Haushaltsentscheidung in der Nacht Athen will 9,4 Milliarden Euro sparen

Athen/Berlin · In der Nacht zu Montag ist im Athener Parlament die Entscheidung über den griechischen Haushalt gefallen. Wieder gibt es massive Kürzungen von Renten und Gehältern. Aus Protest gegen immer weitere Sparmaßnahmen hatten sich am Sonntagabend rund 15.000 Griechen vor dem Parlament versammelt.

 Besorgte Gesichter bei Antonis Samaras (rechts) und Finanzminister Yiannis Stournaras während der Abstimmung über den griechischen Haushalt 2013.

Besorgte Gesichter bei Antonis Samaras (rechts) und Finanzminister Yiannis Stournaras während der Abstimmung über den griechischen Haushalt 2013.

Foto: afp, LOUISA GOULIAMAKI

Ungeachtet zahlreicher Proteste hat das griechische Parlament in der Nacht zum Montag dem Haushalt für das Jahr 2013 nach langer Debatte zugestimmt. Er sieht Einsparungen von 9,4 Milliarden Euro vor, wobei allein 7,6 Milliarden durch Gehalts- und Rentenkürzungen erzielt werden sollen.

Die Euro-Finanzminister beraten am Nachmittag in Brüssel über Griechenland und die nächste Kredittranche von 31,5 Milliarden Euro.

Für den Budgetentwurf stimmten 167 der 299 anwesenden von insgesamt 300 Abgeordneten. Die Dreierkoalition von Ministerpräsident Antonis Samaras (ND) aus konservativer Nea Dimokratia (ND), Panhellenischer Sozialistischer Bewegung (Pasok) und Demokratischer Linken (Dimar) verfügt rechnerisch über eine Mehrheit von 168 Stimmen. 128 Abgeordnete der Opposition stimmten gegen den Entwurf, vier enthielten sich.

Der Haushaltsentwurf rechnet damit, dass die griechische Wirtschaft im kommenden Jahr um 4,5 Prozent schrumpft - nach 6,5 Prozent im laufenden Jahr - und die Staatsverschuldung voraussichtlich von 340 auf 346 Milliarden Euro steigt. Das sind 189 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, weit mehr als die Zielmarke von 120 Prozent für 2020.

Das Parlament hatte erst in der Nacht zum Donnerstag mit einer knappen Mehrheit von 153 Stimmen ein Kürzungspaket im Umfang von 18,5 Milliarden Euro bis 2016 verabschiedet. Es sieht neben Massenentlassungen und Steuererhöhungen vor allem neue Kürzungen bei Renten und Gehältern sowie im Gesundheits- und Sozialwesen, außerdem Streichungen von Kinder- und Weihnachtsgeld vor.

Warten auf neue Kredittranche

Die Zustimmung des Parlaments zu diesen Kürzungsmaßnahmen und zum Sparhaushalt für das kommende Jahr gilt als wichtige Voraussetzung für die Auszahlung einer neuen Kredittranche der internationalen Geldgeber in Höhe von 31,5 Milliarden Euro an das hochverschuldete und von der Pleite bedrohte Griechenland.

Der griechische Finanzminister Yiannis Stournaras sagte während der Parlamentsdebatte, mit der Verabschiedung des Haushalts werde der Weg frei für die nächste Kredittranche der internationalen Geber. Er verwies darauf, dass Griechenland bis Freitag kurzfristige Anleihen im Wert von fünf Milliarden Euro tilgen müsse.

Doch beim Treffen der Euro-Finanzminister ist nicht mit der Freigabe der Tranche an das hochverschuldete und von der Pleite bedrohte Griechenland zu rechnen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Wochenende erklärt, die Gläubiger-Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds müsse den griechischen Haushalt und die jüngsten Sparbeschlüsse erst noch bewerten. Außerdem müsse über "bessere Kontrollmechanismen" verhandelt werden, "beispielsweise ein Sperrkonto". Schäuble dämpfte die Hoffnungen auf schnelle Hilfe.

Tausende Demonstrieren vor Parlament

Samaras sagte nach der Abstimmung im Parlament, der "zweite entscheidende Schritt" sei getan, jetzt komme die "Stunde von Wachstum und Aufschwung". Oppositionsführer Alexis Tsipras von der Linksallianz Syriza übte vor den Abgeordneten Kritik an den Sparvorgaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Er verwies auf den europaweiten Aktions- und Streiktag, mit dem am Mittwoch gegen die Austeritätspolitik protestiert werden soll.

Vor der Parlamentsabstimmung demonstrierten in Athen nach Polizeiangaben 15.000 Menschen vor dem Parlament gegen die neuen Kürzungsmaßnahmen. Zu den Protesten hatten Gewerkschaften und linke Parteien aufgerufen. Auch in anderen griechischen Städten gab es Demonstrationen und Kundgebungen.

Die Demonstranten auf dem Syntagma-Platz trugen Transparente mit Aufschriften wie "IWF raus". Einer am Sonntag in der Zeitung "To Vima" veröffentlichten Umfragen zufolge sind 66 Prozent der Befragten gegen die neuen Sparmaßnahmen. 52 Prozent sind der Ansicht, dass die Regierung mehr Zeit für die Bewältigung der Wirtschaftskrise erhalten sollte. 86 Prozent erklärten, sie seien nach vier Jahren Rezession in finanziellen Schwierigkeiten.

Gauck für Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone

Bundesbankpräsident Jens Weidmann betonte gegenüber unserer Redaktion, weitere Hilfe für Griechenland mache nur Sinn, wenn das Land selbst genug tue. Er sehe sehr wohl, wie hart die Maßnahmen für die Betroffenen seien, sagte Weidmann. "Aber Griechenland kommt um weitgehende Einschnitte nicht herum und ohne die umfangreichen Hilfen gingen die Einschnitte noch viel tiefer." Einen Schuldenerlass der öffentlichen Hand für die Griechen lehnte er ab.

Bundespräsident Joachim Gauck sprach sich am Wochenende klar dafür aus, dass Griechenland im Euro-Verbund bleibt. "Es wäre ganz und gar falsch, wenn Griechenland ausscheiden würde", sagte er der "Welt am Sonntag". Es sei vollkommen richtig, dass die Bundesregierung auf einen Verbleib Athens in der Eurozone dringe. Behauptungen, die weitere Unterstützung Griechenlands sei für Deutschland zu teuer, wies der Präsident zurück. "Nein, wir ruinieren uns überhaupt nicht. Jedenfalls nicht, wenn wir Griechenland im Euro halten", sagte er.

(AFP/APD)
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