Infrastruktur Dobrindts "Brücken-Milliarde" reicht nur für 78 Projekte

Berlin · Mit der Sondermilliarde des Bundesverkehrsministeriums werden 78 besonders verfallene Brücken erneuert. Das geht aus einer Aufstellung des Ressorts hervor, die unserer Redaktion, der Nachrichtenagentur dpa und der "Welt am Sonntag" vorliegt.

Experten schätzen allerdings, das bundesweit fast 6000 der insgesamt 39.000 Brücken marode sind. Von den Grünen kam heftige Kritik. Das teuerste unter den 78 ausgewählten Projekten auf der Liste des Ministeriums ist der Neubau der 1,2 Kilometer langen Rheinbrücke Wiesbaden-Schierstein. Dafür wurden rund 225 Millionen Euro veranschlagt. Auf Platz zwei steht der knapp 115 Millionen teure Neubau der Lennetalbrücke auf der A45 nördlich des Autobahnkreuzes Hagen.

Zu den 54 neuen Projekten, die bereits abgeschlossen sind oder bis 2015 fertig werden sollen, kommen 24 weitere Maßnahmen, die bereits laufen und bei denen noch Rechnungen offen sind. Die Aufstellung des Ministeriums berücksichtigt nur Projekte mit Kosten von mehr als fünf Millionen Euro.

Laut Liste sind 49 der insgesamt 78 als sanierungsbedürftig ausgewählten Brücken so marode, dass sie abgerissen und komplett neu gebaut werden müssen. Die restlichen Brücken werden entweder wiederhergestellt oder so verstärkt, dass sich ihre Tragfähigkeit erhöht.

"Damit habe ich klare Prioritäten gesetzt", sagte der wegen seiner Pkw-Maut-Pläne umstrittene Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) der "Welt am Sonntag". Die Modernisierung der Brücken sei eine Aufgabe, die weit über die Legislaturperiode hinausgehe. Ziel des Brücken-Sonderprogramms ist laut Dobrindt, "die Leistungsfähigkeit des deutschen Verkehrsnetzes zu erhalten".

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Sören Bartol, sagte unserer Redaktion: "Erhalt geht vor Neu- und Ausbau." Sein Ziel sei, "dass in Zukunft Unternehmen ihre Waren nicht mehr aufgrund von bröckelnden Brücken im Zickzack durch Deutschland fahren müssen".

Dobrindt versuche mit "Show-Programmen" den falschen Eindruck zu erwecken, er kümmere sich um den Erhalt der Brücken, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer. Er sagte: "Die Infrastruktur bröselt uns weiter unterm Hintern weg, ohne dass die Bundesregierung etwas unternimmt." Anstatt über die Pkw-Maut zu streiten wäre es sinnvoller, die Lkw-Maut auf alle Straßen und alle Lastwagen auszuweiten. Denn auf diese schweren Fahrzeuge gingen schließlich 90 Prozent der Schäden zurück.

Aus der Not geboren sind die Maßnahmen zur "Adhoc-Instandsetzung" von zwei Brücken in Nordrhein-Westfalen. Bei der Rheinbrücke Leverkusen (A1), die schon mehrfach für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gesperrt werden musst, geht es um das "Wiederherstellen und Aufrechterhalten der Tragfähigkeit für den genehmigungsfeien Verkehr, bis der Ersatzneubau fertiggestellt ist" - Kostenpunkt: 17 Millionen Euro. Auch die Rheinbrücke Duisburg-Neuenkamp (A40) soll für 14 Millionen Euro repariert werden, damit der Verkehr zumindest so lange fließen kann, bis der Neubau fertig ist.

Besonders viele neue Projekte unterstützt der Bund in Hessen (15), Nordrhein-Westfalen (11) und Bayern (10). Im Bundeshaushalt sind für Brückensanierungen zwischen 2015 und 2017 zusätzlich 1,06 Milliarden Euro vorgesehen - 400 Millionen Euro mehr als ursprünglich festgeschrieben. Das Geld ist Teil der zusätzlichen fünf Milliarden Euro, die die schwarz-rote Koalition für Investitionen in die Verkehrswege versprochen hatte.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort