NSU-Prozess Zeugin berichtet über Zschäpes Nervosität vor dem Auffliegen des NSU

München · Normalerweise sei Beate Zschäpe entspannt und umgänglich gewesen, erinnert sich eine Zeugin im NSU-Prozess. Doch eines Tages habe sich das geändert. Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess stand demnach kurz vor dem Auffliegen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" spürbar unter Druck.

Das ist Beate Zschäpe
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Foto: dapd, -

"Sie hat auch mehr getrunken", erinnerte sich die frühere Nachbarin in Zwickau am Dienstag vor dem Münchner Oberlandesgericht. Zudem "wirkte sie sehr fahrig" und habe auch nicht mehr so "gelockert gesprochen wie sonst immer".

Der NSU war nach einem Banküberfall im thüringischen Eisenach am 4. November 2011 aufgeflogen. Die Polizei fand in einem ausgebrannten Wohnmobil die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt tot auf, ihre Vertraute Zschäpe stellte sich wenig später der Polizei. Sie muss sich für zehn überwiegend rassistisch motivierte Morde und zwei Sprengstoffanschläge verantworten. Mit ihr sind vier mutmaßliche Helfer angeklagt.

Wegen einer Erkrankung Zschäpes wurde der Prozess am Dienstag erneut außerplanmäßig unterbrochen. Der für den Nachmittag als Zeuge vorgesehene sächsische Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath wird zu einem späteren Termin erneut geladen. Am Mittwoch soll der Prozess aber planmäßig mit zwei Zeugen aus dem NSU-Umfeld in Chemnitz fortgesetzt werden. Erst vor zwei Wochen war ein Verhandlungstag wegen einer Erkrankung Zschäpes abgesagt worden.

Die Waffen der Neonazi-Terroristen
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Unterdessen wies Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) Vorwürfe zurück, er habe Ermittlungen nach dem NSU-Mord in Kassel 2006 behindert. "Ich habe nichts zu verbergen", sagte er in Wiesbaden. Es sei eine ungeheuerliche Unterstellung, dass der hessische Verfassungsschutz den rechtsterroristischen Hintergrund der Morde gekannt habe und er dies in seiner damaligen Funktion als Innenminister gedeckt habe. Er sei auch bereit, als Zeuge im Münchener NSU-Prozess auszusagen, wenn er geladen werde.

Der 21-jährige Halit Yozgat war am 6. April 2006 in seinem Internetcafé in Kassel mutmaßlich vom NSU erschossen worden. Ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes war kurz vor oder während des Mordes am Tatort. Zschäpes frühere Zwickauer Nachbarin schilderte im NSU-Prozess, sie habe die heutige Angeklagte als "freundlich und sehr offen" kennengelernt. Auch ihr Alkoholkonsum habe sich zunächst im Rahmen gehalten, "aber dann hat sie Mischungen gemacht mit härteren Sachen, wo sie dann nicht mehr so normal nach Hause gegangen ist", sagte die Zeugin.

Einmal sei sie "etwas schwer aufs Fahrrad" gekommen. Die Nachbarin sagte, sie habe Zschäpe unter dem Namen "Lisa" in der Zwickauer Polenzstraße kennengelernt. Dort soll sie zusammen mit ihren mutmaßlichen Komplizen Mundlos und Böhnhardt gelebt haben. Der Kontakt zu Zschäpe sei auch dann nicht abgerissen, als sie in eine andere Wohnung an der Zwickauer Frühlingstraße umzog. Die Frauen hätten sich gelegentlich getroffen und "gefeiert".

Stationen des NSU-Terrors
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Foto: dpa, Frank Doebert

Zschäpe habe ihr erzählt, sie müsse nicht arbeiten gehen, weil ihr "Schwiegervater" Geld habe, so die Zeugin. Erst nach dem Auffliegen des NSU und der Explosion der Wohnung an der Frühlingstraße habe sie aus den Medien die Wahrheit erfahren. Nach der erneuten Unterbrechung des Prozesses waren Einzelheiten über das Befinden Zschäpes nicht zu erfahren. Am Rande des Prozesses hieß es, sie leide zunehmend unter der langen Untersuchungshaft.

(dpa)
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