Jahrestag des D-Day in der Normandie Merkel appelliert an Putin - Stimmung frostig

Colleville-sur-Mer · Beim ersten persönlichen Treffen seit Beginn der Ukraine-Krise wies Kanzlerin Angela Merkel den Kremlchef auf seine Verantwortung für den Frieden in Europa hin. Die Erklärungen im Anschluss blieben jedoch knapp. Am Rande traf Wladimir Putin den neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.

So reagierten die Mächtigen des Westens auf Putin
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Es war das erste Treffen zwische den Regierungschefs von Russland und der Ukraine. Wie aus dem Umfeld des französischen Präsidenten François Hollande am Freitag verlautete, dauerte das Treffen etwa eine Viertelstunde und fand vor dem Mittagessen der Staats- und Regierungschefs im Schloss von Bénouville statt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm neben Hollande den Angaben zufolge an dem Treffen teil. Das Trio war auch gemeinsam auf Bildern zu sehen.

Im Gespräch mit Putin forderte Merkel den russischen Präsidenten auf, für eine Stabilisierung der Lage in der Ukraine alles in seiner Macht stehende zu tun. Merkel habe bei ihrem Treffen mit Putin im französischen Badeort Deauville die Überzeugung geäußert, dass nach der international anerkannten Präsidentenwahl in der Ukraine jetzt die Zeit genutzt werden müsse, "um eine Stabilisierung der Lage insbesondere in der Ostukraine zu erreichen", teilte die Bundesregierung am Freitag nach dem Gespräch mit. Russland müsse seiner großen Verantwortung dabei gerecht werden.

Eine Stunde Austausch

Nach Angaben aus deutschen Delegationskreisen dauerte das Gespräch am Rande der D-Day-Gedenkfeierlichkeiten in der Normandie knapp über eine Stunde. Merkel hatte in den vergangenen Wochen immer wieder mit Putin telefoniert, ihn zuletzt aber am 6. September beim G20-Gipfel im russischen St. Petersburg persönlich getroffen.

Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax: "Putin und Merkel haben sich voll und ganz auf die ukrainischen Angelegenheiten konzentriert - auf die Suche nach einer ukrainischen Lösung." Auf die Frage, ob es auch um Meinungsverschiedenheiten gegangen sei, sagte der bei dem Treffen anwesende Peskow: "Genau dem war das Gespräch gewidmet." Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sagte der Staatsagentur Itar-Tass, beide Seiten hätten nach Kompromissen gesucht.

Ein Handschlag bei größtmöglicher Distanz

Zur Begrüßung hatten sich Merkel und Putin kurz die Hand gegeben, die Atmosphäre wirkte kühl. Beide saßen vor den Flaggen ihrer Länder an einem kleinen Tisch relativ weit voneinander entfernt. Merkel begegnete Putin mit ungewohnt ernst wirkendem Gesichtsausdruck, zeitweise mit demonstrativ hochgezogenen Augenbrauen und einem strengen, ermahnend wirkenden Blick. Putin setzte sich breitbeinig auf die andere Seite des Beistelltischs, das ihn von Merkel trennte und schaute ebenfalls demonstrativ von der Kanzlerin weg zur Seite.

Nach früheren russischen Angaben sollte in Deauville ein Plan auf dem Tisch liegen, um die schwerste Sicherheitskrise in Europa nach Ende des Kalten Krieges zu entschärfen. Aus deutschen Regierungskreisen war dazu nichts zu hören. Merkel setzt in der Ukraine-Krise auf einen Dreiklang von Dialogbereitschaft gegenüber Putin, Unterstützung für die Ukraine und Sanktionsdrohungen gegenüber Russland.

Große Mehrheit der Deutschen für Dialog mit Moskau

Nach dem Treffen mit Putin nahm Merkel auf Einladung des französischen Präsidenten François Hollande in Bénouville knapp 40 Kilometer westlich von Deauville an einem gemeinsamen Mittagessen der Staats- und Regierungschefs teil.

In einem Beitrag für die französische Zeitung "Ouest France" schrieb die Kanzlerin aus Anlass der Gedenkfeiern: "Frieden und Freiheit können schnell infrage gestellt werden. Der Konflikt in der Ukraine zeigt uns das. Die Sorge ist groß zu sehen, dass neue Gräben und Trennlinien entstehen."

Laut einer Umfrage sind 89 Prozent der Deutschen der Meinung, dass die westlichen Staaten weiterhin im Gespräch mit Russland bleiben sollen. Nur 9 Prozent hätten die Überzeugung geäußert, dass man Russland so weit wie möglich isolieren sollte. Das ergab eine Umfrage des ARD-"DeutschlandTrends". An diesem Dienstag wollen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein russischer Kollege Sergej Lawrow in St. Petersburg weiter über den Ukraine-Konflikt beraten.

(dpa)
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