Internationale Studie zur Lehrerkompetenz Mathematik ist doch Glückssache

Berlin (RPO). Ob Schüler gut im Rechnen sind, kann doch vom jeweiligen Lehrer abhängen. Einer Studie der Humboldt-Universität Berlin zufolge schneiden etwa Grundschul- und Gymnasiallehrer im internationalen Vergleich gut ab, wenn sie Mathematik studiert haben. Schlechte Noten gab es dagegen für Haupt- und Realschullehrer sowie Grundschulpädagogen ohne mathematische Vertiefung.

Immer mehr Schüler stehen unter Leistungsdruck - schon in der Grundschule.

Immer mehr Schüler stehen unter Leistungsdruck - schon in der Grundschule.

Foto: AP, AP

Die Leistungsunterschiede bei den Schülern könnten dementsprechend bereits in der Grundschule beginnen. Denn fast überall auf der Welt wird Mathematik vom Klassenlehrer unterrichtet, also auch von den Pädagogen, die das Fach nie studiert haben. In Taiwan aber, welches bei der Untersuchung am besten abgeschnitten hat, sei es zum Beispiel gar nicht möglich, Grundschullehrer zu werden, ohne Mathematik studiert zu haben.

In Deutschland dagegen schon. So stammt das Wissen der Grundschullehrer, die nie Mathematik studiert haben, oftmals nur aus der eigenen Schulzeit. Damit könnten sie kaum erfolgreich Unterricht führen, so die Wissenschaftler.

Deutsche Grundschullehrer sagten den Wissenschaftlern, dass sie weniger Möglichkeiten hätten, Mathematik zu lernen als Lehrer in anderen Ländern. Grund dafür sei die weitgehend fehlende mathematikbezogene Ausbildung im studienübergreifenden Lehramt für die Grund- und die Sekundarstufe I.

Kompetenz über Durchschnitt

Bei der mathematischen Kompetenz liegen deutsche Grundschullehrer der Studie zufolge über dem internationalen Durchschnitt - allerdings mit deutlichem Abstand zu Spitzenländern wie Singapur, Schweiz, Russland, Thailand und Norwegen. Am besten schnitt Taiwan ab.

Im Bereich Mathematikdidaktik gehören deutsche Grundschullehrer im internationalen Vergleich neben Thailand, Malaysia und Russland zur Mittelgruppe. Über dem Mittelwert lagen Norwegen, die USA und die Schweiz. Auch hier schnitt Taiwan wieder am besten ab, ebenso wie Singapur.

Ähnlich unterschiedliche Ergebnisse bei der Fachkompetenz gibt es in der Sekundarstufe I. Grund dafür ist hier die Lehrerausbildung für zwei Fächer - eine Seltenheit im internationalen Vergleich. In anderen Ländern wird sich meist auf ein Fach konzentriert. Laut der Studie hätten die Deutschen daher weniger Möglichkeiten, mathematisches Wissen zu erwerben.

Besonders betroffen seien davon die Haupt- und Realschullehrer, da ihre Ausbildung mit zwei Fächern kaum länger sei als die, die ihre Kollegen in anderen Ländern mit nur einem Fach hätten. Dementsprechend lässt sich daraus folgen, dass die fachliche Vertiefung geringer ist als im internationalen Vergleich.

Auch seien die Lernvoraussetzungen ganz unterschiedlich. Wer sich als Gymnasiallehrer für Mathematik ausbilden lässt, habe meist eine bessere Abiturnote als Lehrer für Haupt- und Realschule. Zudem hätten erstere meist einen Leistungskurs in Mathematik belegt.

Schwierigkeiten beim Aufgabenlösen

Während Gymnasiallehrer international Leistungen auf höchstem Niveau zeigten, schnitten Haupt- und Realschullehrer schlechter ab. Sie lagen nur knapp über dem Durchschnitt im Bereich Mathematikdidaktik. Bei den Mathematikkenntnissen dagegen schnitten sie sogar wesentlich schlechter als der Durchschnitt ab. Fast die Hälfte hat sogar nur mathematisches Wissen, dass am unteren Ende der internationalen Tabelle liegt.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass diese Lehrer zum Teil selbst Schwierigkeiten hatten, Aufgaben zu lösen, die auf dem Niveau ihrer Schüler waren.

Im internationalen Vergleich ist Taiwan auch bei der Sekundarstufe I deutlicher Sieger bezogen auf die Kompetenz. Deutschland liegt hier neben Russland, Polen, Singapur und der Schweiz über dem internationalen Mittelwert. Aber auch in diesem Bereich haben die deutschen Lehrer einen starken Abstand zu den anderen vier Ländern.

Für Sigrid Blömke, die die Studie geleitet hat, steht fest: "Ein Teil unserer Lehrkräfte wird damit unzureichend auf die Aufgabe vorbereitet, Schülerinnen und Schüler zu den staatlich gesetzten Bildungsstandards zu führen." Die Wissenschaftler weisen auf die Chancengleichheit hin und sehen das Ergebnis als alarmierend an. Sie fordern Verbesserungen in der Lehrerausbildung.

Für die Studie wurden die Leistungen von mehr als 20.000 Lehrern aus 17 Staaten verglichen.

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