Kairo Putins Gastgeschenk: Eine Kalaschnikow

Kairo · Ägypten will sich vom Westen abwenden und sucht neue Verbündete. Deshalb wird der russische Präsident in Kairo wie ein Zar empfangen. Erinnerungen an Nasser werden wach, der mit dem Westen brach und sich der UdSSR zuwandte.

Wladimir Putin: Gastgeschenk für Ägypten ist eine Kalaschnikow
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Putin, Putin, überall Putin: Ägypten huldigt dem Mann aus Moskau. Wie ein Zar wurde der russische Präsident empfangen, als er am Montagabend zu einem zweitägigen Staatsbesuch am Nil eintraf: Sondersendungen im ägyptischen Staatsfernsehen, ganzseitige Lobesartikel in den Tageszeitungen. Russische Fähnchen säumten die Straßen vom Flughafen in die Innenstadt von Kairo. Dort schmückten große Banner mit einem lächelnden Wladimir Putin die Kasr-el-Nil-Brücke, die zur Oper führt, wohin Ägyptens Staatschef Abdul Fattah al Sisi seinen Gast eingeladen hatte. Gespielt wurde natürlich Tschaikowski. "Herzlich willkommen in Ägypten, Herr Präsident", stand überall auf Arabisch, Englisch und Russisch geschrieben.

Das Hofieren des ranghöchsten Besuches seit dem Amtsantritt al-Sisis vor sieben Monaten nahm zeitweise groteske Züge an. Zar Wladimir schien es zu genießen. Selten hat man den russischen Staatschef so viel lächeln sehen wie bei seinem Auftritt am Nil. Bei seinem zweitägigen Kairo-Besuch überreichte Putin seinem Amtskollegen al Sisi ein symbolhaftes Geschenk: ein Kalaschnikow-Schnellfeuergewehr.

Russland stehe bereit, Ägypten zu helfen, sagte Putin vor ständig laufenden Kameras. Seit 1943 habe man eine verantwortungsvolle Zusammenarbeit. "Es war die Sowjetunion, die wichtige Infrastrukturmaßnahmen in Ägypten möglich machte - den Bau des Assuan-Staudamms, Stahl- und Aluminiumwerke." Auf die Entwicklungen der letzten Jahre angesprochen, habe er stets den Willen der Ägypter respektiert, die die neue Verfassung mit großer Zustimmung angenommen und ihren Staatschef mit überzeugender Mehrheit gewählt hätten.

Trotz der schwierigen Situation, in der Ägypten sich befinde, habe sich das Handelsvolumen beider Länder beständig vergrößert. Russische Touristen seien jetzt die Nummer eins am Nil.

Als Bonbon kündigte Putin noch an, man könnte künftig den bilateralen Handel auf der Basis beider inländischer Währungen, Rubel und Pfund, abwickeln und nicht wie bisher mit US-Dollar. Putin ließ keine Gelegenheit aus, den Gastgebern entgegenzukommen.

So viel Wohlwollen hörten die Ägypter selten in letzter Zeit. Seit Beginn der Revolution, die jetzt alle nur noch Rebellion nennen, befindet sich die Wirtschaft in einer tiefen Krise, die Währung ist in ständigem Verfall und hat bereits ein Drittel ihres Wertes eingebüßt. Ausländische Devisen sind Mangelware und werden zuweilen nur noch auf dem Schwarzmarkt gehandelt.

Da kommt die Offerte Putins mehr als gelegen. Auch die Anerkennung Sisis als legitimen Staatschefs war Musik in den Ohren der Regierenden in Kairo, die sich ansonsten heftige Kritik an ihrem Vorgehen nach dem Sturz des ersten frei gewählten Präsidenten, des Islamisten Mohammed Mursi, gefallen lassen müssen. Das Verhältnis zu den westlichen Ländern gilt deshalb als so schlecht wie noch nie, da diese die Legitimität der ägyptischen Führung infrage stellen. Auch zu den Golfstaaten findet al Sisi nicht den richtigen Draht. Seitdem in der vergangenen Woche eine Abordnung der im Exil lebenden Muslimbrüder, aus deren Reihen Mursi hervorging, in Washington empfangen wurde, ist die Stimmung gegenüber den USA auf einem Tiefstand.

Diese Situation nützt Putin aus. Eine Neuauflage des Kalten Krieges am Nil bereitet sich vor: Als Ägyptens damaliger Staatschef Gamal Abdel Nasser sich mit Briten und Franzosen über die Verstaatlichung des Suez-Kanals überwarf, sprang die Sowjetunion ein. Sie erkannte die Chance, ihren Einfluss auf die arabische Welt und Afrika auszudehnen.

Von Moskau bekam Ägypten Waffen. Russische Militärexperten kamen ins Land, ägyptische Offiziere durften zur Ausbildung in die UdSSR. Als die USA die Finanzhilfe für das große Staudammprojekt bei Assuan einstellten, reagierte auch hier Moskau. Russische Gelder, russische Baumaschinen und ein Heer von russischen Ingenieuren und Facharbeitern halfen, den Hochdamm fertigzustellen.

Al Sisis Großprojekt heute ist der Bau eines zweiten Suez-Kanals, für dessen Finanzierung er zwar Volksaktien ausgab, deren Erlöse aber bei Weitem nicht die Kosten des gigantischen Projektes decken. Die ägyptische Tageszeitung "Al Shorouk" hat die Brisanz der Lage erkannt und meint in einem Kommentar, dass Russland sehr wohl wisse, dass Ägypten die Beziehungen zu Moskau nutzen könnte, um Washington zu provozieren.

(RP)
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