Ex-DFB-Boss vor Gericht Theo Zwanziger gegen den Rest der Welt

Düsseldorf · Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger hat vor Gericht im "Krebsgeschwür"-Prozess gegen Katar einen Punktsieg errungen.

Zwanziger erscheint vor dem Düsseldorfer Landgericht
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Foto: Gianni Costa

Es geht an diesem Morgen in Raum 1.120 des Düsseldorfer Landgerichts um die Meinungsfreiheit. Das findet zumindest Theo Zwanziger. Er hat im Juni des vergangenen Jahres davon Gebrauch gemacht. Da hat er in einem Radiointerview gegen die Vergabe der Weltmeisterschaft gepoltert und gesagt, dass "Katar das Krebsgeschwür des Fußballs" sei. Die Qatar Football Association (QFA) klagte auf Unterlassung. Die sechste Kammer unter Vorsitz von Richter Joachim Matzhält die Formulierung Zwanzigers für "noch gerechtfertigt". Ein Urteil soll am 19. April gesprochen werden.

Zwanziger sitzt während der mündlichen Verhandlung die meiste Zeit mit verschränkten Armen da. Er grinst, blickt in das Publikum, wenn der Richter seine Sicht der Dinge stützt. Wenn nicht, blickt er grimmig drein, macht sich Notizen und stupst seinen Rechtsanwalt an, wenn er etwas korrigieren will.

Er ist 70 Jahre alt und lebt von der Vergangenheit. Er war einmal einer der mächtigsten Funktionäre. Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Mitglied in der Exekutive des Weltverbands Fifa. Am liebsten, sagt er, will er einfach seine Ruhe haben. "Aber sehen Sie, ich kann das einfach so nicht stehen lassen", sagt er aber auch. Das ist sein Dilemma. In der Zwanziger-Welt lässt man nichts stehen. Und so ist der ehemalige Richter am Verwaltungsgericht Koblenz in allerlei Auseinandersetzungen verwickelt. Im April steht er wegen einer anderen Unterlassungserklärung in Köln mit Günter Netzer vor Gericht. Der will sich die Behauptung nicht gefallen lassen, er habe gesagt, dass der DFB die Stimmen für die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland von vier Asiaten gekauft habe. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wiederum gegen Zwanziger in einem Steuerverfahren, das im Zusammenhang mit der Affäre um die Vergabe der WM 2006 steht. Nun will Zwanziger auch noch die ARD verklagen, weil die behauptet hat, er habe den Aufsichtsrat des Organisationskomitees der WM 2006 getäuscht. "Sie glauben doch nicht, dass ich mir gefallen lasse, dass vor sechs Millionen Zuschauern behauptet wird, ich hätte den Aufsichtsrat des WM-OK 2006 getäuscht?" Eine weitere Baustelle. Es geht immer weiter. "Das ist alles noch überschaubar", glaubt sein Anwalt Hans-Jörg Metz, ein langjähriger Vertrauter von Zwanziger aus dessen Heimatregion Diez.

In Düsseldorf, das wird schnell klar, geht es eigentlich um noch viel mehr als die Frage, ob und was man so alles unter dem Schutz der Meinungsfreiheit sagen darf. Es geht um das "Warum". Peter Gauweiler, der frühere CSU-Politiker, vertritt die Kataris. "Man muss doch die persönliche Motivation von Herrn Zwanziger sehen", sagt er. "Es ist so, als sagt jemand zur Ablenkung ,haltet den Dieb‘, ist aber selbst in die Sache verwickelt."

Zwanziger, erklärt Gauweiler, habe schließlich schon vor seinen Vorwürfen gegen Katar gewusst haben müssen, dass beim Sommermärchen 2006 kräftig geschoben worden sein muss. Wortmeldung Zwanziger. "Herr Vorsitzender, ich kann das so einfach nicht stehen lassen." Der Richter guckt fast väterlich auf Zwanziger und sagt: "Hier ist nicht der Ort für eine politische Debatte." Es ist sein zaghafter Versuch, Zwanziger vor sich selbst zu schützen bei dem öffentlichen Prozess. Nicht dem Verlangen zu erliegen, alles und jedes richtigzustellen, um es am Ende noch konfuser erscheinen zu lassen. Die Botschaft kommt erwartungsgemäß nicht an. Und so liefert sich Zwanziger mit dem gewieften Gauweiler einen Schlagabtausch im Finale: "Das entspricht nicht ihrem Niveau, Herr Gauweiler." Wenn das Gericht im April ein Urteil spricht, dann wird Zwanziger vermutlich einen Punktsieg verbuchen können. Gleichwohl hat Gauweiler durchblicken lassen, seine Mandant sei bereit, bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Es sieht so aus, als werde sich Zwanziger von dieser Aussicht nicht erschrecken lassen. Er genießt die Vorstellungen bei "Theo gegen den Rest der Welt".

(gic)
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