Anschlag scharf verurteilt - Deutscher unter den Opfern Angriff auf Bibel-Verlag: Stecken Islamisten hinter der Tat?

Istanbul (RPO). In der osttürkischen Stadt Malatya ist ein Bibel-Verlag mit Waffengewalt überfallen worden. Dabei wurden drei Menschen ermordet, darunter auch ein Deutscher. Den Opfern wurden die Kehlen durchgeschnitten. Hinter der Tat werden türkische Islamisten vermutet.

Überfall auf Bibel-Verlag in der Türkei
13 Bilder

Überfall auf Bibel-Verlag in der Türkei

13 Bilder

Die Opfer seien am Mittag mit durchgeschnittenen Kehlen und an Händen und Füßen gefesselt im Büro des Zirve-Verlages in Malatya aufgefunden worden, sagte Gouverneur Halil Ibrahim Dasöz im Fernsehsender NTV.

Über mögliche Motive und Hintergründe der Tat wurde zunächst nichts bekannt. Hamza Özant, Chef des Zirve-Verlags, der Bücher über das Christentum herausgibt, sagte CNN-Türk, er habe in der Vergangenheit Drohungen erhalten. Dasöz zufolge hatte der Verlag jedoch nicht um Polizeischutz gebeten.

Bei CNN-Türk hieß es weiter, es gebe Gerüchte, die Täter kämen aus Kreisen militanter Islamisten. Möglicherweise stecke die radikale kurdische Organisation Türkische Hisbollah hinter der Tat. Diese will einen islamischen Staat in der Türkei errichten.

Zwei der Opfer, die vermisst gemeldet worden waren, waren den Angaben zufolge bereits tot, der dritte starb im Krankenhaus. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte die Bluttat scharf. Ein deutsches Konsularteam begab sich nach Malatya.

Die Polizei vernahm fünf Verdächtige, wie der Gouverneur mitteilt. Ein weiterer Verdächtiger werde im Krankenhaus behandelt, nachdem er beim Eintreffen der Polizei aus einem Fenster des Büros gesprungen sei. Laut dem Chefarzt des Krankenhauses von Malatya, 660 Kilometer östlich von Ankara, erlitt er einen Schädelbruch und befand sich in kritischem Zustand.

"Grausames Verbrechen"

"Mit Entsetzen" habe er "von dem grausamen Verbrechen erfahren", so Bundesaußenminister Steinmeier. Zugleich forderte Steinmeier die türkischen Behörden auf alles zu unternehmen, "um dieses Verbrechen restlos aufzuklären und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Umstände dieser Tat müssen vollständig ans Licht gebracht werden", mahnte der Außenminister. Den Angehörigen der Opfer gelte das "tief empfundene Mitgefühl" der Bundesregierung.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes steht die Deutsche Botschaft in Ankara in engem Kontakt mit den türkischen Behörden. Ein Mitarbeiter der Botschaft befinde sich auf dem Weg nach Malatya. Den Angaben zufolge sollen die Familienangehörigen von einem Konsulatsteam betreut werden. Bei dem Opfer handele es sich nicht um einen Touristen, sondern eine Person, die sich seit längerem in der Türkei aufhalte.

Der EKD-Ratsvorsitzende Huber verwies auf den mutmaßlich politisch-religiösen Hintergrund des Mordanschlags. Anlass des grauenhaften Geschehens sei, dass der Verlag in der Osttürkei Bibeln verteile. "Die Bibel bezeugt das Wort des Lebens. Dieses Wort anderen anzubieten, darf niemals Grund dafür sein, Menschen an Leib und Leben zu bedrohen", unterstrich Huber.

"Erschreckend und von beispielloser Brutalität"

Die stellvertretende europapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und Berichterstatterin für die Türkei, Lale Akgün, sagte, sollten sich die Berichte über einen "politischen Hintergrund der Tat bestätigen", müsse die türkische Regierung dies sehr ernst nehmen. "Und sie muss im Interesse des EU-Beitritts ihre Bemühungen, die Religionsfreiheit zu garantieren, weiter verstärken."

Der Parlamentarische Geschäftsführer und menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, verurteilte den Anschlag als "erschreckend und von beispielloser Brutalität". Die "islamische Geistlichkeit" sei aufgefordert, "deutlich zu machen, dass Glaubenswechsel und Missionierung, also das Werben für den eigenen Glauben, als Teil der Glaubensfreiheit für alle Glaubensgemeinschaften gleichermaßen unveräußerlicher Teil der Menschenrechte" seien.

FDP-Chef Guido Westerwelle betonte: "Kein Glaube, keine Religion rechtfertigt die Barbarei. Die türkische Regierung muss aufklären und die Täter verfolgen."

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort