt vom Teufel berührt und beginnt dann zu schreien. Eine Ausnahme bilden - Maria und Josef, erinnert der frühere Professor für Pastoraltheologie an die Sure 3,36 - die unbefleckte Empfängnis.

Der Priester zeigte sich übrigens, wie die Teilnehmer des Kreises überzeugt von der Sinnhaftigkeit der Zusammenkünfte: "Wenn Menschen über ihren Glauben mit Menschen anderen Glaubens sprechen, kommen sie einander näher. Sie entdecken Gemeinsames und stützen sich gegenseitig." Sie hätten aber auch die Chance, unterschiedliche Überzeugungen zu verstehen und sie so stehenzulassen, wie sie geäußert werden. Hochstaffl: "Es geht darum, die Scheu voreinander zu überwinden. Dann können sich Herzen für eine Toleranz zwischen den Religionen und für die Integration fremder Menschen in unserer Gesellschaft öffnen, kann der Friede unter den Menschen wachsen."

Auch unter diesem Aspekt ist an diesem Abend eine gemeinsame Schweigeminute in der Zusammenkunft zum Gedenken an das grausame Kriegsgeschehen im syrischen Aleppo und bewegende Klaviermusik von Antoine Halaq am Flügel zu verstehen. Zum Schluss sangen alle gemeinsam das alte Adventslied: "Maria durch einen Dornwald ging. Kyrie eleison ..."

(RP)
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