95,3 Prozent für Seehofer als CSU-Chef Triumph für neuen Bayern-König Horst I.

München · München Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat bei der Wiederwahl als CSU-Chef ein Traumergebnis erzielt. Mit 95,3 Prozent honorierten die gut 700 Parteitagsdelegierten seinen Erfolg bei der Mission "Wiedergeburt der CSU als Volkspartei mit absoluter Mehrheit".

95,3 Prozent für Seehofer als CSU-Chef: Triumph für neuen Bayern-König Horst I.
Foto: dpa, Tobias Hase

"Horst im Glück" - diese Überschrift muss Seehofer tief getroffen haben. Immer wieder kommt er eingangs seiner einstündigen Parteitagsrede darauf zu sprechen. Offenbar kränkt ihn der verbreitete Eindruck, als seien ihm die Erfolge wie von selbst in den Schoß gefallen. Intensiv erinnert er an die desolate Situation der Partei, als sie ihn 2008 als Retter "aus den Sphären der Bundespolitik" in die eigentliche "Herzkammer" nach München rief.

Aus dem Retter ist längst ein Held geworden, ja mehr noch: im Grunde der König einer modernen Wahlmonarchie. Die zeichnet sich dadurch aus, dass es sich formal natürlich um eine funktionierende innerparteiliche Demokratie handelt, dass faktisch aber niemand den Alleinentscheidungsanspruch von König Horst I. in Frage zu stellen wagt.

So wird nicht gemeinsam überlegt, wie viele Ministerposten die CSU mit wem in der neuen Bundesregierung beanspruchen könnte. Gebannt hängt die CSU an den Lippen Seehofers, wenn er wieder drei CSU-Ministerien haben will, ausdrücklich auch das von Ilse Aigner durch ihren Wechsel nach Bayern frei gemachte Landwirtschaftsressort. Genau so verhält es sich, wenn Hans-Peter Friedrich, der geschäftsführende Innenminister, vom König eine "Garantie" bekommt, wenn der zuletzt arg kritisierte geschäftsführende Verkehrsminister Peter Ramsauer nun mit dankenden und lobenden Erwähnungen rehabilitiert wird, wenn auch Generalsekretär Alexander Dobrindt als Architekt und Macher der Wahlerfolge minutenlang gefeiert und von Seehofer im Vorübergehen auch schon als Bundesminister annonciert wird.

Wer wird namentlich erwähnt — und wer nicht?

Dazu passt das Scharwenzeln in des Königs Nähe. Aufmerksamst verfolgt das Parteivolk, wen Seehofer mit auf die Bühne bittet, mit wem er sich wie lange unterhält und welche Miene er dabei macht. Nicht zuletzt: wer in seiner Rede wie erwähnt wird, und wer nicht. "Markus" (Söder) kommt vor mit seiner wichtigen Rolle für die "Heimat". Ilse (Aigner) dieses Mal nicht. Das Rennen um seine Nachfolge will König Horst also spannend halten, der gefühlte Sympathie-Vorsprung für die neue Wirtschaftsministerin Aigner wird so nivelliert. Ohnehin nimmt Seehofer bei diesem Parteitag die nächsten CSU-Jubiläumsdaten selbst in den Blick. Die sind 2018 - mit Seehofer soll also noch lange gerechnet werden.

Doch Seehofer versteht sich trotz absoluter Mehrheit nicht als absoluter Herrscher. Er lässt keinen Zweifel an seinem Respekt vor zweien, die mächtiger sind als er. Wenn er König ist, dann ist die Kanzlerin die Kaiserin. Und was die sagt, das gilt. Vor allem wenn sie CSU-Positionen bestätigt. So fordert er Herbert Reul, den Chef der Unions-Europa-Abgeordneten, ausdrücklich auf, die Zusage von Angela Merkel zur Maut seiner NRW-CDU nahe zu bringen, da nun "jeder Widerstand gegen die Maut hinfällig" geworden sei.

