Barbara Hendricks "Die Mietpreisbremse kommt im ersten Halbjahr 2014"

Berlin · Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht Umweltministerin Barbara Hendricks über die Zukunft des Solidaritätszuschlages, den Start der Mietpreisbremse und die Suche nach einem Atommüllendlager.

Barbara Hendricks - Die Umweltministerin im Porträt
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Das ist Barbara Hendricks

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Foto: dpa, Kay Nietfeld

Frau Hendricks, was haben Sie eigentlich mit Umweltpolitik zu tun?

Hendricks Mehr als Sie denken. Ich war in meinem früheren Berufsleben Referatsleiterin im Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen und ich habe mich in meinem Wahlkreis immer auch um Naturschutzfragen oder Hochwasserschutz gekümmert. Der scheinbare Widerspruch zwischen Naturschutz und Landwirtschaft war immer wieder Thema, da gibt es einige Berührungspunkte.

Die Reaktionen in den Medien waren eher: Die Kriterien für ihre Beförderung sind NRW und Frau.

Hendricks Das ist zu kurz gedacht. Das betrübt mich aber nicht, auf den zweiten Blick wurde dann aber auch meine Regierungserfahrung gewürdigt. Außer Klaus Töpfer hatte sich noch nie ein Umweltminister vorher ausgiebig mit Umweltthemen befasst.

Die Energiewende liegt komplett bei Sigmar Gabriel. Sie sind bei den zentralen innenpolitischen Projekt außen vor.

Hendricks Der Klimaschutz liegt weiterhin im Umweltministerium. Und das Umweltministerium wird auch bei der Energiewende mitberatend tätig sein. Wir werden unsere Position deutlich machen, das ist doch klar.

Merkel und Gabriel kämpfen für stromintensive Industrien, Kohlekraftwerke sollen staatliche Hilfen bekommen. Wo bleibt da der Klimaschutz?

Hendricks Wir müssen das richtige Maß finden, damit energieintensive Unternehmen noch wettbewerbsfähig sind. Aber mit der geplanten Reform des EEG werden wir auch die Auswüchse bei den Freistellungen beseitigen müssen. Nicht alle Ausnahmetatbestände sind wirklich notwendig. Und was die Kohlekraftwerke betrifft: Wir haben keine Subventionen beschlossen, aber wir brauchen auf dem Weg zu den erneuerbaren Energien vorübergehend fossile Kraftwerke, damit die Energie sicher und bezahlbar bleibt.

Was sollen Ihre Schwerpunkte sein in den ersten 100 Tagen?

Hendricks Wir werden schon zu Beginn des neuen Jahres das Thema Endlagersuchgesetz vorantreiben und Gespräche für die Besetzung der Endlager-Kommission führen. Das im Gesetz beschlossene neue Bundesamt für kerntechnische Entsorgung muss auf den Weg gebracht werden.

2015 müssen sie 26 Castor-Transporte aus dem Ausland wieder in Deutschland aufnehmen. Wo?

Hendricks Wir müssen deswegen bis Mitte des Jahres 2014 eine Verständigung mit den Ländern erreichen, welche Zwischenlager für die Castoren genutzt werden. Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg hatten bereits Entgegenkommen für bestehende Lager an den Kernkraftwerken gezeigt. Ich denke, dass wir mit der neuen schwarz-grünen Regierung in Hessen nun auch eine Verständigung erreichen, dass dort auch Castoren zwischengelagert werden.

Ist es für Sie wirklich offen, wo irgendwann das Atommüll-Endlager steht?

Hendricks Ja, das ist so. Wir beginnen jetzt nach streng wissenschaftlichen Kriterien die Suche nach einem bestmöglichen Standort. Das wird sicher zehn Jahre dauern. Es ist nicht zu heilen, dass wir uns als Bundesrepublik vor 60 Jahren für die friedliche Nutzung der Kernenergie entschieden haben. Ich sage das auch als überzeugte Christin: Es war für mich immer gotteslästerlich, dass wir Menschen dachten, wir könnten etwas für Millionen Jahre garantieren.

Sie sind auch für Baupolitik und die Stadtentwicklung zuständig. Was haben Sie vor?

Hendricks Das ist eine sehr sinnvolle Kombination, denn etwa die energetische Gebäudesanierung hat viel mit Klimaschutz zu tun. Die Entwicklung der ländlichen Räume kann nicht ohne das Thema Naturschutz gesehen werden. Meine Aufgabe ist es, diese Bereiche zusammenzuführen und ganzheitliche Konzepte zu entwickeln. Auch das Thema soziale Stadt ist von enormer Bedeutung.

Gerade NRW dürfte auf Ihr Ministerium hoffen. Hier gibt es im Zuge des Strukturwandels eine große Kluft zwischen reichen und armen Städten, aber auch zwischen den einzelnen Stadtteilen. Stichwort: Ghettoisierung. Was können Sie tun?

Hendricks Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, mehr Geld für die Stadterneuerung zur Verfügung stellen, davon wird auch NRW profitieren. Wir müssen stärker die Bürger daran beteiligen, wie und in welchem Umfeld sie leben wollen. Dazu gehört auch das Programm soziale Stadt, das wir aufstocken werden. Es darf nicht sein, dass sich Menschen abgehängt vorkommen. Konkret lässt sich dem etwa mit einem funktionierenden Quartiersmanagement begegnen, in dem die Bewohner vor Ort sich für eine bessere Umgebung einsetzen. Diese Projekte muss der Bund inhaltlich und finanziell unterstützen.

Brauchen wir deswegen auch eine Umwidmung des Soli?

Hendricks Der Soli läuft 2019 aus, aber wir haben uns darauf verständigt, dass wir die Hilfen nicht ersatzlos streichen wollen. Der Soli muss künftig nach Bedürftigkeit der Städte und Regionen und nicht nach Himmelsrichtung eingesetzt werden.

Wann kommt die Mietpreisbremse?

Hendricks Im ersten Halbjahr 2014 sollte die Mietpreisbremse gesetzlich beschlossen werden. Die Mietsteigerungen sind in angespannten Regionen und Städten für viele Menschen kaum noch bezahlbar, da muss die Politik rasch handeln. Und wir haben die Mietpreisbremse ja im Koalitionsvertrag vereinbart.

Michael Bröcker führte das Gespräch.

(brö)
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