Flüchtlinge Rohingya hoffen auf Unterstützung von Aung San Suu Kyi

Rangun · Im Westen wird Aung San Suu Kyi als Demokratie-Ikone gefeiert. Doch nun schweigt die Oppositionsführerin zum Leid der muslimischen Rohingya-Minderheit, das durch die Flüchtlingskrise in Südostasien in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit gerückt ist. Ihr Heldinnen-Image fängt an zu bröckeln.

Flüchtlinge vor Malaysia, Indonesien, Thailand: Flüchtlingsdrama im Asien
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Flüchtlingsdrama in Asien

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Die Rohingya gelten als eine der meistverfolgten Minderheiten der Welt. Als Muslime werden sie im mehrheitlich buddhistischen Myanmar systematisch diskrimiert und leben in bitterer Armut. Tausende Rohingya wagen daher jedes Jahr in Booten die gefährliche Überfahrt über den Golf von Bengalen. Allein in den vergangenen Wochen flohen 3500 Rohingya und Armutsflüchtlinge aus Bangladesch über das Meer nach Indonesien, Malaysia und Thailand. 2500 weitere werden noch hungrig und entkräftet auf völlig überfüllten Booten auf hoher See vermutet.

Aber Suu Kyi schweigt, sowohl zur Diskriminierung der Rohingya in ihrem Land als auch zur Flüchtlingskrise. Mitte Mai ließ sie in ihrer bislang einzigen Stellungnahme lediglich verlauten, dass die "Regierung das Problem lösen muss". Ihr Sprecher sagte dann später im Gespräch mit AFP, auch den Rohingya stünden die Menschenrechte zu.

Kritik vom Dalai Lama

In dieser Woche kritisierte sogar der Dalai Lama, der wie Suu Kyi mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, dass diese zu wenig für die Rohingya unternehme. Die Situation sei "sehr traurig", sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter in einem Interview. "Ich hoffe, dass Aung San Suu Kyi als Nobelpreisträgerin etwas tun kann."

Auch Menschenrechtsorganisationen kritisieren ihr Schweigen. Suu Kyi sei eine "große Enttäuschung", sagt der stellvertretende Leiter der Asien-Abteilung von Human Rights Watch, Phil Robertson. Obwohl die Regierung in Myanmar die Hauptverantwortung für das Leid der Rohingya trage, könne Suu Kyi ihre "moralische Autorität" nutzen, um etwas für die Minderheit zu tun.

Als Grund für Suu Kyis Zurückhaltung werden vor allem wahltaktische Gründe vermutet: Die Oppositionsführerin, die während der Militärherrschaft rund 15 Jahre in Haft war oder unter Hausarrest stand, will Ende des Jahres mit ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD) die Wahlen gewinnen. In Myanmar wächst seit Jahren aber nicht nur der Hass auf die Rohingya, sondern auf Muslime allgemein. Bei ethnischen Unruhen im Jahr 2012 wurden 200 Menschen getötet, 140.000 weitere leben seitdem in Flüchtlingslagern.

Rohingya gelten in Myanmar als illegal

Auch wenn viele Rohingya seit Generationen in Myanmar ansässig sind, werden sie noch immer als illegal eingewanderte Migranten aus dem benachbarten Bangladesch betrachtet. Sie sind staatenlos, und grundlegenden Rechte werden ihnen vorenthalten. Radikale buddhistische Mönche setzten zuletzt sogar noch neue diskriminierende Gesetze durch, die den Rohingya etwa enge Grenzen bei der Familienplanung setzen.

Suu Kyis NLD hat klar gesagt, dass sie die umstrittenen Gesetze ablehnt, weil sie Frauen und Minderheiten diskriminierten. Mehr kann sich die Oppositionsführerin, die seit dem Sieg ihrer Partei bei einer Nachwahl 2012 im Parlament sitzt, nach Einschätzung von Beobachtern momentan aber nicht leisten. Ein klares Eintreten für die unbeliebten Rohingya wäre das "einzige" Szenario, das ihren Wahlsieg noch gefährden könnte, sagt etwa der Myanmar-Experte Mael Raynaud.

Auch Suu Kyis Biograph Peter Popham sagt, dass die Friedensnobelpreisträgerin vor dem Hintergrund der bevorstehenden Wahlen und der Stimmungsmache gegen die Rohingya gezwungen sei, "ein kompliziertes politisches Schachspiel" zu spielen. Die Kritik an Suu Kyi im Westen sei aber "bis zu einem gewissen Grad unfair", sagt Popham. Bei Auslandsreisen habe sie die Probleme der Rohingya teilweise "sehr prominent" angesprochen.

(AFP)
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