Erst Recht will König Horst nicht daran rütteln, dass der Wähler der eigentliche Souverän ist und bleibt. Schon nach der Wahl hat er verkündet, nach dem Ende der Koalition mit der FDP nun eine "Koalition mit der Bevölkerung" bilden zu wollen. So sieht er die eigentliche Aufgabe nicht darin, irgendeine Form von "Herrschaft" auszuüben, sondern einen "Dienst an der Bevölkerung" zu leisten. Da geht der Bayern-König Horst I. konsequent weiter als der legendäre Preußen-König Friedrich II., der "erster Diener des Staates" sein wollte.

"Erfolg ist, wo Einigkeit ist"

Jedenfalls relativiert das den Machtanspruch der Partei. Unkommentiert bleibt Seehofers Vorschlag, nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD keinen neuen Parteitag zur Bestätigung zu benötigen, so lange das Ergebnis im wesentlichen im Rahmen des CSU-Wahlprogrammes bleibt - und die Interpretation dessen dem Vorstand und der Landesgruppe zu überlassen. Keine Abstimmung, die Zustimmung ist offensichtlich in der vierminütigen Akklamation für Seehofer enthalten. Zu dessen Entgegennahme steigt der Chef von der Bühne und dann aus den Delegiertenreihen heraus wieder auf einen Stuhl. Soll wohl sagen: Ich bin Erster unter Gleichen.

"Zerreissen" wolle er sich für eine "goldene Zukunft" der CSU. Der zentrale Satz dafür lautet: "Erfolg ist, wo Einigkeit ist." Sicherheitshalber wiederholt König Horst ihn, damit auch jeder versteht, worauf es ihm ankommt. Denn er bezieht dies nicht nur auf die Bandbreite und die Fliehkräfte in der Partei. Ganz entscheidend sei die Identität zwischen den Menschen und der CSU. Die sei "nie so groß" gewesen wie heute, stellt Seehofer fest: "Es ist wieder zusammen gewachsen, was zusammen gehört." Damit greift er das Wort Willy Brandts zur Wiedervereinigung Deutschlands auf. Eine ziemlich gewaltige Metapher also, die die Ansprüche Seehofers erkennen lässt. Die daraus folgende Werbebotschaft verknappt er auf "Bayern. Das Land. Bayern. Die Zukunft. Bayern. CSU."

Seehofer legt sich fest: Die Maut kommt

Auch die daraus folgende Aufgabe für die "extrem schwierige" Schlussphase der Koalitionsverhandlungen mit "einigen harten Nächten" konzentriert Seehofer auf wenige Skizzen. Der Mindestlohn werde kommen, aber durch Ausnahmeregelungen müsse erreicht werden, dass "möglichst keine Arbeitsplätze gefährdet" werden. Die Maut werde ebenfalls kommen, genauso wie die Mütterrente. Und ein Nein gibt es zu Steuererhöhungen, Schulden und Abstrichen am Betreuungsgeld ("keinen einzigen Euro").

Personell will Seehofer die Einbindung der Flügel auch mit Blick auf euro-kritische neue Konkurrenz verstärken. So schlägt er als Nachfolger der Europa-Ministerin Beate Merk den Euro-Skeptiker Peter Gauweiler vor. Die Partei folgt ihm ohne Murren. Als neuer CSU-Vize bekommt Gauweiler 79,1 Prozent. Die anderen Stellvertreter sind auch mehr als zufrieden: 86,4 Prozent für Peter Ramsauer, 88,8 für Christian Schmidt und 89,0 für Barbara Stamm.

Zugleich markieren die Delegierten eine noch klarere Botschaft: Nach 90,3 Prozent bei der ersten Wahl, 88,1 bei der zweiten, 89,9 bei der dritten lautet die Antwort der Basis auf Seehofers Bitte um ein "verantwortungsvolles und ehrliches" Ergebnis, wie es Angela Merkel beim Bier am Vorabend formulierte: 95,3 Prozent. Eine Partei ist mit sich und ihrem Chef im Reinen.

Der als Euro-Skeptiker geltende Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler ist derweil neuer stellvertretender CSU-Chef. Auf dem Parteitag der Christsozialen in München stimmten am Samstag lediglich 79,1 Prozent der Delegierten für Gauweiler, der sich ohne Gegenkandidaten um einen der vier Stellvertreterposten von Seehofer beworben hatte.

(may)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort