Bericht der russischen Armee Syrische Armee hat Kämpfe in Aleppo wieder aufgenommen

Damaskus · Hatte die russische Armee am Dienstag noch von der Einstellung aller Kampfhandlungen in Aleppo gesprochen, scheint die syrische Armee die Kämpfe nun wieder aufgenommen zu haben.

Zivilisten verlassen Rebellengebiete von Aleppo
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Zivilisten verlassen Rebellengebiete von Aleppo

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Am Mittwoch berichteten die russische Armee sowie Rebellen und Zivilisten, dass die syrischen Truppen Ost-Aleppo erneut unter Beschuss genommen hätten. Das Artilleriefeuer habe allerdings nach einer halben Stunde wieder aufgehört, heißt es vonseiten der Rebellen. Es seien mindestens 14 Granaten in die noch von den Rebellen gehaltenen Straßenzüge abgeschossen, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

Die syrische Regierung habe die Kontrolle über das Gebiet wiedererlangt, hatte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin zuvor gegen Ende einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats in New York. Er hatte gesagt, alle Extremisten und ihre Familien erhielten freies Geleit aus dem Ostteil der Stadt. Sie könnten hingehen, wohin sie wollten.

Zuvor hatten die Rebellen bereits erklärt, sie hätten mit Russland als Schutzmacht der syrischen Regierung eine Waffenruhe vereinbart und würden ihre Gebiete in Ost-Aleppo verlassen. Die Rebellen in Aleppo waren von Regierungstruppen und verbündeten Milizen in den vergangenen Tagen auf ein immer kleineres Gebiet zurückgedrängt worden. Tausende Zivilisten gerieten dadurch ins Kreuzfeuer. Die internationale Gemeinschaft befürchtete einen Massenmord in der seit 2012 zwischen Regierung und Rebellen geteilten Stadt.

Die Feuerpause sei am Dienstag in Kraft getreten und die ersten Kämpfer und Zivilisten sollten noch am gleichen Abend die Rebellengebiete verlassen, erklärte Osama Abu Sajd, ein Vertreter der Freien Syrischen Armee. Ein Sprecher der Rebellengruppe Nur al-Din al-Sinki bestätigte, dass es eine Waffenruhe gebe.

Wird sie eingehalten, könnte die Waffenruhe nun weiteres Blutvergießen verhindern. In den vergangenen Tagen soll es aber bereits zu einer Reihe von Gräueltaten gekommen sein. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte zitierte Berichte, wonach die Regierungstruppen von Haus zu Haus gegangen sein und dabei bereits Dutzende Zivilisten erschoßen haben sollen. Kommissar Said Raad al-Hussein verurteilte das "mutwillige Abschlachten von Männern, Frauen und Kindern" und warf der internationalen Gemeinschaft vor, lediglich kollektiv die Hände zu ringen.

Das Kinderhilfswerk Unicef berichtete vor Bekanntgabe der Waffenruhe, dass möglicherweise auch mehr als 100 Kinder in einem Haus im Rebellengebiet eingeschlossen seien, das beschossen werde. Die Weltgemeinschaft müsse für diese Kinder einstehen und diesem Alptraum ein Ende setzen, sagte der Regionaldirektor der Organisation, Geert Cappelaer.

Russland bezeichnete die Darstellung der Kämpfe durch den Westen als scheinheilig. Die Extremisten in Aleppo hätten die mehr als 100.000 Einwohner von Ost-Aleppo als menschliche Schutzschilde missbraucht, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums.

UN fordern Zugang zum Ostteil der Stadt

Die UN haben einen sofortigen Zugang zum Ostteil der syrischen Stadt Aleppo gefordert. Ziel sei, die russische Ankündigung eines Endes der dortigen Militärhandlungen zu überprüfen und den Abzug von Zivilisten und Kämpfern zu überwachen. Bewaffnete Gruppen kontrollierten noch immer bis zu fünf Quadratkilometer des Gebiets, sagte der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, am Dienstag nach einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats in New York.

Größte Sorge der Vereinten Nationen seien die bis zu 50.000 Zivilisten, die sich noch immer in Ost-Aleppo aufhalten sollen. Auch schätzungsweise 1500 Kämpfer seien noch dort. Etwa 30 Prozent von ihnen gehörten der mit Al-Kaida verbundenen Fatah-al-Scham-Front an, früher bekannt als Nusra-Front. Solche Zahlen seien jedoch mit Vorsicht zu behandeln, da die UN nicht vor Ort seien, erklärte de Mistura.

Indes verzögert sich der geplante Abzug von Kämpfern und Zivilisten aus den Rebellengebieten der umkämpften syrischen Stadt Aleppo. Hintergrund seien Differenzen zwischen dem Regime und seinem Verbündeten Russland über die Einigung mit den Rebellen, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Demnach ist Syriens Führung unzufrieden, weil Russland die Einigung ohne Abstimmung mit ihr verkündet hat. Bislang habe noch niemand die Stadt verlassen.

Die UN bestünden darauf, dass Zivilisten, die dies wollten, mit den Kämpfern in die von Rebellen gehaltene Provinz Idlib gehen könnten. De Mistura äußerte die Sorge, dass Idlib zum nächsten Ziel der syrischen Regierungstruppen werden könnte.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien erklärte, seit Mitte November hätten Regierungstruppen 6000 Jugendliche und erwachsene Männer festgenommen, die vor dem Sturm auf Ost-Aleppo hätten fliehen wollen. Ihnen werde vorgeworfen, sich dem Militärdienst entzogen zu haben, sie würden nun zum Dienst gezwungen. Die Beobachtungsstelle berief sich am Dienstag auf Kontakte im Sicherheitsapparat. Die syrische Armee leidet unter akutem Personalmangel.

(crwo/ap)
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