Spa Rosberg schlitzt Hamilton den Reifen auf

Spa · Statt eines Doppelsieges gibt es Ärger im Mercedes-Team. Red-Bull-Pilot Ricciardo nutzt die Gunst der Stunde und siegt in Spa.

Großer Preis von Belgien: Nico Rosberg schlitzt Reifen von Lewis Hamilton auf
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Rosberg schlitzt Reifen von Hamilton bei Überholmanöver auf

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18 Punkte hatte Nico Rosberg seinem größten Rivalen Lewis Hamilton abgenommen und den Vorsprung im Kampf um den Fahrer-Titel in der Formel-1-WM auf 29 Zähler ausgebaut. Doch wie ein Gewinner fühlte er sich nicht. Zufriedenheit und Freude? Fehlanzeige! Auch die Körperhaltung ließ nicht erkennen, dass hier ein Rennfahrer ist, der dem größten Triumph im Motorsport wieder ein Stück nähergekommen ist. Und das hatte nichts damit zu tun, dass er im überlegenen Mercedes beim Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps hinter Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo "nur" Zweiter geworden war.

Mit einem Doppelsieg für die Silberpfeile war gerechnet worden. Das Qualifying am Samstag hatte Rosberg bei Regen und teilweise Hagel vor Hamilton gewonnen. Es war einmal mehr eine Demonstration der Stärke in dieser Saison. Am Ende aber blieben Platz zwei, eine Nullnummer und sehr viel Frust, weil ein Mercedes-Fahrer das Rennen von beiden ruinierte.

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Als Rosberg in der Anfangsphase der zweiten Runde seinen Rivalen im Kampf um die Führung attackierte, zerstörte er den eigenen rechten Frontflügel und den linken Hinterreifen des Engländers. Der musste gut fünf Kilometer auf drei intakten Rädern zurück an die Box schleichen. Danach hatte er in einem Auto, dessen Fahrbarkeit massiv beeinträchtigt war, keine Chance und bald auch keine Lust mehr. In der 40. von 44 Runden durfte der 29-Jährige sein Auto endlich abstellen. "Es ist nicht einfach herunterzuschlucken", sagte der Champion von 2008 angesichts des Rückschlags im Titelkampf.

Als Rosberg zur Siegerehrung erschien, gab es Pfiffe und Buh-Rufe. Und als der WM-Spitzenreiter anschließend vom alten Formel-1-Haudegen Eddie Jordan interviewt wurde, nahmen die Intensität der Unmutsbekundungen noch zu. Viele Fürsprecher hatte Rosberg nicht- auch nicht im Mercedes-Team. Vier Wochen zuvor in Budapest hatten die Spannungen einen neuen Höchststand erreicht. Hamilton ignorierte die Aufforderung, Rosberg vorbeizulassen. Ob dies ein Zeichen der Entschlossenheit oder eine unbedachte, überflüssige Aktion war - Rosbergs Aktion in Spa hat den Druck im Team kräftig erhöht.

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Foto: Universal Pictures

"Das ist inakzeptabel und Nicos Schuld. Lewis ist vorn, und Nico fährt ihm hinten rein", kritisierte Niki Lauda, Aufsichtsratschef des Rennstalls. Vor allem der frühe Zeitpunkt der Attacke ärgerte den Ex-Weltmeister. Teamchef Toto Wolff drückte sich diplomatischer, aber genauso deutlich aus. "Das lässt uns dämlich aussehen. Es liegt an uns, die Botschaft so deutlich rüberzubringen, dass so etwas nicht noch einmal passiert", betonte der Teamchef. "Es ist ein Rennunfall, aber es war schlecht fürs Team. Aber wir haben eine starke Führung, die wird die Entscheidungen treffen", sagte Rosberg, der Buhmann.

Gut eine Stunde nach dem Rennen trafen sich alle Beteiligten zum Krisengipfel im Mercedes-Motorhome. Das war auch am Donnerstag schon so. Dabei wurden einmal mehr Regeln für das Verhalten im Rennen festgeklopft. Die "Affäre Budapest" hatte Wolff auf die Kappe der Teamleitung genommen, weil die Ansagen nicht mit Nachdruck erfolgten und die Situation wohl falsch eingeschätzt worden war. "Es war vielleicht nicht das letzte Mal, dass es eine Kontroverse zwischen den beiden gegeben hat. Auch nicht das letzte Mal, dass wir etwas lernen müssen. Es bleibt spannend", betonte Wolff. Dass es so schnell sein würde, hatte er nicht erwartet.

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Zwei WM-Anwärter im selben Team, das hat auf Dauer noch nie funktioniert. Mercedes hat zwei Nummer-eins-Fahrer eingestellt, um den größtmöglichen Erfolg zu haben. Für politische Spielchen und zwei gegnerische Mannschaften in der Box sei kein Platz, unterstrich Wolff. "Politische Fahrer haben hier nichts verloren. Sie müssen nur einen schweren rechten Gasfuß und etwas im Hirn haben. Und das haben Nico und Lewis", sagte der Teamchef - vor dem Rennen.

Die Konkurrenten nahmen das Geschenk der Silberpfeile dankend an. Daniel Ricciardo feierte seinen zweiten Sieg in Folge (nun drei) und hat als WM-Dritter - sieben Rennen vor Saisonschluss - 64 Punkte Rückstand auf Rosberg. Der Australier stellte Teamkollege Sebastian Vettel (Fünfter) erneut in den Schatten. Der Weltmeister haderte mit einem "unberechenbaren" Auto. Williams-Fahrer Valtteri Bottas (Finnland) wurde Dritter. Nico Hülkenberg (Emmerich) profitierte von der Zeitstrafe für Kevin Magnussen und holte als Zehnter im Force-India einen WM-Punkt. Sauber-Pilot Adrian Sutil (Gräfelfing) wurde 14.

(RP)
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