Spionage BND zeigt Mitarbeiter wegen Geheimnisverrats an

Berlin · Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat in der vergangenen Woche laut einem Zeitungsbericht Anzeige gegen einen Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat gestellt.

Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen
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Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen

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Foto: dpa, sja fdt

Wie die "Welt" am Montag berichtete, soll der Mann im vergangenen Jahr den damaligen Obmann der Union im NSA-Untersuchungsausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU), darüber informiert haben, dass in seinem Umfeld im Reservistenverband der Bundeswehr zwei Beschaffungshelfer des BND tätig gewesen seien. Kiesewetter sei anschließend von seinem Posten zurückgetreten.

Als Grund gab der CDU-Politiker damals dem Bericht zufolge an, möglichen Zweifeln an seiner Unvoreingenommenheit gegenüber dem BND entgegentreten zu wollen. Die "Welt am Sonntag" hatte am Wochenende über den Vorwurf gegen den BND-Mitarbeiter berichtet. Demnach besteht sogar der Verdacht, dass der Mitarbeiter Kiesewetter im Auftrag eines russischen Nachrichtendienstes informiert haben könnte, um damit die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu beeinflussen.

Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU), sagte der "Welt", er und seine Kollegen müssten "sehr gründlich überlegen, ob man den Untersuchungsauftrag des Ausschusses auf den russischen Auslandsgeheimdienst erweitert". Hintergrund seien Hinweise zu den Veröffentlichungen des im russischen Exil lebenden früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, der ungeklärte Ursprung neuer Wikileaks-Enthüllungen sowie der Bericht zum Rücktritt von Kiesewetter. "Wir dürfen nicht ausschließen, dass unsere Arbeit durch Kampagnen aus Moskau beeinflusst werden soll", sagte Sensburg.

Der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, kritisierte in diesem Zusammenhang Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD). "Dass der Untersuchungsausschuss diese Informationen nicht von der Bundesregierung, sondern aus der Zeitung erfährt, stärkt nicht gerade das Vertrauen in die Aufklärungsbereitschaft von Merkel und Gabriel", sagte von Notz der "Welt".

SPD-Obmann Christian Flisek forderte ebenfalls Aufklärung der Umstände von Kiesewetters Rücktritt. "Dem BND fehlt es in dieser Sache von Beginn an Sensibilität", sagte Flisek der "Welt". Es sei bereits "grob fahrlässig" gewesen, dass der Geheimdienst Kiesewetter nicht über die Beschaffungshelfer in seinem Umfeld informiert habe.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), André Hahn (Linke), sagte der Zeitung: "Ein Fall von Geheimnisverrat durch einen BND-Mitarbeiter ist definitiv ein Vorgang von besonderer Bedeutung, über den die Bundesregierung das Kontrollgremium unterrichten muss. Das ist nicht geschehen." Der Linkspolitiker kündigte an, den Vorgang auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung im September zu setzen.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, sagte der "Welt": Sollte der Zeitungsbericht zutreffend sein, "muss sich der BND insbesondere auch zu der Frage äußern, warum er das Kontrollgremium über diesen gravierenden Vorgang nicht informiert hat".

Der BND war dem Bericht zufolge vor ein paar Jahren dem Verdacht nachgegangen, dass der nun angezeigte Mitarbeiter einem russischen Nachrichtendienst Informationen liefere. Sein Name sei in einem der spektakulärsten Spionagefälle seit der Wiedervereinigung aufgetaucht. Das Ehepaar Heidrun und Andreas Anschlag wurde im Jahr 2013 wegen Agententätigkeit zu Haftstrafen verurteilt.

Nachweislich hätten sie den späteren BND-Mitarbeiter im Jahr 2003 als potenzielle Quelle an Moskau empfohlen, schreibt die "Welt". Anschließend soll es Treffen zwischen dem Deutschen und einem Vertreter des russischen Generalkonsulats gegeben haben. Nach der Enttarnung der Anschlags sei der BND-Mitarbeiter in den Fokus der Eigensicherung des Dienstes geraten. Dies habe sogar zu einer Überwachung von Telefonaten und E-Mails (G-10-Maßnahme) geführt, es seien jedoch keine Beweise gefunden worden.

(AFP)
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