Vizekanzler besucht USA Gabriel schmettert Rufe nach Konjunkturpaket ab

Washington · Deutliche Worte des Bundeswirtschaftsministers: Sigmar Gabriel (SPD) hat sich in den USA gegen Forderungen zu Wehr gesetzt, mit einer höheren deutschen Verschuldung Europas Wirtschaft anzukurbeln.

Sigmar Gabriel (rechts) trifft in Washington den US-Finanzminister Jack Lew.

Sigmar Gabriel (rechts) trifft in Washington den US-Finanzminister Jack Lew.

Foto: dpa, mr jak

"Wir können unser Defizit verdoppeln - und es wird Italien und Frankreich nicht helfen, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen", sagte Gabriel am Mittwoch bei einer Diskussion mit Ökonomen in Washington. Dadurch würden Renault und Peugeot auch nicht mehr Autos verkaufen, meinte er bei einer Veranstaltung des Center for American Progress (CAP).

Auch von US-Regierungsseite wird Deutschland ein zu starkes Augenmerk aufs Sparen vorgehalten. Gabriel verteidigte jedoch das Ziel, 2015 einen Haushalt ohne neue Schulden zu schaffen. Gabriel betont, schuldenfinanzierte, staatliche Konjunkturprogramme hätten oft nur Strohfeuereffekte. Damit stützt er den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die skeptische Haltung der USA und anderer Staaten bekam zuletzt auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds zu spüren.

Gabriel verwies darauf, dass die große Koalition bis 2017 bereits 23 Milliarden an Investitionen eingeplant habe, unter anderem in Infrastruktur und Bildung. Zugleich bekannte er sich zu dem Ziel, mehr Wachstum in Europa zu schaffen. Er will unter anderem mehr private Investitionen anregen.

Während seiner ersten USA-Reise waren auch Treffen mit Finanzminister Jacob Lew und Vizepräsident Joe Biden geplant. Eine Rolle sollten auch die schwierigen Verhandlungen zwischen USA und EU über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP spielen. Durch den Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll es mehr Wachstum und neue Arbeitsplätze geben. Mit 800 Millionen Verbrauchern soll der weltgrößte Wirtschaftsraum entstehen. Ein Abschluss wird bis Ende kommenden Jahres angepeilt. Ob das gelingt, ist aber fraglich, da die Verhandlungen bisher nur stockend vorankommen.

Unter anderem in der SPD gibt es Vorbehalte - Gabriel hat versprochen, dass es keine Sonderregeln für Unternehmen oder eine Absenkung von Umwelt- und Verbraucherschutzstandards geben soll.

Ein Schwerpunkt der Reise sind zudem die verbesserten Marktchancen für deutsche Industrieunternehmen. Wegen der Förderung von Gas und Öl mit Hilfe der Fracking-Technologie sind die Energiepreise in den USA gefallen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung und die wegen der niedrigen Energiepreise zunehmende Reindustrialisierung eröffneten deutschen Firmen große Chancen, sagte der Vizekanzler.

Deutsche Unternehmen rangierten laut Ministerium mit Aufkäufen in Höhe von 70 Milliarden US-Dollar im ersten Halbjahr hinter Kanada auf dem zweiten Platz beim Engagement ausländischer Unternehmen. Gabriel wird in South Carolina auch ein BMW-Werk besichtigen. Zudem will er am Donnerstag an der Universität Harvard (Boston) eine Grundsatzrede halten. Am Freitag will Gabriel in New York die neue Niederlassung einer Initiative eröffnen, die deutschen Startup-Unternehmen beim Eintritt in den US-Markt helfen soll.

(dpa)
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